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Es war einmal im Zug -
prosa [ ]
Über die Liebe zu Bahnhöfen im Leben der Nelly Mann (dritter Teil)

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von [Almalo ]

2004-11-11  |     | 



Ich konnte in meiner Dunkelheit frei weiter gehen und tief ein- und ausatmen. Die Sprüche blieben, die Sehnsucht den Duftshake von Bahnhöfen getränkt in zittriger Gitarrenmusik wieder zu erleben auch.
Frau Silbermann, die Schulleiterin, fand, dass ich zu gut für ihre Schule war. Ich war eine beliebte Musikpädagogin für Gymnasialschüler geworden und war dankbar mit diesem Leben. Frau Silbermann legte mir an einem frischen Morgen einen leichten Koffer in die rechte Hand, in die linke ein längliches Papier und ihr Fliederduft verlor sich im vielschichtigen Bahnhofsrauch. Es war meine erste Zugkarte, der erste Schritt über die Schwelle, über die ich mich alleine nie getraut hätte. Sie hielt mich noch kurz fest und dann stand ich alleine dort, wo ich immer an Mutters Hand gestanden hatte, wo ich Vaters Lederhandschuh drückte und danach lange husten musste.

Es ging weiter, mein Leben. Es hatte geantwortet. Ich sollte in der Großstadt Musik studieren. Auch Blinde können was, sagte Frau Silbermann entschieden und du , Nelly, weißt es, die Antworten liegen dir zu Füßen.

Zuhause gab es nicht mehr, ich war alleine und ging dem Bahnhofsduft nach. Mein Herz klopfte so stark, dassder Koffer, so leicht er auch war, hin und her pendelte. Der Bahnhof schien sich wie eine Geburtstagsparty um mich zu drehen. Die Lautsprecher nur für mich so laut gestellt, die Menschen nur für mich aufgereiht und aufmerksam, so dass ich meine Schritte nicht zurückhalten musste.

"Nelly, pass wirklich auf, du schaffst es vielleicht , Kind", hörte ich aus der Ferne die verblasste Stimme meiner Mutter. Vaters Stimme hörte sich jedoch lauter an. Zuerst kam das kalte Lachen und dann die spitzen Töne unterlegt von Wortfetzen...."Du, Nelly....nie, weil du dich an allem und jedem festhältst...später, später....".

Die Musik erwärmte mich. Es wurde heller in mir. So wie jetzt, wo ich diese Zeilen schreibe. Sie lächeln bestimmt die Menschen, die mir so nah gegenüber sitzen. Sie denken, ich tu nur so, mit meiner Kopfhaltung, mit meinen leichten, zeitlupenähnlichen Bewegungen. Der Zug bewegt sich müde um mich rum.

An dem frischen Morgen setzte ich mich auf eine Bank. Packte das Esspaket von Frau Silbermann auf, ließ mir die Zartbitterschokolade schmecken und entzog mich den Stimmen meiner Eltern. Ich schickte sie für immer in "Urlaub" und mich ins Leben, versprach jedoch leise aufzupassen und jeder Antwort des Lebens zu folgen.

Am Bahnhofsschalter informierte man mich, wo mein Zug nach Köln abfahren wird. Die Musik erreichte mein Herz und gab mir die Kraft, die den Sehenden zu oft nicht bewusst ist. Ich hustete nicht, ich war in guter Begleitung meiner Erinnerungen, frei von Wünschen, die nie erfüllt werden sollten, jedoch reich an Gerüchen und GEschichten der vielen Reisebücher, die ich gelesen hatte. Das Erbe meines Vaters, nebst seinen kargen Abschieden.

"Sie werden abgeholt, Frau Mann. Sie sind doch Nelly Mann, oder?"

Sicher wusste ich, wer ich bin."Ja, ich bin Nelly Mann". Wer wollte mich denn abholen und wohin? Ich kannte niemanden, ich war nicht verabredet, in meinem Kopf blätterten blasse Bilder übereinander von Geschichten mit Menschen, die mit dem Schicksal anderer Witze machen....Die Zeit hatte mich bis jetzt geschützt...

