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Unmöglich
prosa [ ]

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von [FcPoliFan ]

2004-01-10  |     | 




Es war einige Minuten nach Mitternacht, als ich plötzlich aufgestanden war. Das Fenster war offen und ins Zimmer drang der eiskalte Atem des Winters. Langsam stand ich auf und stolperte durch die Dunkelheit bis zum Fenster. In einem Blick brachte ich alle Bäume mit weißen Kronen zusammen, die draußen auf mich in Stille warteten. Das Leben in der Stadt war nicht leicht, in den Jahren. Man musste sehr acht geben auf seine Bäume, denn wann immer konnte eine fürchterliche Krankheit sie angreifen und wenn sie einmal krank waren, da gab es keinen Rückweg mehr. Die Kosten waren dann so hoch gewesen…
Ich ging den Flur entlang bis zur Küche, um mir ein Glas Milch zu holen. Milch am Abend ist so wie Cola am Tag: es macht nichts aus. Als ich zurück ins Bett gehen wollte, merkte ich, dass das Licht im Zimmer meines Sohnes, Johann, angeschaltet war. Indem ich so wenig Lärm wie möglich machte, näherte ich mich der alten, schmutzigen Tür. Ich würde sie bald eines Tages wechseln müssen, aber dafür war ja noch genügend Zeit, denn sie schien sich ziemlich gut zu halten. Mit einem kurzen Stoß, öffnete ich die Tür. Im anderen Ende des Zimmers stand das Kind und schaute hinaus durchs Fenster. Auf seinem kleinen Tisch lagen einige Hefte und Bucher, weit geöffnet, als ob sie auf ein Opfer warteten. Ein Klavier ruhte in einer vergessenen Ecke. Johann spürte mich nicht, bis in dem Moment als ich gerade neben ihm stand. Seine Augen waren feucht und sein Gesicht war ziemlich bleich. Er hatte bis dann gelernt, doch jetzt ruhte er sich aus. Das Weiße beruhigte ihn.
“Wieso bist du noch auf? Habe ich dir nicht genügend Male gesagt, du sollst nicht mehr so spät ins Bett gehen? Auch wenn du lernst, hilft dir das nicht viel, denn du bist müde Tag für Tag.”
Er lächelte süß und antwortete: “Tja, es scheint so als ob ich mein Leben lernend verschlafe.”
Traurig wendete er seinen Blick zu mir. Seine Augen waren jetzt so groß wie zwei goldene Münzen der Azteken. “Es muss nicht so sein, versuchte ich ihm zu erklären. Du musst nur deinen Stundenplan ändern. Ein bisschen weniger Lust würde bedeuten, dass du mehr Zeit hättest um dich auszuruhen” Das waren die Wörter eines echten Vaters. Ich schämte mich für eine solche Panne an Originalität und Affektivität. Als brillianter Informatiker verliert man doch noch einen Teil seiner Phantesie. Letzendlich wird alles nur Ziffern und Zeichen, mit der Zeit. Ach, und natürlich Befehle.
“Vielleicht ist es unmöglich mit meinem jetzigen Leben umzugehen…vielleicht kann ich es einfach nicht” flüsterte mein Junge leise vor sich hin, wobei er immer noch durchs Fenster schaute.
“Nichts ist unmöglich, sagte ich ihm mit einer selbstbewussten Stimme. Weißt du wie viele Male ich mir das gedacht habe, das ich nicht mehr weiter kann? Nicht einmal mit Hilfe all meiner Haare könnte ich sie aufzählen! Und trotzdem mache ich jetzt so viele unmögliche Dinge. Arbeite hart, tagsüber und manchmal auch nachtsüber, und so viele Menschen hängen davon ab, was ich mache. Du kannst immer mehr als du denkst du kannst, Johann! Lass dich nicht von diesen schwereren Augenblicken unterbringen! Denk dir nur, dass manchmal schlechte Momente da sind, damit wir die wirklichen wundervollen Tage erkennen können…”
Er drehte sich um und starrte zum Bett, als ob er jedoch abwesend gewesen wäre. “Ja, flüsterte er, du hast Recht. Ich lege mich jetzt hin und morgen wird alles besser sein. Gute Nacht, Papa.” Ich wollte rausgehen, doch er kam und packte mich an der Hand. Ich bückte mich und er küsste mich auf die Stirn, als ob nicht er das Kind wäre, sondern ich.
