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Die Legenden der lebendigen Dämonen
persönlich [ ]
Günther von Hagen in der Pressenauschnitten

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von [Clarissa ]

2004-10-29  |     | 



Ausstellung der Körperwelten
Streit spitzt sich zu
Berlin (tdh) - Die Auseinandersetzungen um die Ausstellung Körperwelten spitzt sich zu. Seit dem 10. Februar sind im Postbahnhof am Berliner Ostbahnhof etwa 200 echte menschliche Präparate - Organe, transparente Körperscheiben und ganze Körper - zu sehen, die mittels eines neuen Verfahrens, der so genannten Plastination, hergestellt wurden. Während die Kirchen ihr kritisches Begleitprogramm, zu dem Diskussionen und Ausstellungen gehören, mit einem Requiem für die Toten der Ausstellung eröffnet haben, hat Gunther von Hagens, Erfinder der Plastination, die Kritik seitens der Kirche zurückgewiesen.
Der Rektor der Katholischen Akademie Berlin, Dr. Ernst Pulsfort, hatte Hagens vorgeworfen, er spiele mit menschlichen Leichen wie mit Puppen. Die Ausstellung sei ein Tabu-Bruch. Angemessenste Reaktion sei die Feier des Requiems. Auch Berlins Erzbischof, Kardinal Georg Sterzinsky, kritisiert Hagens: Wer Leichen als Kunstobjekte missbrauche, begehe Tabu-Bruch, handle pietätlos und verletzte die Würde Verstorbener.
Hagens bezeichnete Pulsfort als "Scharfmacher". Die Feier der Totenmesse missachte das Vermächtnis der Verstorbenen. Unter den Körperspendern seien Atheisten, die ihren Körper bewusst zur Verfügung gestellt hätten, um nach dem Tod nicht "Andachtsbetern" in die Hände zu fallen. Die Kritik sei aber Anlass, um noch während der Ausstellung mit der Aufstellung eines Obelisken an die lebenden und toten Körperspender zu erinnern.
Im Internet: www.erzbistum-berlin.de (kirchliches Programm
Streit um "Körperwelten"-Ausstellung spitzt sich zu
- Organisatoren ziehen nach Verbot erneut vor Gericht
Der Streit um die "Körperwelten"-Ausstellung in München spitzt sich zu: Nachdem die Organisatoren vor das Verwaltungsgericht der bayerischen Landeshauptstadt zogen, gab die Stadt ihren endgültigen Verbotsbeschluss bekannt. Danach ist die umstrittene Ausstellung in München wegen ihres "Event-Charakters" verboten, der sowohl die Würde der Verstorbenen sowie die Würde der Lebenden verletze. Das Institut für Plastination hatte zuvor beim Verwaltungsgericht einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen das Verbot gestellt.
Wie die Stadt München mitteilte, begründet sie das Verbot der vom 22. Februar bis 9. März und 21. März bis 15. Juni geplanten Ausstellung im ehemaligen Radstadion im Olympiapark mit Verweis auf einen Verstoß gegen das Bestattungsrecht sowie die im Grundgesetz verankerte Menschenwürde. "Die vom Veranstalter gewählte Präsentation der Leichen sowie die Begleitumstände der Ausstellung lassen auf einen auf Sensation, Publikumswirksamkeit und Kommmerz ausgerichteten 'Event-Charakter' schließen.". Damit sei die Ausstellung im gesamten Stadtgebiet unzulässig. Außerdem verbiete der Bebauungsplan des Radstadions, dass dort länger als vier Monate eine nicht-sportliche Nutzung erfolge.
Die "Körperwelten"-Sammlung Gunther von Hagens zeigt rund 25 plastinierte Leichen sowie etwa 2000 präparierte Leichenteile. Nach dem Startschuss 1996 in Japan zog sie mit den konservierten Leichen unter anderem nach Mannheim, Basel, Berlin, Köln und Brüssel. Auf der vorerst letzten Station in London hatte von Hagens erstmals eine Leiche öffentlich auseinander genommen. Eine derartige öffentliche Sezierung plant von Hagens auch in München. Dies will die Stadt ebenfalls verbieten.
11. Februar 2003 - 17.37 Uhr
© AFP Agence France-Presse GmbH 2003

Rechts-Gutachten von Prof. Friedhelm Hufen
1) Gutachtenauftrag – Problemstellung

1. Gegenstand des Rechtsgutachtens
Gegenstand des vorliegenden Rechtsgutachtens sind der verfassungsrechtliche Status der Ausstellung „Körperwelten“, deren Schöpfers, Prof. Dr. Gunther von Hagens sowie das durch die Stadt München am 10.02.2003 ausgesprochene und am 13.02.2003 modifizierte Verbot der Ausstellung.

