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- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - 2011-06-17 | |
Baba Rada - Das Leben ist vergänglich wie die Kopfhaare
Roman von Dana Grigorcea KaMeRu, Zürich 2011 Rezension von Franz Schlacher: Das Altweiber-Märchen mit dem Untertitel „Das Leben ist vergänglich wie die Kopfhaare“ ist die größte literarische Frechheit seit Tristram Shandy (1759). Ich weiß nicht, ob ich es Ihnen empfehlen oder Ihnen davon abraten soll? Nämlich mit der Lektüre von Dana Grigorceas Erstlingsroman „Baba Rada“ nachts um 2 Uhr zu beginnen, so wie ich es getan habe. Es kommt vermutlich auf Ihre medizinischen Befunde im allgemeinen, und auf Ihre aktuellen geriatrischen Risikofaktoren im speziellen an. Falls Sie unter den Nebenwirkungen zu leiden beginnen, die da sind: akutes Nägelbeißen vor lauter Aufregung während des Lesens, spontane Inkontinenz oder anhaltendes Kichern unter der Bettdecke nach der Lektüre, dann tragen Sie das Buch lieber zu Ihrem literaturkundigen Hausarzt (alle Hausärzte sind literatur-kundig!) - auf dass er es in seiner Gift-Vitrine ausstelle – und lassen Sie sich statt dessen etwas politisch Korrektes und etwas besser in ein aufgeklärt-betuliches Literaturkritik-Nähkästchen Passendes verschreiben, bei dessen Lektüre sie wieder gut einschlafen können. Wie gleichermaßen unverfroren und sympathisch die junge Schweizer Autorin Dana Grigorcea Ihre Protagonistin, die vorgeblich zahnlose Baba Rada im zugefrorenen Donaudelta ihre Geschichte über den Terroristen aus einem amerikanischen Geheimgefängnis ihrem vorgeblich Geliebten erzählen lässt, das „hat schon was“, um es im ungelenken Stil eines ungeübten österreichischen Literaturkritikers zu formulieren, was in M. R. Ranickischer Diktion vermutlich wie folgt lauten müsste: „Die Autorin hat eine Eigenschaft, die ich an Autorinnen sehr schätze: Sie kann schreiben“. Begeistern Sie sich ruhig zunächst an den äußerlichen Eindrücken, den haptischen und ästhetischen Schmeicheleien des 159-Seiten-Bandes aus dem Schweizer KaMeRu-Verlag, mit dem praktischen Lese-Bändchen, der vorgeblich klaren Kurzfassung der Story auf dem Waschzettel, den kurzen, so multi-tasking-tauglich erscheinenden Kapiteln, die Sie glauben, zwischen Kaffeekochen, Waschmaschine-Befüllen und E-Mails-Beantworten so zwischendurch lesen zu können. Doch misstrauen Sie lieber all diesen Eindrücken von Beginn an. Und verstehen Sie die Umfangsangabe der Geschichte (159 Seiten) am besten gleich im Sinne einer Entfernungsangabe in „Luftlinie“. Sie brauchen Zeit, Geduld und Nerven. Ob es sich lohnt? Ein Leser/Eine Leserin ist ein Mensch, der liest – und nicht fragt. Lesen Sie, Leser/in! Es gibt noch letzte Abenteuer! Dana Grigorcea verwickelt Sie von Beginn an in einen Albtraum im zutiefst romantischen Sinn, was so gar nichts mit Wattebausch, Wanderlust und Waldesluft zu tun hat. So gut sie die schematischen Lesegewohnheiten der Internetgeneration einerseits kennt und so sehr sie die Erwartungen einer sophistisch-akademischen Leserschaft zu erfüllen vorgibt, so frech torpediert sie all dies. Kaum wähne ich mich nach dem 3-zeiligen Teaser-Text zu Beginn des ersten Kapitels („in dem es damit anfängt, dass wir den Terroristen aufnehmen und ich mich auf das gute Geschäft freue“) in verschmitzter Kumpanei mit der Erzählerin Baba Rada und vermeine, der Geschichte voraus zu sein, da hechle ich schon der alten Dame hinterher und fange mich in den Schlingen und Fallen dieser haarsträubenden „Altweiber-Geschichte“ aus dem Donau-Delta. Jetzt haben Sie bis hierher gelesen und nichts weiter über die Geschichte erfahren? Mein Gott, Ihre Lesegewohnheiten! Bin ich Baba Rada? Bin ich nicht! Lesen Sie das Buch, nicht die Rezension! Also meinetwegen. Noch ein Teaser: Kapitel 3 „worin sich eine lüsterne Mücke am Bart des Erwürgten befriedigt und wir Nelus Motorboot behalten wollen“ Resumee: Wären wir auf Facebook, so würde dort stehen: Baba Rada – gefällt dir und 973 anderen Anwendern (seit dem Erscheinen des Buches). |
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