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Frau Rosenzweig und ihre Töchter
prosa [ ]

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von [Ada Schwartz ]

2006-10-02  |     | 



Frau Rosenzweig und ihre Töchter

Frau Rosenzweig war nichts besonderes, dennoch hat mich ihre Geschichte tief beeindruckt, so hab ich mich entschieden sie niederzuschreiben.
Sie war eine der letzten ihrer Art, sie war nicht besonders religiös, von koscherem Essen hatte sie keinen blassen Schimmer, in der Synagoge war sie seit Jahren nicht mehr. Dennoch hätte sie ihre Religion niemals verleugnet.

Ihre wahre Religion waren ihre Kinder. Frau Rosenzweig hatte drei Töchter.
Sie arbeitete als Buchhalterin in einer Fabrik und verdiente ein bescheidenes Einkommen.
Ihren Mann hatte Frau Rosenzweig früh verloren. Er war Journalist, so war sie überzeugt auch ihre Töchter hätten viel von den geistigen Fähigkeiten ihres Vaters geerbt.
Die Kinder wuchsen mit Klavierstunden und Englischunterricht auf.
Seit Jahren hatte sich Frau Rosenzweig keine neuen Klamotten mehr gekauft, geschweige denn ein Kino besucht oder sonstiges gegönnt.
Die Töchter hießen Judith, Esther und Sara.
Es waren wunderschöne Mädchen mit blonden Haaren und grünen Augen.
Sportlich waren die drei auch.
So begann Frau Rosenzweig für eine bescheidene Summe Pullover für andere Leute zu stricken, damit ihre Töchter zum Ballett und zum Schwimmen sowie auf Tennisstunden nicht verzichten mussten.
Manchmal hätte Frau Rosenzweig vor Stolz platzen können. Sie schaute ihren Sprösslingen nach, und ihre Augen wurden feucht.
Sie hatte ihnen mal gesagt dass sie Juden waren, aber es spielte in ihrem Leben keine große Rolle.
Als die anderen Mädchen aus der Nachbarschaft zur Erstkommunion zugelassen wurden, weinte Judith bittere Tränen. Sie wollte auch ein weißes Kleid. Es war das erste Mal dass Frau Rosenzweig gekränkt war, dennoch kaufte sie für Judith als Entschädigung ein sündhaft teueres reichlich besticktes, rosafarbenes Kleid.

Das Haus der Rosenzweigs war etwas außerhalb der Stadt, in der Peripherie. Früher war es eine riesige Gemeinde, aber die meisten wanderten ins Heilige Land ab.
Frau Rosenzweig war jedoch so stark an das Grab ihres Mannes gebunden, dass es für Sie nicht in Frage kam auszuwandern.
Es war ihr einfach nie in den Sinn gekommen.
Das Haus war etwas vernachlässigt da Frau Rosenzweig alles in die Ausbildung und in das Wohlergehen ihrer Töchter investiert hatte.
Jeden Sonntagnachmittag putzte Frau Rosenzweig ihre Töchter heraus und ging mit ihnen spazieren. Sie gingen auch in den Park wo ihre drei Engelchen spielen konnten.
Frau Rosenzweig investierte so viel Energie in das Ankleiden und Frisieren ihrer Töchter dass für Sie nichts mehr übrig blieb. Sie war schlampig angezogen mit unordentlichen Haaren aber es interessierte Sie nicht.
Ihre Kinder waren ja hübsch, und darum ging es.
Sie setzte sich auf eine Bank und sah ihnen beim spielen zu.
Einmal war Sara von der Schaukel gefallen. Die Mutter bekam vor Schreck fast einen Herzinfarkt. Seit dann ließ sie die Drei nicht mehr aus dem Augen.
Es waren die schönsten Kinder im ganzen Park, das bestätigten auch andere Mütter.
Mit der Zeit wurde es allen anderen Frauen zu viel. Denn jede Mutter sah in ihren eigenen Sprösslingen etwas ganz besonderes.
Es viel ihr gar nicht auf das all die anderen Frauen sich zurück gezogen hatten und mit ihr nichts mehr zu tun haben wollten. Sie war viel zu beschäftigt ihre eigenen Töchter zu beobachten.
Die anderen Kinder verjagte sie falls die mit ihren drei kleinen Prinzessinnen spielen wollten. Sie könnten ja ihre wunderschönen Töchter mit Krankheiten anstecken, oder an den Haaren ziehen.
Einmal fiel Frau Rosenzweig auf, dass ein anderes Kind sich Judith näherte und fragte:

- Ist die dicke, hässliche Frau deine Mama?