Die Nacht ruhte still. Ich setzte mich an meinem Schreibtisch und holte aus einem kleinen, düstren Schrank ein großes, verziertes Photoalbum. Die Seiten waren schon zusammengeklebt, so lange war es seitd ich es das letzte Mal rausgeholt hatte, um die farbigen Bilder anzuschauen. Alles begann mit einem großen Photo, in dem ich neben Jasmina stand, wobei sie den damals kleinen Johann in ihren Armen hielt. Ich empfand ein warmes und melancholisches Gefühl, welches mein Herz umspülte. Mit jeder Seite, mit jedem verborgenen Lächeln und jeder verborgenen Erinnerung sank ich in eine idyllischen Traumwelt. Sie war nicht so gewesen…aber da sie jetzt etwas unmögliches war, konnte sie meine Idylle sein. Die letzten Seiten lagen noch rein von der Unendlichkeit der Welt. Ich war nie mehr dazu gekommen andere Bilder hinein zu kleben. Ich…hatte das eigentlich auch nie gemacht.
Der Fernseher beleuchtete das Zimmer wie eine schwache Kerze. Alles schien unfassbar, als ob es eigentlich nicht da wäre. Eine Vase mit Blumen entfaltete eine alte Traurigkeit, ein alter Stuhl lag eigentlich zu veraltert als Kleiderständer neben der Tür und die blöde Kiste leuchtete ungestört weiter. In meinem Bett enthüllte ich weiterhin meine jämmerlichen Erinnerungen von Liebe und Ideale. Sie flackerten noch lebending in meinem Herzen, doch waren auf immer verloren. Was wäre gewesen wenn …
Die Sonne beleuchtet jetzt das Zimmer. Es ist Morgen und die Blumen beleben den hell scheinenden Vorhang am Fenster. Alles ist viel heller als gewöhnlich, denn der junge Schnee verdeckt die alte Erde, die rohen Asphaltstraßen und die prachtvollen Häuser. Neben mir liegt, als ob sie aus dem Wunderland erschienen wäre, und das Morgen für Morgen, Jasmina. Ihre Schönheit konnte ich nie in Worte ausdrücken…sie war nicht ein Teil des Traumes, sie war der Traum.
Eine fröhliche Stimme tönt von der Flur: “Papa, Mutti!” Jasmine reckt ihren Hals wie ein frisch erwachtes Kückchen. Sie sieht meine geschlossenen Augen und geht leise bis ins Badezimmer. Währenddessen öffnet sich krächzend die Tür und ein strahlendes Paar unschuldige Augen schauen durch die enge Öffnung. Plötzlich, springt die Tür auf und Johann steht strahlend lachend da: “Du Rotznase, du!” flüstere ich ihm heiter zu, doch mit einem milden Blick. Schnell klettert er bis auf das Bett und umarmt mich liebevoll: “Kleiner! Willst du mich erwürgen?” Da erscheint aus dem Badezimmer Jasmina und sieht uns beide still an. Ich flüstere Johann etwas zu…und gleich hängt er am Hals seiner Mutter. Sie lächelt kurz und lässt den Burschen nieder. Was für ein Lachen sie hat! “Schaut mal da, eine pestliches Pickel!” dabei zeigt sie auf ihre rote Wange. “Mir scheint es, als ob es eine Blume sei!” sage ich ihr und Johann nickt zustimmend. Alle lachen…
Wie ein urarlter Liebesfilm spielte sich alles vor meinen Augen ab. “Nur nicht anfassen, denn vielleicht verschwindet es!” dachte ich mir und packte den Traum sorgfältig ein. Erschreckt von dieser fürchterlichen Idee, dass auch das, was einmal war, verloren gehen könnte, schloss ich meine Augen. Das führte nur dazu, dass ich mich in einer anderer Welt verlor, eine Welt befallen von Angst, Sorgen und, vor allem, Fragen. Dabei auch die heiligste der Fragen: warum ich?
Es dauert immer eine Weile bis ich einschlafe. Wenn ich einmal aufwache, dauert es um so mehr. Im Endeffekt wache ich doch immer um sieben Uhr auf, gehe durch die tägliche Morgenroutine und lande hinter einem Computer, alleine mit Zahlen und Symbolen…und meinen Gedanken. Als ich am nächsten Morgen aufwachte, wendete sich doch alles in einem kurzen Augenblick. So kurz, dass man an ihm vorbeilaufen konnte, wenn man nicht vorsichtig war. Ich stand vor dem Spiegel und sah einen Mann, den ich nie kennen lernen wollte. Einmal atmete ich tief ein, und somit stand fest: so sollte es nicht mehr weiter gehen. Ich mochte kein Leben wie aus einem amerikanischen Drama Film, denn dafür war ich nicht geeignet. “Artistische” Unterschiede waren die Schuld.
