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- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - 2022-05-13
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Den Unterhaltungslustigen in gestreiften Pyjamas
Man sieht es an der Nase. Wie man einen „wohlsituierten“ Menschen an den Schuhen und dem Kragen erkennt, so erkennt man einen Trinker „an der Nase“. Das war der Maßstab der Generation 60. Heute werden solche Ausdrücke als „Schablone“ betrachtet, an der sich die Gesellschaft in jenen Jahreszeiten orientierte, als die Gärten voller Pflaumen waren, sehr vieler Pflaumen, und die sehr sortenreich. „Hast du gesehen, wie Nea Costin schwankt?“, fragte Mihăiță, der mich aus unergründbarer Scham zwang, wegzuschauen, wenn jemand schwankend an uns vorbeiging. Wir saßen den lieben langen Tag mal an der Chaussee, mal auf dem Feld und warteten auf etwas Namenloses. Nea Costin, Nea Gogu, nea Bobric, selten Nea Tudor aus der Vârteju-Chaussee waren kaum aus dem Bus gestiegen, als sie immer heftiger zu torkeln begannen, sich verstohlen umsahen und Pipi an die Elektrizitätsmasten machten – es gab nur Pfosten aus Holz, nicht aus Beton -, oder sie hielten sich an den Akazien, die die Zäune (auch sie aus Holz) stützten, fest, mit großem Aufwand versuchend, nicht „von den Beinen“ genommen zu werden. Groß war die Schande für sie und ihre Familien, wenn es ihnen nicht gelang, sich an dem festzuhalten, was sie gerade erwischt hatten. Wenn einer von ihnen hinfiel und sich quälte aufzustehen, quiekten die Kinder vor Freude und drängten sich, um alles zu sehen, den großen Mann ganz ausgestreckt, den sie eigentlich respektieren und mit „Küss die Hand“ grüßen sollten. „Nein, ich habe sie nicht gesehen aufrecht gehen. Aber du?“ „Doch, Nea Costin ging aufrecht an jenem Sonntag, als der Sektorist kam, ich Eier mit Majonäse von deiner Mutter gegessen habe, Nea Sandu auf der mit Draht am Ende zusammengehaltenen Geige spielte und alle zur Wahl gingen. Weißt du nicht, heda, an jenem Sonntag?“ „Heda, damals habe ich eine neue Mütze vom Marktplatz bekommen und Vater hat die andere Pelzmütze aus dem grauen Fell getragen. Ja, heda, damals!“ An jenem Sonntag ging Nea Costin aufrecht wie wir alle, die einer nach dem anderen zur Wahl gingen. Wir Kinder wussten nicht was eine „Wahl“ ist, aber wir gingen wie am Feiertag, alle waren sonnigen Gemüts, alle in Sonntagskleidern, es konnte also nur etwas „Gutes“ sein. Es wurde in der Schule des Stadtteils gewählt, dieses kleine Haus, das sie zu diesem Anlass geweißelt hatten. Überall roch es nach kaltem und frischem Kalk und klebriger Farbe, mit der man in aller Eile die Fenster gestrichen hatte, die aussahen, als würde man sie nicht mehr lange öffnen können. Es war niemand da, der sich darüber Gedanken machen sollte, dass sie auch irgendwann mal geöffnet werden müssten. Es war so und so sehr zum Staunen, wie diese Männer Abend für Abend nach Hause kamen, unversehrt. Man hörte dann einige Schreie aus jedem Hof, im Schatten des Zaunes, die Hunde bellten, einige versteckten sich auch. Durch den Bretterzaun lugten Kindernasen oder schwarze Batiktücher neugieriger Frauen. Die Nase sieht man auf den ersten Blick, und ich weiß nicht, warum früher die eine immer größere Nase bekamen, die mehr tranken und deren Augen sich im Kopf verloren, ihr Blick gutmütig und abwesend. Diese Männer sprachen wenig. Ihre Rede war morgens kurz und gegen Abend verloren sie sich in Gedanken, die