Judith antwortete:

- Nein, ich kenne diese Frau nicht. Meine Mama ist schön und schlank, die ist nicht meine Mama!

Abends sah Frau Rosenzweig in den Spiegel. Sie hatte wirklich zugenommen, sie as ja auch nur Schmalzbrot. Obst und Gemüse kaufte sie nur für ihre Kinder.
Ihre Haare sahen schrecklich aus, von ihren Klamotten ganz zu schweigen.
Parfüm oder Deo benutzte sie schon lange nicht mehr, sie kaufte aber immer teueres Badeöl für die Mädchen.
Frau Rosenzweig griff an ihren Bauch und erinnerte sich daran wie es sich anfühlte als sie damals mit ihren Töchtern schwanger war.
Sind diese drei Grazien wirklich aus ihrem Leib entstanden?
Kann das sein? Ah, wie waren sie doch schön, ihre Töchter waren mit Abstand die „schönsten und elegantesten Mädchen der Stadt“.
Und sollten sie einmal selber Kinder haben so mussten sie keine ungeschlafenen Nächte fürchten, denn sie als Mutter war jetzt schon bereit ihnen alles abzunehmen!

Sie beschäftigte sich nicht weiter mit Judiths Aussage.
Die anderen Mütter waren ja eh nur neidisch.

Sie träumte davon irgendwann wenn ihre Töchter erwachsen waren, mit ihnen spazieren zu gehen, und aller Welt zeigen was sie für wunderschöne Kinder hatte. Sie arme ungebildete Frau hat es geschafft der Menschlichkeit drei Engel zu schenken.
Nur dafür hätte sie schon Anerkennung verdient!

Die Mädchen besuchten die beste Schule in der Stadt, sie bekamen Nachhilfestunden und mussten im Haushalt nichts tun.
Ihre Aktivitäten beschränkten die drei Mädchen aufs Lernen, Klavierspielen, Englisch und auf Tennisstunden.
Judith, die ältere machte ihr Abitur. Sie hatte sehr gut abgeschnitten.
Die einzige die ihr Sorgen machte war Sara ihre jüngste, sie war nicht so clever wie ihre Schwestern. Esther die mittlere entschied sich Grundschullehrerin zu werden.
Frau Rosenzweig hatte jahrelang gespart damit Judith das allerschönste Kleid für den Abschlussball bekam. Sie hatte es sogar geschafft, „ihre Tochter war das schönste Mädchen“.
Frau Rosenzweig nahm an der Veranstaltung nicht teil. Judith hatte sie gebeten daheim zu bleiben.
Als Judith fertig angezogen und frisiert war, fing die Mutter vor Glück an zu weinen.
War das ihre Tochter? Dieses Geschöpf? Gott, war sie schön!
Sie wollte Judith einen Kuss auf die Wange drücken.
Aber Judith drehte den Kopf angewidert zur Seite.

- Mama du machst meine Frisur kaputt, und außerdem stinkst du nach Zwiebeln!
- Ist schon gut Kind, geh nur!
Judith hatte mit 17 schon einen Freund. Sie brachte diesen Jungen nie mit Nachhause.
Als schämte sie sich um ihre Mutter.

- Judith, meine Liebste, möchtest du nicht mal den Jungen zu uns einladen? Damit ich ihn auch kennen lerne?
- Hierher?!
Judith hatte sie so erstaunt angeschaut, dass Frau Rosenzweig verstummte. Sie verstand nicht so genau was Judith meinte, sie getraute sich nicht mehr das Thema anzuschneiden.
Judith studierte mittlerweile, sie wollte Anwältin werden. Frau Rosenzweig schuftete Tag und Nacht damit Judith nicht im Studentenwohnheim wohnen musste.
Esther folgte ihr kurze Zeit darauf.
So musste sich Frau Rosenzweig noch viel mehr anstrengen. Aber was machte das schon? Welche Witwe konnte sich mit solchen Töchtern wie die ihre schmücken?
Das war doch Entschädigung genug für ihr Mutterherz!
Sie wurde immer älter und immer kränker, doch das kümmerte sie nicht.
Ihr einziger Wunsch war mal mit ihren Töchtern und vielleicht Enkeln noch einmal durch den Park spazieren zu gehen.

