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Die Tücken einer Allegorie – Anmerkungen zu „Bemalter Schrank“
artikel [ Kreativ ]
Kolumne 16

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von [Delagiarmata ]

2005-01-06  |     | 



Das vermittelte Bild gefiel mir. Ich malte mir sogar eine Handlung aus. Der Alte mit der Sichel, wie er sich spöttisch vor der herausgeputzten Dame verbeugt. Wenn ein Gedicht spontan Bilder freisetzt, ja sogar Handlungen suggeriert, ist es gut. Der Name der Autorin lässt Endgültigkeit aufkommen. Die Begeisterung hat freien Lauf.

Ţine o coasă în mână – Mit einer Sichel in der Hand. Wie komme ich bloß auf die Sichel? Der Tag ist zwar grau in grau, dieser 10. Oktober 2004, aber trotzdem ist es noch zu früh zum Sterben, würde ich sagen.

Ich habe als Kind nur mit der Sichel geschnitten, Gras für die Hasen und einmal die gesamten Mohnstauden meiner Großmutter, weil ich sie für Taudisteln hielt. Die Sense hatte in jenen Jahren sowieso schon ausgedient: Für einen meiner Großväter war der Russlandfeldzug 60 km vor Stalingrad zuende und der andere verbrachte die Nachkriegsjahre im Rollstuhl; mein Vater war längst Handwerker geworden und die neun Joch Feld, die er in seinen verplagten Jugendjahren bearbeitete, waren längst an die Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft (LPG) abgetreten.

Ich stellte den Mann mit der Sichel auf dem „Bemalten Schrank“ (http://deutsch.agonia.net/index.php/poetry/89982/index.html) ins www-Netz und ging zu Bett. Die Nacht war wie alle Nächte vor einer neuen Woche, eine typische Sonntag-auf-Montag-Nacht, also wenig Schlaf und eine gereizte Blase vom vielen Kaffee am Vortag. Da wertest du es schon als glücklichen Umstand, dass dein Tag um 4.30 Uhr beginnt.

Kalt war der folgende Montagmorgen des 11. Oktober, trüb und feucht. Den alten Drahtesel fest zwischen den Beinen ging’s über die noch viel ältere Donaubrücke, rechts die düstere Silhouette des Alten Schlosses, hinein in die engen Altstadtstraßen Dr. Franken... ja, Frankensteins... ein Blitz... da war er... der Sensenmann... ein Gegenspieler..., aber ebenso gruselig wie das Produkt unseres Monsterdoktors. Wie konnte ich gestern nur den ganzen Tag mit der Sichel im Kopf herumlaufen?

Natürlich meinte sie, Ana Blandiana, den Sensenmann, das geflügelte Pseudonym für den stets ungeduldigen Gevatter Tod, unseren ach so deutschen, schon aus dem Mittelalter kommenden Abberufer in die Ewigkeit – omul cu coasa. Der ist beileibe nicht so sympathisch wie sein bayrisches Pendant, Franz von Kobells (1803 – 1882) Boandlkramer, dem der Brandner Kaspar im Himmel bescheinigen musste: „Herr vergelt’s Gott tausendmal, daß ma die Gnad worn is, daß i daher kemma bi.“

Es wurde dann doch noch ein goldener Oktobertag. Noch nie hatte ich gehofft, dass niemand etwas von mir zu Papier oder auf den Bildschirm Gebrachtes lesen wird. Als ich dann am Nachmittag nach Hause kam... Gott sei’s Dank! Nur fünf Leute hatten den „Bemalten Schrank“ geöffnet und kein spöttischer Kommentar stand im Anmerkungsfeld.

So „schwenkt im Nichts die Sensenhand“ an Stelle der Sichelhand und neben der Erkenntnis, dass sich Wolf Biermanns Frage beim Übersetzen „Wie kriegt man einen breiten deutschen Hintern in die schmale englische Hose?“ (Shakespeares lässiger Groover – Wolf Biermann über die fast unmögliche Kunst, die Sonette ins Deutsche zu bringen, in WELT AM SONNTAG vom 12. September 2004) auch für so manche rumänisch – deutsche Version eignet, bleibt mir abschließend nur die Vermutung, dass Ana Blandiana irgendwo einen alten banatschwäbischen Bauernschrank gesehen haben könnte, der dann wohl der Auslöser für ihr allegorisches Gedicht „Dulap pictat“ (http://www.agonia.ro/index.php/poetry/89972/index.html) sein durfte.

Der Vollständigkeit halber sei nur noch erwähnt: Eine Sichel ist für einen Rumänen „o seceră“ und keineswegs „o coasă“. Dass Sichel und Hammer (seceră şi ciocanul) so manchem Bürger des kommunistischen Rumänien die Bekanntschaft mit dem Sensenmann (bătrânul cu coasa) einbrachte, mag lediglich Ironie des Sprachschicksals sein und hat bestimmt mehr mit meiner Begriffsverwechslung als mit einer Intention der in Temeswar geborenen Dichterin zu tun.

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