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Bei der Granatapfelernte in Rahova – 33
prosa [ ]
Erinnerungsroman von Anni-Lorei Mainka [Almalo ] (1958 - 2014)
Serien: Übersetzungen

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von [Delagiarmata ]

2022-01-14  |   

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Über Sommer und Ferien - Teil 4

Ich habe im Sommer 1977 Vater im Schloss Pelesch besucht. Die Arbeiter aus der Bukarester Fabrik Energo Reparații* machten eigentlich Urlaub in den Räumen und Gärten des Schlosses, wie kein normal Sterblicher es sich erlauben konnte. So streifte ich einen ganzen Sommer lang durch die Täler und Wälder der Südkarpaten, stieg in jedem Bahnhof aus und ging in Buchhandlungen, wo ich seltene Ausgaben aufspürte. Zum Beispiel Kleines Enzyklopädisches Wörterbuch, das ich einige Sommer zuvor in Sulina gesehen hatte. Ich weiß nicht, wer diese drei Exemplare an einem Tag erworben hat. In Sulina wohnten anscheinend nicht nur Fischer und Häftlinge, sondern auch Leute, die in Enzyklopädien schmökerten.

Also hier in Sinaia müssen einige Exemplare gelandet sein. Ich fand das Kleine Enzyklopädische Wörterbuch in einer Ecke zwischen Gummistiefeln, groben Schnürschuhen und vom langen mit der Vorderseite den Bergen zugewandten Liegen in der Vitrine verblassten Ansichtskarten. Hier warteten auch brav die Gedichtbände von Lenau, ein von Vielen vergessener, aber von jenen, die ihn gelesen haben, im vorderen Regal aufbewahrten Banater Dichter, dann russische oder DDR-Ausgaben von Wörterbüchern. Es waren seriöse Bücher, kartoniert und leicht zu handhaben. Die Farben der Einbände ließen zu wünschen übrig, aber das war damals nicht wichtig. Entscheidend war, dass du dein Wörterbuch hattest, um nicht die Abende in Bibliotheken zu verbringen oder sich gar in der Fakultät, die abends auch der gleichen übertriebenen Romantik mit Strom- und Heizungsausfall unterlag, Konspekte zu machen.

Vor dem Schloss herrschte Ruhe. Nicht Viele kamen bis ans Tor. Die Milizmänner, die es bewachten, blickten in den Wald mit einem Ausdruck großer Sicherheit. Niemand konnte so verrückt sein, das Schloss anzugreifen, in welchem ab und zu die Heizung höhergestellt und die Kronleuchter für die Gäste aus anderen Ländern, denen Präsident Nicolae Ceaușescu sein schönes Feriendomizil am Fuße der Berge zeigen wollte, zum Leuchten gebracht wurden. Das Schloss verdient es, gesehen zu werden. Man konnte Bilder aus der ehemaligen königlichen Sammlung bewundern, originale Möbel, Vorhänge, die in Wellen herunterhingen und mit Zwirn der Zeit genäht waren. Aber mit was dieses Schloss am stärksten imponierte, waren die Berge mit ihrer einzigen Bestimmung: Es ewig zu schützen, von dort oben über den Wolken, also aus dem Himmel mit dem Schatten des Schnees.

Wenn ich zum Piscul Câinelui*oder zum Babele* aufbrach, nahm ich ein Ein-Kilogramm-Weckglas mit geriebenen Äpfeln, das, ich weiß genau, 1,50 Leu kostete, und einen frischen Krautkopf von den Bauern auf dem Sinaia-Platz für 1 Leu und ein Buch mit.

Vater hatte beschlossen, dass eine Tagesration Essen nicht mehr als 5 Lei kosten darf. In den vorherigen Sommern machte er in Sulina die Rechnung, dass sogar 3 Lei ausreichen würden. Er gab mir das Geld und ich musste damit zurechtkommen. Er aß in der Kantine, im Restaurant oder bei verschiedenen barmherzigen Blondinen. Nein, ich habe keine Fragen gestellt, habe das Geld genommen, und eingeteilt, wie ich eben konnte. Ich weiß nicht, wie ich es fertiggebracht habe, aber damals reichte es sowohl für die Nahrung als auch noch für Bücher. Und wenn ich nichts mehr hatte, ging ich zu Fuß.

Ich beneidete diejenigen, die es sich leisten konnten, mit der Seilbahn auf den Piscul Câinelui zu fahren. Aber das habe ich schon einmal erzählt. Ich brach morgens auf und kehrte abends zurück. Selten nahm ich die Route über Bușteni. Dieser Weg war steil, steinig, gefährlich und, wer ihn kennt, weiß, dass er auf den ersten Blick gar nicht so scheint, dich dann aber langsam, aber sicher in seinen Bann zieht. Als Beweis gelten die vielen Kreuze all jener, die gescheiter als der Berg sein wollten. Allein habe ich mich nicht weiter vorgewagt als bis zum Babele, der Caraiman-Hütte und dann zum Kreuz. Bis zum Omul-Gipfel habe ich es nie geschafft. Dort im Nebel begegnete ich oft denselben Hirten, die ein ganz anderes Leben als wir führten. Wir unterhielten uns gemütlich, sie fragten nach Neuigkeiten aus dem Tal. Dann nahmen sie zum Abschied ihre Fellmützen ab, grüßten mit „Einen guten Tag“ und zogen mit ihren langen Hirtenstäben und umgeben von ihren Hunden, die nicht so böse waren, wie sie es zu sein schienen, weiter. Ja, die Hunde, die meisten mit weißem oder schwarzem Fell, hielten die Schafe zusammen und spitzten die Ohren, wenn der Schafhirte ihnen etwas zurief oder pfiff … natürlich in ihrer Sprache.

Von einem der Schäfer kaufte ich mir ein selbst gewebtes Wollhemd. Man mähte noch und verarbeitete Wolle und Felle in den Häusern der Karpatentäler. Ich habe auch ein Täschchen aus braunem Leinenzeug, eine warme Farbe, von einem Schäfer gekauft, der noch bedächtiger und in sich gekehrter war als die anderen. Ich habe es heute noch. Es hat außen einen kleinen Geldbeutel, auf den er mit einer großen Nadel den „Kuss“ von Brânncuși gezeichnet hat. Er wusste nicht, was er dafür verlangen sollte. Ich habe ihm mein ganzes Geld gegeben, 55 Lei, erinnere ich mich, aber das Täschchen war so schön, dass mir diese Summe zu gering vorkam. Berücksichtigt man, dass das Leinenzeug aus den Karpaten auch heute unverändert ist, dass es die Welt gesehen hat, war es das Geld wert, das der Hirte bescheiden in eine Tasche seines nach Schaf riechenden Pelzes gesteckt hat.

Vater hat nicht gefragt, was ich esse, wo ich bin, er begrüßte mich morgens beim Frühstück. Das Leben schien langsam voranzuschreiten, die Zeit wurde vom Licht bestimmt, vom Nebel und den Traditionen dieser Gegend. Dort oben blühten überall Rhododendrons. Die Hirten hüteten ihre Tiere mit Sorgfalt. Sie lebten oben in den Bergen und stiegen nur herab, um ihre Ware zu verkaufen. Diese zwei Welten kreuzten sich nur selten.


[aus dem Rumänischen von Anton Potche]


*Worterklärungen
- Energo Reparații = Energo Instandhaltung
- Piscul Câinelui = Bergspitze (1650 m), Südkarpaten
- Babele = drei Felsformationen im Bucegi-Gebirge (2216 m), Südkarpaten


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