Die schöne neue Zeit brach über unsere Heldin 1990 ein. Alle alten Werte wurden in kürzester Zeit weggefegt.
Ihr wurde gekündigt. Jetzt wurde sie „Geschäftsfrau“ und verkaufte allerlei auf der Strasse: Kaffee, Strumpfhosen, Kaugummi.
Sie versuchte auch im Bahnhof etwas zu verkaufen aber sie wurde von anderen Händlern beklaut.
Judith hatte ihr Studium abgeschlossen, kündigte kurze Zeit darauf an dass sie in Amerika mit einem Aufbaustudium beginnen wollte.
Judith benötigte Geld für die Reise, Frau Rosenzweig verkaufte ein teueres Bild. Das Bild hatte sie von ihren Großeltern die vor dem Krieg die Besitzer der Fabrik waren, in der sie später als Buchhalterin angestellt war.

Die Tochter meldete sich aus den USA, dies einige Monate später. Frau Rosenzweig bekam eine Postkarte aus New York.
„Bleibe hier. Ich habe meinen Jugendfreund geheiratet“.
Alles Gute .
Judith.

Das war alles. Sie ist mit dem Jungen ausgereist. Aber warum hatte sie das geheim gehalten?
Warum durfte sie als Mutter seine Familie nicht kennen lernen?
Schämte sich Judith vielleicht?
Aber mein Gott warum?

Kurze Zeit darauf folgte ihr auch Esther.

So blieb ihr nur noch Sara. Sie war schon immer problematisch. Zwar war sie noch anziehender als die anderen zwei Töchter, aber ihre geistigen Fähigkeiten ließen zu wünschen übrig.
Bald kam Sara nachts nicht mehr heim. Sie studierte nicht, dachte nicht einmal daran. Die Schule hatte sie nur mittelmäßig abgeschlossen.
Frau Rosenzweig war schon zu alt und zu krank um zu arbeiten. Sie konnte keine Ware mehr auf dem Markt verkaufen. Ihre Beine waren dick geschwollen und eiterten aus offenen Wunden.
Sara war gehässig und unverschämt, sie war immer sehr elegant gekleidet obwohl sie keine feste Arbeit hatte.
Als Judith und Esther, Sara nach Amerika einluden war Frau Rosenzweig erleichtert.
Doch sie konnte ihr kein Geld für die Reise geben.
Sara ging wütend ans Telefon und rief ihre Schwestern an, sie sollen ihr doch das Ticket bezahlen, denn Mutter will kein Geld lockermachen.
Judith warf ihrer Mutter vor; „Sie sei zu faul um zu arbeiten“.
Unter Tränen gestand ihr Frau Rosenzweig dass sie seit einiger Zeit an Diabetes litt.
Daher kamen die Wunden an ihren Beinen.
Sie hörte Judith sagen:
- Dann setzt dich auf einen Stuhl du faule alte …….den Rest hörte sie nicht mehr, die Verbindung wurde unterbrochen.
Schließlich kauften Saras Schwestern ein Ticket, damit reiste Sie nach einem heftigen Streit voller Gehässigkeit ab.

So blieb sie ganz alleine in dem schäbigen Haus. Die Töchter halfen ihr nicht viel, ab und zu bekam sie Hundert Dollar von ihnen.
Die Rente reichte kaum für Medikamente.
Sie kündigte das Telefon und den Fernsehen um Kosten zu sparen.
Die Töchter schickten ihr viele Fotos. Die ganze Wohnung war mit ihren Bildern tapeziert.
Wie waren Sie doch schön geworden, und wie elegant!
Sie wohnten in schönen Häusern mit Swimmingpools.
Judith schaffte es zur Assistentin an der Uni. Esther heiratete einen Amerikaner. Sara war Begleitdame. Was das wohl sein soll? Sie hatte keine Ahnung.