Die Ausstellung „Körperwelten“ besteht aus „Plastinaten“ verstorbener Menschen. Plastination ist eine wissenschaftlich entstandene und ständig weiterentwickelte Konservierungstechnik, durch die dem organischen Gewebe menschlicher und tierischer Leichen Wasser und lösliche Fette entzogen und durch spezielle Kunststoffe ersetzt werden (Einzelheiten bei Wetz/Tag, Schöne Neue Körperwelten – Der Streit um die Ausstellung, (2001), S. 7). Plastination bewirkt eine Transformation vom Leichnam zum Plastinat, dessen Kennzeichen Unverweslichkeit und Anonymisierung sind. Teilweise werden den Plastinaten Gestalten als „Läufer“, „Schachspieler“, „Reiter“ usw. gegeben; es handelt entweder sich um Ganzkörperplastinate oder um Plastinate einzelner Organe und Organsysteme.

Die Ausstellung „Körperwelten“ wurde unter großer Publikumsteilnahme seit 1997/98 von Behörden und Gerichten unbeanstandet in deutschen und ausländischen Städten gezeigt. Die Aussteller geben an, dass insgesamt etwa 11 Millionen Menschen die Ausstellung gesehen haben.

Die Methodik der Plastination und insbesondere die öffentliche Ausstellung waren von Anfang an von erheblichen ethischen, später auch juristischen Diskussionen begleitet (Hierzu der Katalog der Ausstellung; Wetz/Tag, Schöne Neue Körperwelten [2001]). Während viele der Besucher durch die Unmittelbarkeit des Eindrucks und die Originalität der Körper beeindruckt sind, äußersten Ethiker und (Kirchen-)Juristen Bedenken im Hinblick auf Verstöße gegen die Totenruhe und die Pietät. Der tote Mensch werde zum Schauobjekt gemacht, die Ausstellung verletze kulturelle und ethische Tabus und letztlich die Würde der Verstorbenen und das sittliche Empfinden der Lebenden.

Andere Ethiker und auch Mediziner sehen in der Ausstellung eine Möglichkeit des Erkenntnisgewinns über Strukturen und Funktionen des (eigenen) menschlichen Körpers, der „Überwindung des Ekels“ und damit letztlich der Angst vor dem Tod und der Verdrängung des Todes.

2. Das Verbot der Ausstellung
Während die Ausstellung „Körperwelten“ an ihren verschiedenen Orten unbeanstandet blieb, beschloss das Plenum des Stadtrats der bayrischen Landeshauptstadt München am 29. Januar 2003 das Verbot der Ausstellung. Dieses wurde mit Verwaltungsakt vom 10.2.03 11 Tage vor der geplanten Eröffnung dem Institut für Plastination bekanntgegeben und am 13. Februar 2003 neu gefasst. Hinsichtlich des Verbots wurde der Sofortvollzug angeordnet und im Falle eines Zuwiderhandelns unmittelbarer Zwang angedroht. Das Verbot wurde im wesentlichen damit begründet, bei den Plastinaten handle es sich um menschliche Leichen, die dem Bestattungszwang nach Art. 1 I des Bayerischen Bestattungsgesetzes (BayBestG) unterliegen. Die Ausstellung stelle eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung durch unangemessenen Umgang mit Leichen im Sinne von Art. 5 BayBestG dar. In der Zurschaustellung liege ein Verstoß gegen die Menschenwürde (Art. 1 I GG). Auf die Wissenschaftsfreiheit könne sich der Aussteller nicht berufen, da es sich nicht um eine wissenschaftliche Einrichtung im Sinne von § 19 Abs. 3 BestVO handle. Selbst wenn die Wissenschaftsfreiheit einschlägig sei, so sei diese durch das vorrangige Gebot der Wahrung der Menschenwürde eingeschränkt.

Gegen diesen Bescheid hat die Betroffene Widerspruch eingelegt und die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 VwGO beantragt. Das Bayerische VG hat durch Beschluß vom 18.02.2003 die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung und eine Beiladung des Prof. von Hagens abgelehnt. Die im Vorfeld der Entscheidung angedrohte Beschlagnahme und Vernichtung der Plastinate durch die Stadt ist zumindest derzeit nicht mehr aktuell. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (Az. 4 CS 03.462) hat auf die Beschwerde der Antragsteller am 21. 2. 2003 die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs mit wenigen einschränkenden Auflagen wiederhergestellt, sodass die Ausstellung in München gezeigt werden kann.

Mit dem Verbot folgt die Stadt München vereinzelt in der rechtswissenschaftlichen Literatur erhobenen Forderungen (insbesondere Thiele, NVwZ 2000, 405; ansatzweise auch Benda, NJW 2000, 1769). Ebenso vorhandene Gegenstimmen (Tag, MedR 1998, 387; Bremer, NVwZ 2001, 167ff.) hatten offenbar keine Wirkung auf die Entscheidung.