Mit einer neuen Einstellung zum Leben, meldete ich mich krank im Betrieb. Keiner konnte glauben, dass es nicht so wäre, und auch wenn, würde Keiner etwas dagegen haben. “Morgenstund hat Gold im Mund!” rief ich Johann entgegen, als er mich mit schläfrigen Augen ansah. “Faulenzen ist doch gesund” antwortete er freudig. “Gestern Abend warst du doch so empört, dass du keine Zeit hast!” kritisierte ich ihn. “Heute ist Ruhetag, Papa! Du weißt das schon…” Er schien ein bisschen erschrocken, denn wahrscheinlich war meine Laune sehr schwer zu verstehen. “Dann bleib doch ruhig dort hocken. Ich gehe zur Bibliothek.” Mit fragenden Augen schaute er mir nach, bis ich sein Zimmer verließ.
Eigentlich wusste ich nicht, was ich machen wollte. In den wenigen Tagen in denen ich nicht arbeitete, ging ich nur zu meinen Freunden hinüber, die dann aber zur Arbeit waren. In die Bibliothek zu gehen übte ich, als ich in Johanns Alter gewesen war. Auf all die Fragen, dachte ich, dort die Antworten zu finden. Warum dieser Wunsch gescheitert ist, kann sich jeder vorstellen. Ich war immer ein ziemlich impulsiver, neugieriger doch ungeduldiger Mensch gewesen, deshalb hatte ich mich auch in eine Welt vertiefen lassen, in die Zeit in Nanosekunden gemessen wird. Bücher brauchten Zeit, wie eigentlich…
Dieser Gedanke öffnete meine Augen und meinen Hirn. Ich verstand wieso einige Dinge einfach unmöglich waren. Ich verstand und wollte alle Probleme der Menschheit lösen! Ich war bereit alles zu machen, was mir irgendjemand vorgeschlagen hätte, ich war bereit die Welt zu erobern in meinem unendlichen Altruismus.
Der Abend kam aber ziemlich hastig. Ich war nicht dazugekommen das Haus zu verlassen. All meine Energie war in antiproduktiven Aktivitäten verloren gegangen. Mein Körper fühlte sich müde und jetzt da die Energie aufgebraucht war, fühlte sich auch mein Herz traurig. Ich war, unglaublicherweise, dahin gelangt, von wo ich weggegangen war. Nichts war anders, obwohl es so anders am Morgen schien. Ermüdet stand ich von meinem alten Stuhl auf und wanderte durch das Haus. Überall hingen Erinerrungen und in jeder Ecke ragte ein Stück der Ewigkeit empor. Widerwillig legte ich mich auf das Sofa, im Wohnzimmer, und starrte…
und dachte. Die Wanduhr tickte ruhig weiter, während alles rundherum still lag.
Ich wünschte mir, dass es Wunder gebe. Nie hatte ich ein Wunder erlebt...ich, eine alte Ratte, hatte nie ein Wunder erlebt. Das störte mich wirklich in diesen Augenblicken. Wer hat noch von jemandem gehört, der keine Wunder erlebt hat? Nach vielem Nachdenken kam ich zur Schlussfolgerung, dass es besser ist, selbst für seine Wunder zu sorgen, als auf sie einfach nur zu warten.
“Ohne Wunder” trottete ich bis in Johanns Zimmer. Er spielte ein Spiel, dachte ich mir, als ich ihn auf dem Boden hocken sah. An den vier Wänden hingen verschiedene Diplome und Preise. Jeder erinerrte mich an seine damaligen Freude. Jetzt war er nicht mehr so lebenslustig wie damals, aber immerhin lachte er noch von Zeit zu Zeit. Ich weiß nicht, was ich ohne dieses Lachen gemacht hätte.
“Was spielst du hier? Bist du nicht zu groß dazu?” fragte ich ihn träumend. Er sah zu mir auf und…lächelte. “Man ist nie zu alt, um zu spielen. Mit dem Alter ändern sich nur die Spiele.” Ich konnte mich nicht abhalten zu lachen. Solch ein humorvolles Kind. Gleich darauf ging mir durch den Kopf, dass er nicht mehr ein Kind sei, aber ich schob den Gedanken schnell heraus. Dafür war kein Platz in meiner Seele. So wundervoll war er. Tränen nässten meine Augen. Johann sah mich an, doch sagte nichts. Irgendwie, wusste ich, dass er nicht zu fragen brauchte, warum ich weinte. Es waren so viele Gründe, so viele! “Ich liebe Musik”, sagte er zögernd und setzte sich an sein Klavier. Ich hatte es seit einer Ewigkeit nicht gehört, dachte auch, dass es nicht mehr benutzt wurde, seit…
Die Musik floss um mich und durch mich so viele Male, dass ich total vergaß wo ich war. Johann spielte wie ein maisterhafter Klavierspieler…und ich hatte das nie gewusst. “Er wird einmal etwas werden” sah ich ihm an. Dann schloss ich meine Augen, noch einmal.

Und spürte das Unmögliche.

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