Es war die Zeit als sie sich mit einem Mädchen aus der Nachbarschaft anfreundete.
Das Mädchen war dunkelhäutig und hatte pechschwarze Haare.
Sie war ganz anders als ihre Töchter. Vielleicht aus diesem Grund mochte Sie das Mädchen?
So lang ihre Töchter noch zuhause waren konnte sie nicht einen Funken Sympathie für andere Kinder oder Heranwachsende empfinden, es waren ja alle mögliche Konkurrenten die ihren Kindern etwas streitig machen konnten.
Das Mädchen hatte Schwierigkeiten, es waren acht Geschwister der Vater trank und war gewalttätig. Ihre Brüder waren kriminell und saßen im Gefängnis.
Eine ältere Schwester ging offenkundig auch keiner ehrlichen Arbeit nach.
Gegen eine geringe Geldsumme ging das Mädchen für Sie einkaufen und half ihr bei der Hausarbeit.
Wenn der Vater mal wieder zu viel getrunken hatte kam das Mädchen zum schlafen rüber. Dann erzählte Frau Rosenzweig über ihre drei Töchter.
Es fing jedes Mal so an:
- Als Judith, Esther und Sara noch klein waren……

Was war sie doch stolz auf ihre drei wunderbaren Kindern!
Sie wusste sogar welche Nummern sie im Krankenhaus als Babys hatten. Als die Schwestern ihr das Neugeborene zeigten war sie immer erstaunt, wie nur konnte aus ihr so etwas Reizendes entstehen?

Zu dieser Zeit entdeckte Frau Rosenzweig ihre Religion von neuem. Sie fing an die Synagoge zu besuchen. Da konnte sie sich mit anderen zurückgelassenen Eltern über ihre Töchter unterhalten. Fotos wurden umhergereicht, und Briefe laut vorgelesen.
Viele waren in die USA und manche in das Heilige Land ausgewandert.
Sie hatte allen erzählt was für tolle Kinder sie doch hatte!

Was war sie doch froh als sie hörte dass Esther in anderen Umständen war!
Sie schickte das Mädchen los um Material zu kaufen. Zusammen nähten sie mehrere Tage und Nächte, Babykleider und Windeln. Da Frau Rosenzweig keinen Fernseher hatte wusste Sie nicht dass es bereits Pampers gab.
Einen Umstandskleid hatten die zwei auch gefertigt. Sie hatten es mit Stickereien über und über verziert.
Frau Rosenzweig und das Mädchen fielen sich überglücklich in die Arme als sie ihr Werk vollendet hatten.

Als das Attentat auf das WTC stattfand hätte sie fast einen Schlaganfall bekommen. Sie war voller Sorge, am liebsten wäre sie hingeflogen um zu sehen ob es keinen von ihren Lieblingen erwischt hat.
Sie ging zur Post und rief ihre Töchter an.
Esther antwortete genervt:
- Mutter, was willst du? Warum rufst du an? Du hast das Baby geweckt!

Sie entschuldigte sich und ging erleichtert heim.

Frau Rosenzweig und das Mädchen kamen sich näher. Irgendwie war das so anders als mit ihren eigenen Töchtern. Sie lachten zusammen und erzählten viel. Das Mädchen hörte ihr aufmerksam zu, und wollte wissen was sie gerade kochte.
Sie hörte sich, ohne zu protestieren, ihre Geschichten auch zum hundertsten Mal an.

Auf einmal bekam sie eine Postkarte:

Wir werden dich zum Geburtstag besuchen!

Judith, Sara und Esther mit Aron.

