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Olympia und die Zäune
artikel [ Gesellschaft ]
Kolumne 59

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von [Delagiarmata ]

2008-08-09  |     | 



Das ist schon ein merkwürdiges Verhältnis: Olympia und die Zäune. Letztere sind überall vorhanden, um Olympia zu schützen. Meist sind sie überflüssig und dort wo man sie bräuchte, sind sie wirkungslos. Am 5. September 1972, dem 11. Tag der Olympischen Spiele in Deutschland, kletterten acht palästinensische Fedayin (die Opferbereiten) über den Zaun des Olympischen Dorfes in München und überfielen das israelische Mannschaftsquartier, ermordeten zwei Sportler und brachten neun Geiseln in ihre Gewalt.

Kaum verlässt die Olympiafackel das Zuhause des Olympischen Feuers, wird sie durch weltumspannende Zaunspaliere an den Austragungsort der Olympischen Spiele getragen. Was würde wohl Zeusschwester Hestia zu dieser Entwicklung in der Modernen sagen? Sie hat ihre Jungfräulichkeit für alle Ewigkeit bewahrt. Anders das zu ihrer Ehre in der Antike entzündete Olympische Feuer. Es wird bei den Olympischen Spielen der Neuzeit immer wieder zu politischen Zwecken missbraucht.

Eine „Reise der Harmonie“ sollte der Olympische Fackellauf 2008 werden. Doch da war Tibet und da war China. David gegen Goliath. Politik. Machtpolitik. Kaum durchschaubar für Außenstehende und trotzdem polarisierend. Der Weg von Olympia nach Peking war von Zäunen, Absperrungen, und chinesischen Fackelwächtern vom Rest der Welt isoliert. Das war ein einsamer Lauf und trotzdem gemütserregender als je einer zuvor. London, Paris, San Francisco, Neu-Delhi, Canberra heißen die Stationen des Olympischen Feuers auf seinem beschwerlichen Weg zu den Spielen 2008.

Strenge Sicherheitsvorkehrungen markierten das Verweilen des Olympischen Feuers in der tibetischen Hauptstadt Lhasa. Die ARD-Korrespondentin Nicole Böllhof berichtete von einer Stadt, in der es aussehe „wie in einer Festung“. Zäune und Absperrungen hätten die Innenstadt abgeriegelt. Und Michael Kodas schrieb im SÜDDEUTSCHE ZEITUNG MAGAZIN vom 6. Juni 2008: „Als sich vor wenigen Wochen 19 chinesische und tibetische Bergsteiger aufmachten, um die Olympische Flamme zum Dach der Welt zu tragen, verhängte China eine Art Kriegsrecht: Der Mount Everest wurde für ausländische Bergsteiger und Touristenkomplett gesperrt. Kein Alpinist und erst recht kein Tibet-Aktivist sollte die Zeremonie stören.“

Olympisches Feuer war in der Antike ein Synonym für Olympischen Frieden. Heute löst es kriegsähnliche Zustände aus. Die Spiele haben begonnen und die Zäune werden in den virtuellen Raum verlegt. Sie sind vorhanden, schwer überwindbar, obwohl Spechte versuchen, sie zu durchlöchern. So lange es Diktaturen gibt, ist die Welt noch nicht reif für die Olympische Idee. Daher ist der Weg für ihr Symbol, das Olympische Feuer & die Olympische Fackel, stets so beschwerlich. Dieser Weg führte schon immer durch demokratieferne Gebiete.

Und gerade dort wurde sie für heuchlerische Staatspropaganda missbraucht. Das war 1972 nicht anders. Schon bevor der Olympische Geist in München geschändet wurde, musste er für kommunistische Propagandaparolen herhalten. Am 18. Juli 1972 passierte die Olympiaflamme die rumänische – jugoslawische Staatsgrenze. Ein sich allmählich zum Diktator entwickelnder Nationalkommunist diesseits und ein aus dem Partisanenkrieg der Balkanvölker hervorgegangener Alleinherrscher jenseits der Grenze bei Stamora Moravița regierten die zwei Länder hinter dem Eisernen Vorhang. Ein gewaltiger Stacheldrahtzaun trennte sie voneinander. Jugoslawien unter Tito war im Vergleich zu Rumänien unter Ceauşescu schon damals ein relativ liberaler Staat und kein Mitglied des Warschauer Paktes; Grund genug für einen mörderischen Zaun.

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Diese Sperre musste die Olympische Fackel passieren und nur dank ihrer Feuerröte blieb sie von Schamröte verschont, denn bei der Fackelübergabe musste es die Losung ertragen: „Durch die Olympischen Spiele zu Freundschaft und Friede zwischen den Völkern“. Dazu spielte die Kinder- und Jugendblaskapelle des Temeswarer Pionierhauses unter der Leitung von Anton Renyé. Jugendliche Unschuld, politisch unbelastet und vor allem beeinflussbar, war das richtige Ambiente für diesen plumpen Versuch, der Öffentlichkeit demokratische Weltanschauungen vorzutäuschen. Dass Diktatoren sich auch persönlich gerne mit Kindern und Jugendlichen zeigen, ist nicht erst seit Hitler bekannt.

Der Freiheitstraum vieler Menschen Rumäniens endete am Grenzzaun ihres Landes zu Jugoslawien. Wer „nur“ in einem rumänischen Gefängnis statt in der erhofften Freiheit landete, konnte sogar noch von Glück im Unglück reden, denn so mancher junge Mensch musste seinen Fluchtversuch – besonders als das vorige Jahrhundert sich seinem achten Jahrzehnt näherte – mit dem Leben bezahlen.

Die ALLGEMEINE DEUTSCHE ZEITUNG FÜR RUMÄNIEN rezensiert in ihrer gestrigen Ausgabe (08.08.2008) den soeben im Verlag Gilde & Köster (Am Wassergraben 2, 53842 Troisdorf, Telefon 0175/6094431 und 02246/2166 oder 02246/168655, E-Mail [email protected]) erschienenen Sammelband „Die Gräber schweigen“, von Johann Steiner und Doina Magheți, mit „Berichten von der blutigsten Grenze Europas – Ein Buch über die Flüchtlinge, die das kommunistische Rumänien an der Westgrenze verlassen haben“ (ISBN: 978-300-024991-4). Der Rezensent hält fest: „Die knapp 1000 Kilometer lange Westgrenze Rumäniens ist in den 1980er Jahren zur blutigsten in Europa geworden. Vermutlich sind an dieser Grenze mehr Menschen ums Leben gekommen als an der innerdeutschen.“

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1972 war kein gutes Jahr für die Olympische Idee und 2008 ist es auch nicht. Dafür ist auf dem Weg des Olympischen Feuers schon viel zu viel passiert. Zu sehr ähnelt das aus der ferne betrachtete „Vogelnest“ in Peking einem Stacheldrahtverhau. Bleibt nur die Hoffnung, dass das gefühlte Ungemach nicht wie vor 36 Jahren in einer Katastrophe gipfelt.

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