sie vor uns Kindern philosophisch zerlegten mit weit ausholenden Gesten, aber unkoordiniert vom Brausen der Schnäpschen in den Venen. Abends kamen sie nicht in diesen gestreiften Pyjamas vors Tor, sie waren schon zu müde und gingen philosophisch mit ihrem ganzen Leben zu Bette, die Abende so verschwendend. Die Weintrinker hatten abends viel Energie und begossen pfeifend die Blumen. „Da schau her, er pfeift auch noch sein Trübsallied“, hörte man Tanti Lila, die sich trotz ihrer Gebrechlichkeit an den Zaunbrettern festklammerte, die Haare erschrocken unter das Kopftuch steckend und links und rechts Ausschau nach einem eventuellen Adressaten dieses Gejammers haltend. „Hei, was hast du, weil du pfeifst … Der Abend ist nicht gut! … Wie es nicht gut in der Kirche ist, ist es schlecht um euch und eure Mütterchen bestellt, die euch nicht beigebracht haben, wie schlecht dieses Pfeifen ist … Tja, Mütterchen, wir und die meinen haben alle Pfeifen des Dorfes bezahlt … Ja, Mütterchen, das Pfeifen bringt dich um … Was wisst Ihr?“ „Was willst du, Tanti Lilo? Warum soll ich nicht pfeifen?“, antwortete ein Jüngling im Pyjama und mit roten Augen und feiner Stimme … Ich war auf der Hochzeit und habe gesungen und schau her jetzt sitze ich auf dem Stein und pfeife … Wenn es dich stört, geh doch ins Haus … Oder gehört die Straße dir?“, antwortete der Jüngling, vertieft in sinnloses Gießen am Straßenrand. Dieser Junge war nichts Außergewöhnliches. Fast alle, die nicht mehr zur Schule gingen und irgendeine Berufsschule nicht abgeschlossen hatten, hielten sich für sehr geschult. Im gestreiften Pyjama in der Abenddämmerung angeberisch herumzuspazieren, am Straßenrand Tricktrack spielen, während die Frauen ihre Hühner zusammentrieben, die Straße fegten oder, die mit Arbeitsplätzen, mit Tragetaschen schwer beladen vom Dienst kamen, war ein großes Reifezeugnis. Nur die „wahrhaftigen“ Männer brachten den Mut auf, in Turnhemd und Pyjamahose durch ihre Straße zu marschieren. Ja, den ganzen Abend verbrachten sie auf der Straße, großmäulig Urteile über den einen oder anderen fällend und sich mit den alten Frauen, die nicht auf die Straße traten und notwendige Arbeiten ums Haus vorgaben, über die Zäune unterhaltend. Die Jugendlichen, die noch Zurka* spielten oder in Berufsschulen waren, hatten kurze Hosen, so abgeschabt, dass man nicht wusste, wie sie vorher aussahen. Einige hatten keine Knöpfe, ja, ja, ich habe es mit eigenen Augen gesehen, sie hatten eine Schnur, manchmal sogar einen Draht, um den Stoff zusammenzuhalten. Die Schuster hatten Tag und Nacht Arbeit, denn die Menschen brachten ihre Schuhe mehrmals im Jahr zum Besohlen. Einige ließen die Absätze mit Eisen beschlagen und trampelten durch die ganze Stadt. Aber damals staunte sich niemand und es störte auch nicht. Stellt euch vor, Ihr würdet heute diesen metallischen Lärm vernehmen! Aber nur mit einwandfreien Absätzen und einem, dank dieser Wale, so steifen Kragen, dass er dich kratzte, konnten die Männer sich als „jemand“ oder wahrlich „in ihrem Element“ fühlen. Die Trinker konnten ihre Physionomie nicht ändern, sondern die Physionomie änderte sie. Ich frage mich, was das für ein Alkohol gewesen sein muss, wo so viele eine rote und große Nase hatten, die ihnen mitten im Gesicht stand und es ganz ausfüllte, während die Haut schlaff war. So war es bei Nea Costin, Nea Gogu, Bobric oder beim General Mater. Einige wenige hatten auch einen Bauch, aber die