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Stau
essay [ ]

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von [FcPoliFan ]

2009-11-16  |     | 



Wir befinden uns heutzutage ständig in einem Stau. Theoretisch ist es auch gut so, denn wenn man sich in einem Stau aufhält, dann heißt es mindestens so viel wie: Man will irgendwohin. Das kann aber nur insofern gut sein, als man auch erreichen kann, dem Stau zu entfliehen. Leider hängt es nicht von uns ab, wann und wie sich ein Stau auflöst - eine so hervorragende Metapher für das, was uns umgibt im Rahmen unserer gesellschaftlichen Existenz.

Der Stau unserer kollektiven Denkweise ist das, wovor wir entfliehen müssen. Dafür haben wir nur zwei Möglichkeiten: Entweder den Stau voraussehen, was den meisten sehr schwierig vorkommt, oder ihn irgendwie in Bewegung bringen. Das heißt eigentlich, dass man kaum außerhalb des Staus existieren kann. Aber was bedeutet das wirklich? Was bedeutet dieser Stau für unser Dasein?

Vielleicht das passendste Beispiel ist die Art und Weise des Denkens. Zuerst kann man das Denken auf einer persönlichen Ebene betrachten, einer Ebene, auf der wir unsere Gedanken formulieren und diese Gedanken dann auf irgendeine Idee richten. Der Abstand zwischen einem Gedankenstrom und seiner Erfüllung (man ist erfüllt, wenn man ganz ist, man ist ganz wenn man ein Ende findet) ist der Stau unseres persönlichen Daseins. Wir sind immer auf der Suche nach einem Ende; und diese Suche ist ein langer Kampf gegen die Stagnierung unserer Inspiration auf einem pur gedanklichen Niveau oder unserer so monotonen Existenz auf einem mehr abstrakten Niveau. Die Idee des Staus entwickelt das Problem des Wesens als ein Ganzes. Wie im Stau kann man nicht ein einziges Auto – also einen einzigen Teil des Seins – bewegen, ohne alle Autos zu bewegen. Dass heißt dann, dass jede Änderung des Seins eine Kette von Änderungen hervorbringt, dass also nur wenige von unseren Entscheidungen wirklich sinnlos und einfach sind.

Um das zu verdeutlichen, muss man einfach nur an eine Person denken, die zum Beispiel gerne raucht. Sagen wir, diese Person heißt Werner. Wenn aus irgendeinem Grund Werner nicht mehr rauchen würde, dann hätte das natürlich einen Effekt auf seine Gesundheit. Aber es kann auch sein, dass diese Entscheidung dann Werner zeigt, wie wenig er mit seinen Freunden gemeinsam hat und er sich als Person neu versteht.

Für ein Individuum ist der Stau in der Gesellschaft mehr als nur ein Beschränkungsmittel. Der gesellschaftliche Stau schränkt uns als Menschen ein, indem er uns lähmt, indem er das Entfalten unseres weltlichen Engagements behindert – eine gewöhnliche Kritik der Existenzialisten des Zwanzigsten Jahrhunderts, vor allem Jean Paul Sartre und Martin Heidegger. Der Stau des zeitgenössischen Denkens wirkt sich sehr stark auf den einzelnen Menschen aus, denn der Mensch muss in seiner Gesellschaft und in seinem Zeitrahmen existieren. Im Sinne von Heideggers Dasein werden wir in einer sich drehenden Welt geboren, in einer schon vorher existierenden Umgebung, von der wir unmittelbar abhängen. Wir werden also in einem Stau geboren und wir haben nicht die Wahl zwischen einem Stau auf der Autobahn und einer freien Landstraße, zumindest nicht von Anfang an. Der Mensch kann sich isolieren, er kann den verstauten Weg verlassen, aber jedes Mal, wenn er in die Gesellschaft zurückkehrt, ist er wieder mit dem Stau konfrontiert.

Die Kontrolle, die wir auf unser Leben ausüben, wird von den gesellschaftlichen Normen und Regeln eingeschränkt. Wir können aus der Geschichte unsere Lehre zu diesem Aspekt des Staus ziehen, durch Menschen wie Sokrates und Galileo Galilei, deren Schicksal, während ihres Lebens, verstaut war. Man wird erst dann als herausragendes Individuum anerkannt, wenn die eigene Zeit vorüber ist und die Gesellschaft im Stau das Individuum eingeholt hat, welches auf der Landstraße viel schneller vorangekommen war. Jeder von uns ist dem Stau untergeben, das ist Teil unserer Natur, weil wir nicht alleine leben können.

Das bedeutet natürlich nicht, dass man nicht Freude auf dieser Welt finden kann (ob man im Stau liegt oder nicht), dass man nicht größtenteils isoliert von der Gesellschaft existieren kann, aber man muss zuerst erkennen, dass man nichts mit dem Stau unserer Zeit allein anfangen kann, wenn man eine Veränderung erzielen möchte. Das Wichtigste ist also, dass wir den Stau wahrnehmen und ihn kritisch betrachten, dass wir mindestens den Gedankenstau verlassen können um das Ende, welches wir erreichen wollen, zu finden. Diese Parallele weiterführen, hieße, dass umso mehr Menschen frei denken und sich konstant im Leben engagieren würden, je mehr wir in einer weniger verstauten Welt leben würden. Inwiefern wir eine solche Weltstruktur haben können und ob diese Welt funktionieren und effizient sein kann, ist eine Frage, die eine viel zu abstrakte Form annimmt, um hier behandelt zu werden. Klar ist aber, dass die Menschen immerhin ähnliche Ziele haben werden, ähnliche Wege nehmen werden, und dass sie sogar immer irgendwo, irgendwann im Stau liegen werden, weil wir einfach nicht allein leben können. Aber diese aggressive Verstauung, diese Kraft, die das Denken, die Kreativität und das Sein lähmt, würde auf keinen Fall die erpressende Rolle spielen, die sie jetzt auf das Individuum ausübt.

Ob das wirklich möglich ist, ist eine ganz andere Frage, deren Antwort von dem Optimismus des Einzelnen abhängt. Wenn man aber bedenkt, wie die Menschen betrachtet wurden, die den Stau verlassen haben, muss dieser Optimismus dem Menschen wirklich fremd erscheinen.

Oder ist das nur ein anderer Stau?



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