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■ Eine Krone von Veilchen
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- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - 2006-11-13 | |
Heute Vormittag kitzelten mich warme Sonnenstrahlen aus dem Schlaf, und als ich die Fenster weit öffnete, wehte ein lauer Wind durch und die Luft war warm und roch irgendwie nach Frühling. Ich dachte, ich esse nur schnell was, ziehe mich an und gehe spazieren, denn ich habe schnell gelernt, dass das schöne Wetter nicht auf einen wartet, bis er Lust auf einen Spaziergang hat. Und trotzdem waren die Wolken etwas schneller wie ich, aber die haben mich nicht im Haus halten können. Ich lief fast zwei Stunden, der Wind wurde immer stärker und kälter, und irgendwann fielen auch die ersten Tropfen. Ich wollte kehrt machen, drehte mich um und lief einen Schritt zurück, dann sagte ich zu mir, du wirst heute nicht, und auch sonnst nicht deinem Weg den Rücken zeigen. Du wirst immer weitergehen, so wie beschlossen, egal wie viel Regen, egal wie viele Dornen, egal wie viele Steine.
Dem Regen heute habe ich getrotzt, bin weiter gelaufen, so wie ich mir vorgenommen habe. Ob ich auch manchen Dornen und manchen Steinen auf meinem Wege trotzen werde? Ich lief der Jagst entlang und ließ meine Augen über die Landschaft schweifen. Die Störche suchten nach Nahrung unweit des Nestes und der Wind jagte durch die Schilfröhre am Ufer des Flusses, aus ihnen flüsternde Töne entlockend. Wenn man richtig zuhört, könnte man Geschichten erzählt kriegen… Wie gestern, bei dem Heimatabend. Es war ein wenig anders, als ich mir vorgestellt habe, aber es war trotzdem schön. Ein älterer Herr aus der Ortschaft hat Bilder aus den letzten 70 Jahren ausgesucht und mit Musik auf eine CD (oder DVD, weiß nicht genau) zusammengefügt in einer 80-minütigen, 4-teiligen Präsentation. Alten, nur in Schwarz-Weiß fotografierten Landschaften und Mitmenschen folgten die neuesten, in tollen Farben schimmernden Aufnahmen unseres kleinen Dorfes. Es wurde nicht viel erzählt, man ließ den Bildern den Vorrang, aber die Projektionen auf die Leinwand wurden immer wieder von Kommentaren des Publikums begleitet. „Schau mal, da ist Hans!“ „Und erkennst du das Haus von Emil noch? Das ist doch längst abgerissen...“ „Und an die Feier, könnt ihr euch noch erinnern?...“ Ich war mehr ein Beobachter denn ein Beteiligter, aber die Stimmung war gut, in den Pausen zwischen den jeweiligen Teilen konnte man noch was essen oder trinken, sich ein wenig bewegen und mit den anderen über längst vergessenen Zeiten und Menschen reden. Man konnte die nostalgische Atmosphäre im Raum sich festigen spüren, sie wahrnehmen und ein Teil von ihr werden. Und so stiegen auch in mir alte Bilder hoch, Bilder aus so weit gelegenen Orten und auch schon so weit zurückliegenden Zeiten. Geister dagewesener Menschen wurden für Zeitbruchteile wieder lebendig, und vermischten sich mit den verkörperten Seelen im Saal. Man konnte deren Anwesenheit spüren und für manche Augenblicke dehnte sich die Zeit in der Umarmung eines 70-jährigen Spanne –ein ganzes Menschenleben - um sich dann zu dem Moment zu verdichten, der die Gegenwart war. Auf dem Nachhauseweg schlugen mir kalte Regentropfen ins Gesicht, aber mein Herz war von den wunderschönen Bildern gewärmt. Und so nahm eine Idee, die schon irgendwie seit etwa drei Jahren in meinem Kopf herumspuckt, langsam Gestalt an, um nach dem heutigen Spaziergang sich zu einer Entscheidung zu kristallisieren: Die nun über die alten Landschaften und Menschen, die in meinem Kopf und in meinem Herzen hausen, zu schreiben. Ist es hier und jetzt vielleicht der Anfang?
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