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■ Eine Krone von Veilchen
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- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - 2005-01-11 | |
„Roman im Radio“ hieß mal eine Sendung. Man hörte gelegentlich hinein, mehr oder weniger zufällig, und gab es meist viel zu schnell auf. Von anderen Zimmergeräuschen übertönt, ist ein Handlungsstrang für einen Zuhörer schnell gerissen.
Ganz anders kann es dagegen bei einem Roman in der Zeitung aussehen. Ausgerüstet mit einer Schere, ist der Lesewillige gegen jede Ablenkung gefeit. Und man glaubt es kaum, wie schnell einem die Personen vertraut werden, denen man anfangs zögernd und später dann völlig unbefangen begegnet. Alois Irlmaier war über 100 Tage mein Gast. Er kam täglich, schon morgens früh, oft gleichzeitig mit meinem Aufbruch in die Frühschicht, und wartete - von anderen Zeitungslesern des Hauses stets unbeachtet - am unteren Ende einer Kulturseite auf meine Heimkehr. Zu viel Beachtung war ihm auch sowieso zuwider, dem mit hellseherischen Kräften ausgestatteten Sonderling aus dem oberbayerischen Weiler Scharam, drei Kilometer vom Pfarrdorf Eisenärzt und eine Wegstunde vom Marktflecken Siegsdorf entfernt gelegen. Er bemühte sich ein Leben lang, das deutsche Drama so gut wie möglich seelisch zu verkraften. Aber gerade das sollte ihm nicht vergönnt sein. Die Wunden des 20. Jahrhunderts wollten in seiner aufgewühlten Seele nicht vernarben. Der Sensitive Alois Irlmaier er- und überlebte beide Weltkriege auf eine sonderbare Art und Weise. Seine Fähigkeit, anhand von Fotos den Tod gefallener Soldaten noch vor dem Eintreffen einer amtlichen Benachrichtigung zu erkennen, brachte ihm zwar landesweiten Ruhm, aber auch unerträgliche seelische Belastungen ein. Der Romancier Manfred Böckl lässt seinen Helden immer wieder zu den Ursprüngen des menschlichen Geistes, den Quellen der Vorsehung zurückkehren, die aus der Schutz gewährenden Mutter Erde entspringen. Leider sind sie düster, sehr düster, die Vorhersagen des als Wünschelrutengänger und Brunnengräber beruflich erfolgreichen Bauernsohnes. Nicht im Pessimismus, sondern in der Art seiner Darstellung verbirgt sich leider eine Schwäche des ansonsten spannend erzählten Romans. Allzu viele vom Geiste Irlmaiers vorausgesehenen Weltgeschehnisse lesen sich wie eine geraffte Geschichtslektion der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts. Ein Hauch von Mystik schwebt durch Manfred Böckls Prosa. Der 1948 in Landau geborene Schriftsteller hat seit 1985 mehr als 20 Bücher geschrieben. Das Übernatürliche und das für uns nüchterne Alltagsmenschen schwer Nachvollziehbare im Kontext universal- oder regionalhistorischer Ereignisse sind seine Lieblingsthemen. Die Romane „Mühlhiasl“ und „Die Hexe soll brennen“ wurden Bestseller. Manfred Böckl war 1986 Stadtschreiber von Ottendorf und 1987/88 Neumüller-Stipendiant der Stadt Regensburg. Jetzt fand sein Roman „Prophet der Finsternis“ auch den Weg in die Spalten des DONAUKURIER. Dass Irlmaiers Prophezeiungen nicht nur mich fasziniert und manchmal sogar verwirrt haben, sondern anscheinend auch die für die Veröffentlichung zuständigen Redakteure, hatte im Fall der letzteren sogar Auswirkungen in der Reihenfolge der erschienenen 110 Serien. Auf die 56. Folge erschien nämlich Folge 100 und der Nummer 83 folgte am nächsten Tag bereits die 106. Das sollte aber niemand daran hindern, dieses Buch zu lesen, denn es hat die besondere Gabe, nicht nur literarische Spannung zu transportieren, sondern auch Neugierde auf die Gegend um den Hochfelln (1671 m) und die Wallfahrtskirche Maria Eck zu erwecken. Manfred Böckl: Prophet der Finsternis. Leben und Visionen des Alois Irlmaier. Ehrenwirth-Verlag, München 1999, 272 Seiten, 36 Mark. [Ingolstadt, 2000]
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