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- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - 2005-02-13 | |
Karl May soll laut Erich Heinemann Zweiflern versichert haben: „Ich bin wirklich Old Shatterhand resp. Kara Ben Nemsi und habe erlebt, was ich erzähle...“ Heute weiß man natürlich schon, dass der mitreißend fabulierende Sachse (1842 – 1912) die Länder seiner Abenteuerromane betreten hat, das aber nachdem die große Mehrheit seiner Werke längst eine verschworene Fangemeinschaft gefunden hatte, und dies bei gleichzeitigem Verriss der Literaturkritik.
Wer es liebt dem Kampf des Guten gegen das Böse, und das meist sogar ohne Blutvergießen, zu folgen, der ist bei Karl May an den richtigen Schriftsteller geraten, zumal es einem durch anspruchslose und gleichzeitig außergewöhnlich spannende Erzählkunst leicht gemacht wird schlicht und einfach mitzufiebern, zu fühlen, zu bangen und hoffen und schließlich auch mitzusiegen. Denn das Gute siegt. Gab es je einen innigeren Wunsch der großen Mehrheit aller Menschen, damals wie heute? In diesem Moment relativiert sich die Anspruchslosigkeit mayscher Erzählweise. Bücher, die in Millionen Exemplaren und in mehr als zwei Dutzend Sprachen die Bücherregale in Hausbibliotheken rund um den Globus füllen, können nicht minderwertig sein. Winnetou und Old Shatterhand waren besonders in den 1960ger und 70ger Jahren Kultfiguren heranwachsender Generationen. Die damals gedrehten Karl-May-Filme haben natürlich auch wesentlich dazu beigetragen. Der hier vorliegende Band, herausgegeben von Heinz Stolte und Erich Heinemann, soll eigentlich dokumentieren, dass Karl May durchaus auch E-Literatur (von ernst) und nicht nur U-Literatur (von unterhaltsam) geschrieben hat; ein aus meiner Sicht ziemlich unnötiges Unterfangen, denn dieser Band zeigt einmal mehr, dass Karl May eben dort ein großer Schriftsteller war, wo er seinem Metier, der Abenteuer-Reise-Literatur, treu blieb und nicht versuchte in der von Kritikern so geschätzten analytischen Literatur (mehr philosophieren als erzählen) Fuß zu fassen. Diese Sammlung enthält fünf Erzählungen. In „Eine Befreiung“ und „Der Kutb“ absolviert Kara Ben Nemsi einige seiner Pflichtrettungs- und zuweilen auch Beckehrungsübungen in der moslemisch geprägten Welt, irgendwo in den Wüstenregionen um Tripolis und Kairo. Tiefgläubige Katholiken werden diese Erzählungen vielleicht mit besonderer Hingabe genießen, können sie doch mit dem im Abenteuerlook daherkommenden Missionar aus Europa mitzittern und sich in ihrem Glaubenseifer bestärkt fühlen. „Der Große Traum“ dürfte etwas für Esoteriker sein. Mich hat dieser Traum nicht überzeugt. Heinz Stolte kann ihm wesentlich mehr abgewinnen. Er sieht in der Erzählung, die dem vierten Band des Romans „Im Reiche des silbernen Löwen“ entnommen ist, eine „aufbrechende Hintergründigkeit und das Hereinspielen allegorischer und symbolistischer Verfremdungen“. „Schamah“ und „Merhameh“ sind Mädchennamen und werden als Titel der zwei letzten Erzählungen benutzt, weil sie als Symbol der Versöhnung und Vergebung in den jeweiligen Texten die Handlungskerne bilden. „Schamah“ entstand im Jahre 1907 und die May-Forscher weisen gerne darauf hin, dass sie nach des Schriftstellers einziger Reise in die Gegend um Jerusalem und Hebron (1899 – 1900) verfasst wurde, also persönliche Erlebnisse durchaus einige Abdrücke hinterlassen haben könnten. „Merhameh“ spielt zwar im imaginären Ardistan, kommt aber trotzdem ziemlich weltlich daher und liest sich wie ein in eine Parabel gekleidetes Plädoyer für den Frieden. Diese Erzählung ist die letzte aus der Feder Karl Mays. Vier Jahre später (1914) brannte es in Europa lichterloh. Blutsbrüderschaften a la Winnetou und Old Shatterhand waren unter Europas Erwachsenen eigentlich nie gefragt. Sie gehören in das Reich kindlicher Träume. Wie schade, dass man denen entwachsen muss. Karl May: Der Große Traum – Erzählungen, Hg: Heinz Stolte und Erich Heinemann; Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, 1974; ISBN 3-423-01034-7; Beim Internet-Anbieter Amazon (http://www.amazon.de/buecher) findet man Angebote dieses Buches schon für 1,50 EURO. |
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