So hieß ihr Enkelsohn.
Sie war in heller Aufregung. Das Mädchen half ihr das Haus sauber zu machen. Sie schufteten Tag und Nacht, schrubbten die Wände und polierten die alten Möbel.
Ein Geschenk für Aron musste noch her. Sie hatte schon einige Pullover gestrickt. Da ihre Hände von Arthrose angegriffen waren half ihr das Mädchen die Teile zusammennähen. Von ihrem letzten Geld kaufte sie ein Spielzeug. Tagelang klapperte Frau Rosenzweig Spielzeuggeschäfte ab, endlich fand sie was sie wollte. Eine der neusten Errungenschaften der Technik, ein Handy aus Plastik.
Es hatte leuchtende Tasten und spielte eine kleine Melodie beim einschalten.
Wunderbar!
Ihre Töchter hatten auch Plastiktelefone als sie klein waren, mit Wählscheibe versteht sich.
Sie waren zum anbeißen wie sie mit ihren dünnen, kindlichen Stimmen
- hallo?
in den Hörer sagten.
Ihre Augen füllten sich mit Tränen, sie wischte ihre Augen trocken.
Die nette Verkäuferin fragte ob alles in Ordnung sei?
Sie erzählte ihr von ihren Töchtern. Die Verkäuferin nickte freundlich und verständnisvoll.
Als der große Tag kam, wachte Sie ganz früh auf.
Mit den Mädchen zusammen fingen Sie an zu kochen.
Ab und zu steckten die Nachbarinnen ihren Kopf durch die Tür, so herrlich duftete es.
Die Töchter stiegen aus einem Taxi. Frau Rosenzweig hörte Judiths Stimme:

- Mein Gott sieht es hier aus! Und wieso stinkt es hier so?
- Es sieht ja aus wie in der Dritten Welt!
- In diesem Loch haben wir gewohnt? Igitt……..

Ja, alle drei waren da. Es war ja normal dass sie geschockt waren, schließlich waren Sie New- Yorkerinnen geworden.
Die drei waren schöner als eh und je!
Was hatten sie nur für schöne Kleider, und wie sie dufteten!
Frau Rosenzweig fing an zu weinen. Da hörte sie eine von ihnen sagen:

- Na, da flennt die ja schon wieder………

Zuerst, bevor sie duschten, desinfizierten Sie das Bad mit irgendeinem Spray das nach Alkohol roch.
Als sie Judith umarmen wollte, drehte sie den Kopf angewidert zur Seite und sagte:

- Mein Gott, du stinkst ja schon wieder nach Zwiebeln!

Sie wollte das Baby in den Arm nehmen, da erwiderte Esther dass es ein Trauma sei für das Kind „von Fremden“ in den Arm genommen zu werden.
Sara fragte ob sie vegetarisch gekocht hatte, denn sie esse jetzt kein Fleisch mehr. Es sei barbarisch Tiere zu töten.
Selbstverständlich hatte sie nicht vegetarisch gekocht.
Als das Mädchen das Essen auftragen wollte, schauten sich die Schwestern gegenseitig an und verzogen das Gesicht.
Frau Rosenzweig wollte Aron das Spielzeug das sie gekauft hatte übergeben. Esther warf es kurzerhand in den Mülleimer. Es sei Mist aus China. Ihr Kind spiele nur mit Spielsachen die seine Intelligenz forderten und nicht mit Schrott.
Das Kind krabbelte und holte sich das Handy aus dem Mülleimer. Esther bekam fast einen Anfall, sie putzte das Spielzeug mit Alkohol so als ob das Ding zwischen Leprakranken umher gereicht worden wäre.
Ãœber die gestrickten Pullover schien sie sich auch nicht zu freuen. Sie fragte woher die Wolle stammte?
Frau Rosenzweig war nicht so sehr gekränkt, schließlich ist es normal nach so langer Zeit sich etwas Fremd vorzukommen.

Die restlichen Tage verbrachte sie mit Kochen, Waschen, Putzen und Babysitten. Die Töchter waren beschäftigt ihre alten Schulfreunde zu besuchen.
Manchmal schrie sie ihnen nach:

- Kinder was soll ich euch kochen?

Sie hörte einmal Sara sagen

- Mann, die geht mir auf dem Geist!!!!!!

An dem Tag an dem Frau Rosenzweig Geburtstag hatte stand sie ganz früh auf und buk einen Kuchen. Es war der Lieblingskuchen ihrer Töchter.
Esther fragte
- Stammen die Eier von freilaufenden, glücklichen Hühnern? Die Erdbeeren sind hoffentlich ungespritzt?

