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Eigentlich hätte ich ersticken sollen
artikel [ Gesellschaft ]
Ein Mädchen überlebt seine Abtreibung

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von [franziskus ]

2004-07-17  |     | 



Gianna ist eine hübsche Frau von 27 Jahren. Was für sie geplant war, war der Tod durch Ersticken. Immer wieder erzählt sie über den Beginn ihres Lebens.
Vor gebannten Zuhörern auf ihren Vortragsreisen und im Buch "Gianna - ein Mädchen überlebt seine Abtreibung".

Ich erzähle aus der Sicht ihrer Mutter Tina, den vermuteten anderen Teil der Geschichte. Mit diesem Kern der Wahrheit, über den die Tochter spricht - immer in Liebe, wie sie sagt.

Planned Parenthood - Kalifornien, 6. April 1977

Menschen werden stumm und verlieren ihren Appetit, wenn sie hören, dass es dieses Haus in Südkalifornien gibt, in das Frauen hineingehen, mit einem Kind im Bauch, und - wenn alles normal verläuft – auch wieder heraus. Nach vierundzwanzig Stunden genau. Ohne Kind.
In diesem Haus hat man nie einen Kinderschrei gehört.
Alle Menschen in diesem Haus haben sich an die Stille gewöhnt. Man kann sich das Entsetzen der Krankenschwester vorstellen, als eines Abends ein Geburtsschrei durch den Abtreibungssaal gellt und ein Kind auf die Welt kommt, das nicht erstickt und nicht verbrannt aus seiner in Tiefschlaf versetzten Mutter abgegangen ist.

Tina ist gerade siebzehn und im siebenten Monat schwanger, arbeitslos und Marihuana-süchtig. Ihr Freund hat sie verlassen. Ihre Mutter lebt von der Sozialhilfe, mit der sie Tina und ihre beiden Geschwister durchbringen muss.

Tina ist selbst nicht geplant gewesen. Ihr Leben ist nie nach einem Plan verlaufen.

Ein Mann hebt sie auf, vor dem Eingang mit der Tafel "Planned Parenthood". Sein weißer Mantel ist das kühne Versprechen, das anmaßende Angebot, Menschenleben zu planen, über Menschenleben zu entscheiden.

Dass es hinter dieser Eingangstür Planung für sie geben soll, ist für Tina, als legte ihr jemand eine kühle Hand auf ihre heiße Stirn, unter der es spitz pocht, nach durchweinter Nacht.

Weit fern von ihrem Kopf der Gegenwart, ihren brennenden Augen, den dröhnenden Ohren, von ihrem Mund, der nach Metall schmeckt, weit unten in ihrem Bauch aus einem früheren Leben fühlt sie dumpfe Tritte.
Geplante Mutterschaft, weiß sie jetzt, hätte schon vor ihrem siebzehnten Geburtstag beginnen müssen. Wenn Plan bedeutet: Ausschau halten nach einem Ziel und dem schönsten Weg dorthin. Nicht: hastiges Abreißen einer Brücke auf einem Weg, der ins Elend führt.

An ihrem siebzehnten Geburtstag, da haben sie sich wie von Sinnen auf ihrem Bett gebalgt, da haben sich ihre Körper in Ekstase ineinander verschlungen, haben im Marihuanarausch zu schweben begonnen, waren trunken von den verschwimmenden starken Farben um sie.
Als ihr Freund den ersten Verdacht schöpfte, hat er sie verlassen.
Und ihre Mutter hat sie jetzt vor diesem Haus auf die Treppe gestoßen, bevor sie auf das Amt gegangen ist, um ihr Sozialhilfegeld zu holen. Unter Tränen, aber wütend, hat sie sich von Tina losgerissen, die an ihren Arm gehangen ist.
Jetzt ist Tina allein, nur der Mann im weißen Mantel stützt sie. Für ein Haus der geplanten Elternschaft ist es sehr still hier, kein Kinderschrei ist zu hören. Kein Wunder. Um Mutter zu werden, geht man nicht in ein Institut. Man geht hin, um es nicht zu werden. Nicht Elternschaft wird hier geplant, sondern Kindertod, Elternwaisen. Das ist der Plan, den der Mann im weißen Mantel für Tina hat.

Das in ihrem Bauch nennt er nicht Kind, er nennt es Frucht. Tina sieht die anderen Frauen, die in dieses Haus um Rat und Hilfe gekommen und schließlich zur Abtreibung geblieben sind. Mit ihren verängstigten, versteinerten, totäugigen Gesichtern sitzen sie in den Warteräumen, die Tagesmäntel nur schlampig über den langen weißen Krankenhaus-Hemden zusammengezogen. Sie tragen keine großen Bäuche vor sich her wie Tina. Sie sind früher gekommen, nicht erst im siebenten Monat, als es zu Hause nicht mehr zu ertragen war.
Kalt und weiß sind die Sessel, die Tische und auch die Betten, die im Saal in zwei Reihen aufgestellt sind, nur durch einen Paravent getrennt. Und blass sind die Gesichter der Frauen, die es bereits hinter sich haben und, aus vierundzwanzigstündigem Schlaf geweckt, von Männern oder Müttern abgeholt werden. Ihre fahlen Blicke sind auf den Boden geheftet, damit der Schwindel sie nicht stürzt.

Der Plan für Tina lautet Abtreibung durch Kochsalzlösung, in Narkose, weil sie schon im siebenten Monat ist. Die Wirklichkeit dieser Methode, das Einführen einer Nadel, eine Injektion mit Kochsalz in die Gebärmutter, davon spricht der Arzt nicht, dieses Grauen will er Tina ersparen.
Wenn sie aufwacht, nach vierundzwanzig Stunden, wird sie befreit sein. Frei, ihre nächste Mutterschaft wirklich zu planen. Das wird die geplante Elternschaft, die das Haus verspricht. Das ist das Angebot des Hauses: die Freiheit für die nächste Planung.
Wenn sie aufwacht, wird es ruhig sein, und es wird alles gut sein für sie und ihr Kind. Das Kind wird sich, erstickt und mit Verbrennungen am ganzen Körper, von ihr gelöst haben. Es wird im Himmel sein, wo Erstickte wieder atmen und Verbrennungen nicht schmerzen.
Auch davon redet der Arzt nicht.
Tina liegt noch im Tiefschlaf, da löst sich, wie versprochen, das Kind aus ihr.

Dieses Kind ist Gianna. Eine Frühgeburt. Für die Menschen um sie herum ist sie nur mit einem großen Makel behaftet: Sie lebt.
Gianna hat achtzehn Stunden in der Salzlösung gelegen und sie geschluckt, aber sie hat überlebt.
Sie findet gute Pflegeeltern, die ihr Operationen und Therapien ermöglichen. So kann sie jetzt, entgegen aller Hoffnungen, alleine gehen und um die Welt reisen. Sie erzählt in Vorträgen auf der ganzen Welt "die Wahrheit in Liebe".
Tina hat ihre Tochter nie gesehen. Aber die Pflegeeltern haben ihr ausgerichtet, dass Gianna ihr vergeben hat.

Jessica Shaver
Gianna - ein Mädchen überlebt seine Abtreibung
Schwengeler Verlag
ISBN: 3-85666-051-8
3. Auflage Feb. 2003
ca. 6,50 Euro








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