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- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - 2008-01-16 | |
Ich immer noch ich...
Kapitel 1 Ich erinnere mich an die Zeit kurz davor... Ich saß in meinem Zimmer im Studentenheim in Temeschburg und träumte von meinem zukünftigen Mann. Stunden kamen mir wie Tage vor, Tage wie Jahre. Ich hatte damals überhaupt kein Bock mehr auf die Uni, auf meine Freunde oder auf die Partys im Studentenheim. Alles woran ich nun denken konnte, war die REISE nach Deutschland. Schon als Kind dachte ich, ich werde mit 20 sterben. Als erwachsene Frau, zumindest vom biologischen Alter her erwachsen!, denke ich oft an diese kindlichen Ängste. War das vielleicht eine Vorahnung? Am 2. Juli 2000 begab ich mich auf eine Reise ins Unbekannte, etwas Unglaubliches, Verrücktes und Fantastisches zugleich, Ende und neues Leben. Gerade 20 und ein paar Monate alt, habe ich mit meiner gesamten Art zu leben, zu fühlen und zu denken Schluss gemacht. Das, wodurch ich mich als ich bisher definiert habe, habe ich innerhalb von Stunden für etwas getauscht, das ich das große Unbekannte nenne. Und noch mal zum Vergleich: Am 1. Juli 2000 war ich noch Studentin der Universität, die älteste von drei. Besonders stolz war ich, deutscher Abstammung und in der deutschen Tradition aufgewachsen zu sein. Ich war nie eine vollkommene Rumänin, dadurch dass ich bei den deutschen Großeltern aufgewachsen bin. Als Kind habe ich von den Großeltern gelernt, stolz zu sein, dass ich deutscher Abstammung bin und mich dadurch für eine viel bessere Person als die „Rumänen“ halten könne. Als Jugendliche habe ich besonders darauf geachtet, dass meine Freunde katholisch und deutscher Abstammung sind. Ich habe auch nie wirklich daran gedacht einen Rumänen zu heiraten. Am 3. Juli 2000 war ich immer noch ich - in einem fremden Land, fremdes Haus, fremde Leute, Fremdsprache, und ohne erlernten Beruf. 20 Jahre jung, weg von daheim, weg von Freunden, weg von der Tanzgruppe, weg von meinem Haus aber mit der Liebe meines Lebens zusammen. Ich immer noch ich... Mein Mann... Einige Jahre älter, kommt aus der gleichen Stadt wie ich, hat schon immer Deutsch gesprochen. ER hatte schon einen Job hier. Der Reisebus hat mich ihm in L. ausgeliefert. Nach dem er mich abgeholt hat, sind wir zu seiner Schwester gefahren. Seine Schwester ist 19 Jahre älter als ich und eine richtige Rumänin - das heißt mit allen Denkweisen und Verhaltensmustern, die man mit dem rumänischen Volk assoziieren kann. Warum das wichtig ist? Um besser zu verstehen, warum wir immer noch eine beschissene Beziehung haben. Sie hat sich gefreut, mich zu sehen. Sie hat mich sehr freundlich empfangen und leckeres Essen für mich gekocht. Damals war ich sehr froh darüber, dass mein Mann so eine nette Schwester hat. Ihr Mann –- auch Rumäne - kannte sehr gut meinen Vater. An meinem ersten Wochenende hat man rumänisches Essen gegessen, rumänisch gesprochen und rumänisch geflucht. Wie schon erwähnt, ich konnte damals kein Wort Deutsch - die rumänische familiäre Atmosphäre hat mich dazu gebracht, meine neue ungewöhnliche Situation zu vergessen. Die darauf folgende Nacht war auch toll. Am nächsten Tag kam die Rede auf das Leben in Deutschland: Die Schwester meines Mannes putzte in einer Schule - da sie die Toiletten der Lehrer saubermachen durfte, war sie in Vergleich zu den anderen ausländischen Putzfrauen privilegiert. Sie sagte mir, dass es schade sei, dass wir nicht in L. wohnen, sie hätte versucht mir eine Stelle als Putzfrau in ihrer Schule zu besorgen. Ich glaube es ihr, dass sie mir gerne geholfen hätte. Ich weiß, dass sie es lieb gemeint hat. Andererseits ist mir ein kalter Schauer über den Rücken gelaufen: vor ein paar Tagen Studentin, in ein paar Tagen Putzfrau? Einige Wochen später habe ich sie verstanden: ICH - keine Deutsche, keine Ahnung, keinen erlernten Beruf, ein Abi, das in Deutschland nicht anerkannt war. ICH Putzfrau? Warum ICH keine Putzfrau? Marta hat mir von vielen anderen Rumäninnen erzählt, die Deutsche geheiratet haben und in der Fabrik oder als Reinigungskräfte arbeiten. Einmal hier angekommen, hat man anscheinend keine Zeit oder Lust in die Schule zu gehen und Deutsch zu lernen. Man merkt, dass man schnell Geld verdienen kann, und man geht arbeiten. Egal was. Wichtig ist, dass man mit dem Geld in Rumänien angeben kann. Das ist die rumänische Denkweise. Später haben wir die Tante von meinem Mann besucht. Sie, ihr Mann und die zwei erwachsene Söhne wohnen auch in der Nähe von L. Die ganze Familie ist deutscher Abstammung, alle vier konnten schon immer Deutsch. Sie hat unten angefangen, hat in der Fabrik gearbeitet, nachher hat sie eine Ausbildung erfolgreich abgeschlossen und als Einrichtungsleitung eine Stelle bekommen. Die Söhne haben auch gute Berufe erlernt. Sie leben seit den 90er in Deutschland. Ich wurde mit offenen Armen in ihrem Haus empfangen. Man hat mir aber von Anfang an gesagt, dass in diesem Haus NUR Deutsch gesprochen wird. Das Essen, das wir bekamen, war kein rumänisches, es wurde weder geflucht, noch gestritten. Was mir ganz gut gefallen hat, war, dass man mich ernst genommen hat. Man hat in mir eine junge Frau gesehen, die sehr unsicher ist, was ihre Zukunft anbetrifft. Die Ratschläge, die ich bekam, kamen nicht von „Besserwissern“, sondern wurden mit Seele und Verstand geäußert. Die Wichtigkeit des Lernens der deutschen Sprache und einer Ausbildung wurde sehr betont. Viel später habe ich versucht mit der Schwester meines Mannes darüber zu sprechen. Die Antwort war ein Schmunzeln und das Erwähnen der Tatsache, dass man auch mit gebrochenem Deutsch in Deutschland überlebt. Inzwischen habe ich gelernt, dass man solche Sachen nicht vor ihr erwähnen soll. Fressen oder gefressen werden. ****************************************************************************** Kapitel 2 -fortsetzung folgt- |
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