Sie wusste es einfach nicht!
Sara verzog das Gesicht:

- Der hat bestimmt eine Million Kalorien!

Sie hörte Judith sagen:

- Hast du dieses schmutzige Mädchen rangelassen an den Kuchen?

Frau Rosenzweig konnte diese Fragen nicht beantworten.
Sie hatte eine einzige Frage:

- Meine lieben, können wir morgen zusammen spazieren gehen? In den Park wo ihr immer als Kinder gespielt habt? Und nachher zur Synagoge damit meine Freunde euch kennen lernen?
Judith antwortete ihr ohne sich rumzudrehen:

- Wir haben schon was anderes vor. Außerdem bin ich getauft, die Familie meines Mannes ist katholisch.

Frau Rosenzweig war jetzt gekränkt, es war ihr egal welcher Konfession ihre Tochter angehört so lange sie glücklich war, jedoch hätte sie erwartet wenigstens informiert zu werden.

- Ich und Aron wollen morgen abreisen. Es ist hier alles nicht so richtig hygienisch, ich befürchte Aron bekommt noch eine Hautkrankheit oder sonst was.
-
Frau Rosenzweig erschrak, sie schaute Esther in den Augen. Ihre Augen waren eiskalt, so kalt, so abweisend………..
Wer waren diese drei Geschöpfe? Es waren nicht ihre Töchter! Aliens haben ihre Töchter entführt, diese drei Wesen waren Außerirdische!
Sie hatte bestimmt nicht solche „Wesen“ entbunden.
Als Babys waren die drei zum anbeißen!
Sie rochen so gut! Kein Duft der Welt konnte da mithalten!
Wo sind ihre wunderschönen Mädchen?

Dennoch sagt sie mit zuckersüßer Stimme:

- Esther mein Schatz, du wirst doch Aron hoffentlich unsere Sprache lernen, ich möchte mich so gerne mit ihm unterhalten.
- Nein, ich denke nicht daran! Er ist Amerikaner! Wir sind Amerikanerinnen! Ich möchte nicht dass er fehlerhaft Englisch spricht! Es wäre später von Nachteil für seine Kariere.
Bis er sprechen kann bis du längst schon Tot.

Frau Rosenzweig überhörte Esthers letzte Worte.

- Du Sara? Möchtest du mit?

- Gerade Sara! Lachten die anderen zwei.

- Wieso? Bist du auch konvertiert? Das macht ja nichts mein Schatz, spazieren können wir trotzdem.

- Was soll der Quatsch? Du warst noch nie religiös. Spatzieren? mit dir? Schau dich an wie du ausschaust, du bist eine Schlampe. Ich will mich doch nicht blamieren!

- Sara, meine Süße was redest du denn?

- Glaubst du wir sind kleine Kinder die du wie rausgeputzte Affen durch die Stadt herumzeigen kannst?
- Was soll das heißen? Ich habe euch doch elegante Kleider gekauft…….
- Ich habe dich nicht darum gebeten!
- Und bitte verschone uns mit diesen bestickten Fetzen. Dieses furchtbare Umstandskleid habe ich sofort weggeworfen! Schrie Esther.


Judith ergriff das Wort.

- Mutter, ich bleibe noch ein paar Tage. Sollten wir nicht das Haus auf uns übertragen?
Damit wir nachher keine Scherereien haben?
- Judith meine liebe, das Haus ist doch nichts Wert, ich habe mich entschieden das Haus an das Mädchen zu übertragen. Ich habe es ihr noch nicht gesagt, aber ich war schon beim Notar. Ich brauche jemanden der sich um mich kümmert. Ich wollte euch nicht belasten, denn ihr habt ja eure eigenen Familien. Ihr habt ja so wunderschöne Häuser, ich wollte euch mit meiner Bruchbude nicht belasten.
-
- Bist du den Wahnsinnig geworden! Das ist dein Dank für die Hundert Dollar die wir dir Alljährlich haben zukommen lassen? Ist das dein Dank dass wir für deinen Geburtstag die teuere Reise auf uns genommen haben?



Sara ging aus dem Zimmer und schlug so heftig die Tür zu das ein Stück von der Mauer sich löste, sie glaube zu hören wie Sara: verreck…? Sagte.


