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- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - 2014-07-04 | |
In Klagenfurt triumphiert wie alljährlich im Juli die Literatur. Sie triumphiert über die Starre der Mediensprache und über die Bescheidenheit der Umgangssprache. Aber sie triumphiert auch über den Tod. Nicht nur über Ingeborg Bachmanns Tod, sondern über all die vielen toten Literaturschöpfer, die zur Aura der Kunst des Wortes beigetragen haben. Dieser Triumph der Literatur unterscheidet sich aber wesentlich vom Triumph des Siegers über den Besiegten. Er ist eher ein Mitnehmen in die ewigen Jagdgründe der schreibenden Zunft. Der Literaturwettstreit in der Klagenfurter Arena – und nicht nur er – ist ein Kampf der Sprache (hier der deutschen) für ein Leben nach dem Tod.
Unzählige Literaten sind schon gegangen und haben uns ihre Sprache und mit ihr jeweils eine eigene, sich im Kopf jeden Lesers wiederum verselbstständigende Welt von Kopfbildern hinterlassen. Das ist ein stetiger Prozess, der auch vor poezie.ro nicht innehält. Als ich heute in den Mittagsstunden – in Klagenfurt war Pause – meine Mailbox öffnete, dachte ich zuerst an einen Hinweis, den eine rührige Redakteurin der rumänischen Site von poezie.ro mir geben wollte. Ihr Link führte mich auf ein Gedicht von Anni-Lorei Mainka; ein Gedicht in rumänischer Sprache, voller Schwermut, aber in einem Klang, wie er dieser Dichterin und Schriftstellerin schon immer eigen war, ein Klang, der aber vom Leser nicht als Belastung empfunden wurde. Man denkt auch bei diesem Gedicht an alles, nur nicht an den Tod der Autorin dieser grandiosen Verse. Sollte diese E-Mail also vielleicht eine Anregung auf eine eventuelle Übersetzung ins Deutsche sein? Die elektronische Nachricht enthielt kein Wort, nur den Link. Davor habe ich mich schon immer gescheut, einen rumänischen Text, ob Prosa oder Lyrik, von Anni-Lorei Mainka ins Deutsche zu übertragen. Dafür gab es seit vielen Jahren nur einen einzigen Grund: Anni-Lorei Mainka schrieb auch in der deutschen Sprache, und zwar so überzeugend, dass wohl kaum eine Übersetzung ihrem eigenen deutsche Sprachduktus gerecht werden konnte. Daher las ich dieses berührende Gedicht sogar mit einem gefühlten Widerwille bis zum Ende - ich kannte es nicht, obwohl es seit März veröffentlicht war -, um aber dann von Kommentar zu Kommentar die so schwer zu akzeptierende Gewissheit zu erlangen: Anni-Lorei Mainka ist tot. Sie war eine sprachgewaltige Dichterin und in zwei literarischen Welten beheimatet. Ihr letztes hier veröffentlichte Gedicht war ein deutsches. Ihr Œvre ist aber zum Großteil in Rumänisch geschrieben. Und in ihrer lesesüchtig machenden Prosa findet man auch Hinweise auf die literarische Affinität Anni-Lorei Mainkas zur deutschen Sprache. Eine große Dichterin hat die ewigen Jagdgründe der Literatur betreten. Ihre Sprache aber wird bleiben, denn der virtuelle Literaturraum verliert ja angeblich nichts. Auch wenn ich persönlich nicht an diese Mär der absoluten Verlustlosigkeit glaube, bin ich mir sicher, dass Anni-Loreis Sprache über ihren irdischen Tod hinaus triumphieren wird. Die Klagenfurterin Ingeborg Bachmann schrieb auch folgende Verse: „Und Glanz kehrt sich nicht an Verwesung. Unsere Gottheit / die Geschichte, hat uns ein Grab bestellt, / aus dem es keine Auferstehung gibt.“ (Botschaft aus dem Zyklus Die gestundete Zeit). Persönlich werde ich Anni-Lorei Mainka vermissen, ohne ihr je begegnet zu sein, aber sprachlich werde ich versuchen, die Erinnerung an einen sehr harmoniebedürftigen Menschen und eine begnadete Dichterin wachzuhalten. Ingolstadt, 4. Juli 2014 Anton Potche
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