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- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - 2008-01-10 | |
Arbeitskollegen, Vorgesetzte und Schwiegermütter kann man sich nicht aussuchen. Sie sind schlicht und einfach Schicksal. Ich bin seit mehr als 25 Jahren mit allen bestens versorgt. Letztere, muss ich gestehen, ist völlig i.O.... nur etwas detailbesessen.
Da stand mal wieder die Kartonschachtel mit den Fotos von anno dazumal auf dem Tisch und die eine und andere traurige, aber auch lustige Erinnerung sprang heraus. Ich betrachtete das vergilbte und abgegriffene Klassenbild des Jahrgangs 1937. Nur Mädchen. In ihrer Mitte ein Lehrer mittleren Alters. Die Geschlechtertrennung war damals noch nicht aufgehoben, was wohl auch als Grund hergenommen werden kann, dass meine Schwiegermutter ihren belustigten und aufgeklärten Enkeln in späteren Jahren mal erklären konnte, sie wäre schon einige Tage verheiratet gewesen und hätte noch immer an den Storch geglaubt. Also ein für jene Zeit ganz normales Foto, könnte man sagen, wenn da... ja wenn da nicht die Kreuzchen – mit Tinte – auf einigen Mädchenhäuptern gewesen wären. Ich sah meine Schwiegermutter an und die grinste übers ganze Gesicht, meine Frage wohl antizipierend. - Waren das die Klassenbesten? - Nein, das waren die Durchgefallenen. - So, so! Und ist das schön, wenn man so etwas macht? Sie lachte auf, meine nicht auf den Mund gefallene Schwiegermutter. - So grausam können Kinder nun mal sein. Das war auch schon zu meiner Schulzeit so. Aber heute sieht man keiner mehr an, dass sie von mir ein Kreuzchen bekommen hat. Die sind alle ihren Weg als tüchtige und anständige Menschen gegangen. - Na gut, dann wollen wir es dabei belassen -, erteilte ich ihr Absolution und griff nach dem nächsten Schulfoto. * * * Diese Geschichte wollte ich so und nicht anders einem Heimatverein für ein angedachtes Büchlein über die Dorfschule zur Verfügung stellen. Ich habe den Text meiner Schwiegermutter vorgelesen und die war sofort mit einer eventuellen Veröffentlichung einverstanden. „Schulfoto mit Kreuzchen“, hatte ich als Titel angedacht. Doch am Tag danach, wahrscheinlich nach einer schlafgestörten Nacht, kam ihr verzweifelter Anruf. Als ich ihre Stimme im Hörer vernahm, schwante mir sofort: oh weh, die Kreuzchen haben ihr Gewissen gemartert. - Du kannst das natürlich veröffentlichen -, ließ sie mich wissen, - nur die Geschichte mit dem Storch, die müssen die Leute nicht wissen. Daraufhin habe ich sie beruhigt, dass noch nichts druckreif sei. Aber auch als Word-Dokument hat sie, die Geschichte mit dem Storch, nun mittlerweile schon einige Jahre auf dem Buckel.
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