So packten die Töchter ihre Sachen und verschwanden.

Frau Rosenzweig war völlig ahnungslos. Dieser Stadtviertel sollte abgerissen werden. Es sollten schicke, moderne Häuser entstehen.
Ein Investor bezahlte sehr beachtliche Summen für die Grundstücke.
Ihre Töchter hatten es schon lange von ihren ehemaligen Schulfreunden erfahren.
Manche von denen hatten sicht schon Grundstücke gesichert.

Frau Rosenzweig hätte sicherlich anders reagiert, wenn sie über ihre Töchter die Wahrheit gewusst hätte.
Sie waren auf gar keinen Fall die erfolgreichen Amerikanerinnen für die sie sich ausgaben.
Judith und ihr Mann waren in Folge der Wirtschaftskrise die Amerika nach den 11.09.2001 erschütterte, arbeitslos geworden.
Esther hatte es auch nicht viel besser, sie und ihr Mann lebten gerade so von einem Tag auf den anderen.
Sie hielten sich als Reinigungskräfte über Wasser.
Esther und ihre Schwestern fotografierten sich immer in den Häusern in denen sie gerade als Reinigungskräfte unterwegs waren.
Da stammten die Fotos her, mit denen Frau Rosenzweig ihre Wohnung tapezierte.
Sara war als „Begleitdame“ tätig, genauer gesagt war sie eine Dame aus dem Horizontalengewerbe.
OK, OK, sie war keine gewöhnliche Prostituierte wir könnten Sie als Edelnutte bezeichnen.
Ihr ging es finanziell noch am besten von allen.
Die Summe für die Reise hatten die drei Schwestern sich ausgeliehen.

Zugegeben hätten sie dass niemals!
Niemand scheitert im Land der unbegrenzten Möglichkeiten!
Scheitern ist verboten!


Das Mädchen kam rüber um ihr beim abwaschen zu helfen.
Frau Rosenzweig saß auf dem Stuhl und weinte, dicke Tränen kullerten über ihre Wangen.
Hatte Sie nicht ihr bestes gegeben?
Sie hatte den drei Töchtern das Leben geschenkt, und dabei ihr eigenes weggeworfen.

Das Mädchen wusste Bescheid. Sie legte den Kopf auf ihren Schoß und sagte:

-Weinen Sie nicht Frau Rosenzweig, ihre Töchter kommen bestimmt bald wieder. Erzählen sie mir lieber von Judith, Esther und Sara als sie klein waren…

Frau Rosenzweig fing an zu erzählen:
- Als Judith, Esther und Sara noch klein waren…..

Sie streichelte dem Mädchen den Kopf. Frau Rosenzweig fühlte wie ihr Herz blutete.
Ihr Herz war wie ein verdorrter Brunnen. Jahrelang schüttete sie eimerweise Liebe über ihre Töchter, einen einzigen Tropfen hatte sie noch am Boden des Brunnens übrig.
Dieser süße Nektar der Liebe, wurde für die Kinder zur klebrigen Masse, aus der sie sich zu befreien versuchten. Als sie es schafften, und in die große weite Welt flogen, klebte das Unglück an ihnen.
Es war so als hätte das wahre Leben, unerbittlich und mit voller Wucht zugeschlagen.
Und es war noch lange, lange nicht vorbei!

Das Mädchen bekam den letzten Tropfen dieser Liebe geschenkt, dennoch war er wertvoller als all die Eimer die Frau Rosenzweig über ihren Töchtern all die Jahre umsonst verschwendete.
Die Seele dieses Mädchens war seit ihrer Geburt auf einer langen Reise. Sie wanderte durch die Sahara und war schon am verdursten. Ihre Seele nahm diesen Tropfen dankend an.

Manchmal wenn ich über diese Geschichte nachdenke bin ich traurig.

Das Geheimnis der Liebe, so alt und doch so unerforscht!
Es verbindet mit dünnen seidenen Fäden, nicht mit dicken Seilen und schon gar nicht mit eisernen Ketten.
Sie setzt sich über Familienzugehörigkeiten, Verpflichtungen, Altersgrenzen und Rassenschranken einfach so hinweg! Erzwingen lässt sie sich nicht!

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