Oder ist alles vorbestimmt? Ich wollte schon immer abgeholt werden , an der Hand gehalten, reisen, neue Welten riechen, erkennen am Pflaster, die Ferne auf meiner Haut einsammeln und mich über den Blick hinaus strecken.

"Guten Morgen, Nelly, weißt du noch, ich bin's ,Paul. Was suchst du hier, alleine? Erkennst du mich nicht? Sicher, nach so vielen Jahren....Paul, der Nachbarsjunge, weißt du nicht mehr, der dir erklärte, was "groß genug" ist...Der mit dem Hasen und dem Eichhörnchen, Paul, der mit dem bösen Hund...und mit der Gitarre".

"Guten Morgen, Paul", antwortete ich erstaunt von meiner Gelassenheit. Genau wusste ich nicht sehr viel über Paul. Die Stimme klang warm. Er nahm beherzt meine Hand und ich fühlte, dass der Blick, der mir fehlte, diesmal nicht viel geändert hätte.

Dann hörte ich aus der Vergangenheit den dunkel bellenden Hund, die Verbote die Nachbarn zu besuchen, da sie für mich gefährlich wären. Ich war damals nicht "groß genug".

Vielleicht hatte Mutter Recht und das Leben hat eine Antwort auf alles. Und dann gibt es nch die anderen, die nicht Recht hätten, den Schularzt, die Lehrer, meinen Vater.

Oder haben mit der Zeit alle Recht?

"Es hat mich gefreut Nelly", sagte Paul plötzlich und machte paar Schritte auf den Bahnsteig. Der Lautsprecher störte. Die Geburtstagsparty hatte nicht lange gedauert, sie ging unter im Getöse zugeschlagener Türen, fest aufgesetzter Absätze. Ich musste handeln, fragen, entscheiden, leben.
Nicht festhalten. Tropfweise erreichte sie mich, die Gegenwart, dann die Musik, die Musik.

"Paul, ja, ich bin es, Nelly. Was für ein Glück. Ich bin frei, ich fahre nach Köln, und du?"

Der Koffer schien meiner Hand entschwunden zu sein und die Karte, die war auch weg.

"Paul, ich fahre....alleine, ich bin groß genug...
"Jah,Nelly, ich habe das alles nicht so gemeint..."

Paul glaubte es nicht wirklich. Die Fäden der Zeit verrosten auch ....Er hatte mich nur begrüßt und wollte mich genau so schnell loswerden...dachte ich. Ich stolperte über meinen Koffer. Von oben kam ein kühler Wind. Der Ausgang musste in der Nähe sein.

Das Leben kam und ging und ich stand....und stand....und zittrig fragte ich nur mich, wohin.
Der Zug nahm mich mit in die Großstadt Köln. Die Luft begrüßte mich. Der Rauch war dichter und anders. Der Kummer der Vergangenheit war zäh und wollte mich schon im Zug einholen. Ich erwartete wirklich, dass wieder jemand fragte, ob ich Nelly sei...meine Hand nahm, als ob man mein Ankommen erwartete....

Das Halstuch wirkte schwer, es wurde mir schwindelig und dann sagte tatsächlich jemand sehr nah an meinem GEsicht ..."Sind sie Nelly, Nelly Mann?"

Ja, ja, danke, dass sie mich abholen...

Es war jedoch nur der Bahnshofsarzt. Nach einem Schwächeanfall war ich umgekippt und die Dunkelheit hatte mich wieder.

"Es ist nichts Schlimmes, Frau Mann. Sie können heute weiter. Wohin geht's?"

Als ob ich es wüsste? Ich hatte nur eine Adresse an der Uni. Und dann hörte ich fern Mutters Stimme.
ES ist gut so, Nelly, du wirst es schaffen, sie haben nicht Recht. Die Dunkelheit ist für dich kein Problem. Sie wird dich nicht davon treiben. Du bist groß genug...du bist nun meine große Nelly...."

"Danke Mama..."
Sie hatte nichts genossen, ihre Tage waren wie ihre Butterbrote - gleich.
Die Sonne wird mir gut tun. Sie wird mich begrüßen und mich nie im Stich lassen.


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