anderen hatten kaum genug zum Essen, nur an Feiertagen, wenn tagelang gegessen wurde. Und sagen Sie nicht, Sie hätten viele Leute in der Tramway gesehen, die ihre Nase in ein Taschentuch geschnäuzt haben. Im Winter war es ein Spektakel und dann konnte ich nicht mehr und erzählte Mutter, wie Menschen, die sich erwachsen dünkten, also der Sektorist oder Genosse Stellvertreter, in der Haltestelle standen und einfach in den Wind schnäuzten. Ja, sie pressten ihre Nasen aus, als wären sie nicht die ihren, und alles, was sie auspressen konnten, warfen sie um sich, und die Leute in der Haltestelle traten zur Seite. Niemand sagte ein Wort. Es war normal. Nur ich hatte die Taschen voll mit Taschentüchern, die Mutter wusch, bügelte und in einem Schrank mit Lavendel in Seidensäckchen hielt, nicht dass Motten sie angreifen konnten. Pa, auch wenn sie angriffen, schafften sie es in einem Jahrzehnt nicht, sich durch alle Fächer, millimetergenau vollgestapelt und voller Seifen, damit sie ja gut riechen, vorzuarbeiten. Jedes Fach hatte obligatorisch an der Seite ein kleines Bändchen, das jemand speziell für die Fächer in den Schränken genäht hatte. Kleiderschränke, Küchenschränke, Fächer, Tafelgeschirr, Schränkchen für Nähsachen und Schränkchen für die Bürsten und die Haarutensilien sowie ein noch kleineres Schränkchen für die Schuhpflege. Dieser Brauch, die Fächer zu schmücken, wie auch die Überzüge der Kissen mit Texten und verschiedenen Vögeln zu besticken, hatte Mutter aus Siebenbürgen mitgebracht, denn hier in Rahova habe ich das bei anderen nicht gesehen. Aber hier hatten alle Quasten an den Schrankschlüsseln oder einen oder zwei große Fische aus buntem Glas mit ungewöhnlich großem Maul, und an den Fenstern konntest du Kunststoff- oder Papierblumen sehen; oft der einzige Farbfleck in dieser in graue Farben gehüllten Welt. „Mutter, warum haben wir keine Quasten am Schrank, aber Spitzen im Schrank?“, habe ich gefragt, nicht aus Neugierde, sondern weil ich mir wünschte, dass wir auch farbige Quasten haben, wie ich bei den anderen Kindern sah. „Um Gottes Willen, das ist nicht schön, wir werden nicht etwas an die Schlüssel hängen, nur so, weil alle Welt so etwas hat, Schlüssel ist Schlüssel, das ist kein Nippes, hörst du, Quasten, die stören … Bei mir in meinem Siebenbürgen gibt es so etwas nicht, und was die hier machen, machen wir nicht.“ Nicht nur einmal habe ich sie gebeten, dass auch wir Quasten anbringen, rote oder weiße, entweder sie pendelten hin und her oder die Katze hätte mit ihnen gespielt … Mutter wollte nicht und fügte noch aufgeregt an: „Und wie soll ich die waschen? Sie sind so klein, ich habe genug für die Feiertage zu waschen, Makramees und Kissen.“, Ja, es gab viel zu waschen und bügeln und ich glaube nicht, dass man die Quasten waschen und bügeln konnte. So kam es, dass unsere Schränke überhaupt keinen Schmuck hatten und auch die Glasfische thronten nicht auf dem Fernseher oder auf dem Fensterbrett, wo du die Jahreszeiten nach der Menge von toten Fliegen oder den verhungerten Spinnen zwischen der Verglasung der Doppelfenster zählen konntest … und ich habe mir sie sehr gewünscht, denn dort glänzten diese Schmuckstücke sehr schön – in den Zimmern mit niedrigem Plafond und kleinen Fenstern. [aus dem Rumänischen von Anton Potche] *Worterklärungen - Zurka* = Kinderspiel mit einem an beiden Enden zugespitzten Stäbchen und einem Stock |
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