3. Problemstellung
Nach der Fallkonstellation und auch nach allgemeinen verfassungs- und verwaltungsrechtlichen Grundsätzen geht es nicht darum, ob die Ausstellung von Plastinaten menschlicher Körper „erlaubt“ ist. Es gibt keinen Erlaubnisvorbehalt für derartige Ausstellungen. Gefragt ist vielmehr umgekehrt, ob ein Verbot der Ausstellung verfassungsgemäß ist. Verfassungswidrig ist das Verbot, wenn es einen Eingriff in den Schutzbereich eines Grundrechts darstellt, ohne seinerseits durch die Verfassung oder (bei Vorliegen eines Gesetzesvorbehalts) durch ein Gesetz gerechtfertigt zu sein. Ein Eingriff liegt nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG auch dann vor, wenn bei der Anwendung einfachen Rechts – wie hier des Bestattungsrechts – die Geltung eines oder mehrerer Grundrechte verkannt wurde. (BVerfG, NJW 1998, 519, 521; BVerfGE 85, 248 [257f.]). Die Regeln des einfachen Gesetzesrechts sind dabei nach Maßgabe der Grundrechte, nicht umgekehrt die Grundrechte nach Maßgabe des einfachen Rechts auszulegen.

4. Aufbaufragen
Der Aufbau des folgenden Rechtsgutachtens entspricht der verfassungsrechtlichen Fragestellung. Geklärt wird zunächst, ob und inwiefern die Ausstellung und ihr Schöpfer in den sachlichen und persönlichen Schutzbereich von Grundrechten fallen (II). Sodann werden die denkbaren Eingriffe herausgearbeitet (III). und gefragt, ob diese Eingriffe verfassungsrechtlich gerechtfertigt sind (IV.)

Demgegenüber offenbart der Bescheid der Stadt München schon im Ansatz die Qualität, aber auch die Gefahr eines vor allem verwaltungsrechtlich orientierten Prüfungsansatzes. Geradezu schulmäßig fragt die Begründung des Bescheids zunächst nach der einfachgesetzlichen Befugnisnorm und prüft deren Voraussetzungen. Die entscheidenden Begriffe „Leiche“, „würdige Behandlung“, „wissenschaftliche Einrichtung“ usw. werden nahezu stereotyp anhand des einzigen in der Praxis gebräuchlichen Handbuchs (Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, 8. Aufl. (2000)) entwickelt und subsummiert. Die Grundrechte spielen erst unter dem Stichwort „Verstoß gegen sonstiges Recht“ ganz am Schluss eine Rolle und werden dort in die bereits gefundenen Definitionen „einsortiert“. Der Argumentationszirkel ist damit geschlossen: Es handelt sich nicht um eine wissenschaftliche Ausstellung, da es um Leichen mit Bestattungszwang geht; der Schutzbereich der Wissenschaft ist nicht eröffnet, da die Ausstellung keine „wissenschaftliche Einrichtung“ im Sinne von § 19 III BestVO ist; die Menschenwürde ist verletzt, da in der Ausstellung von Leichen eine unwürdige Behandlung nach Artikel 5 BestG liegt usw.

Schon in diesem Ansatz wird deutlich, dass der Bescheid den Auftrag verfassungskonformer Interpretation und die Ausstrahlungswirkung der Grundrechte auf die Anwendung einfachen Rechts verfehlen muss (BVerfGE 7, 198, 205; Dreier, GG, Kommentar, Vorbemerkung zu Art. 1 Rn. 57). Nicht die Verfassung erhält prägende Kraft für die Falllösung, sondern die formelhaft interpretierten und wiederholten Begriffe des Bestattungsrechtes bestimmen umgekehrt die Interpretation der einschlägigen (bzw. für nicht einschlägig erklärten) Verfassungsnormen. Auf diese Weise werden z.B. die heikle Abgrenzung zwischen Leichenbegriff und wissenschaftlich geschütztem Präparat, und die Definition der wissenschaftlichen Einrichtung schon im Ansatz verfehlt.

In der Folge ist dagegen zunächst zu klären, ob und inwieweit der Schutzbereich der Wissenschaftsfreiheit, ggf. auch der Kunstfreiheit und weiterer Grundrechte, einschlägig ist und in welche Grundrechte das Verbot der Ausstellung eingreift. Erst dann kann gefragt werden, ob und inwiefern diese Rechte durch Normen des Bestattungsrechts und Verfassungsnormen eingeschränkt werden können.


Eingriffe in Grundrechtspositionen

1. Wissenschaftsfreiheit/Kunstfreiheit
Das vorliegende Verbot der Ausstellung und jedes das Verbot bestätigende Gerichtsurteil stellen direkte und gezielte Eingriffe in die Wissenschafts-, bzw. die Kunstfreiheit dar.

2. Eigentum
a. Die Eigentumsgarantie des Grundgesetzes schützt auch die Nutzung des Eigentums. Ein unmittelbares Verbot der Nutzung stellt zwar keine Enteignung im Sinne von Art. 14 III GG, sehr wohl aber einen Ausdruck der Sozialbindung des Eigentums dar, der nach der Rechtsprechung des BVerfG auf seine Verhältnismäßigkeit zu untersuchen ist (BVerfGE 52, 1, 30ff.; 88, 366, 377; 101, 54, 75).
Jede Inhalts- und Schrankenbestimmung muss dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen (BVerfGE 76, 220, 238; 92, 262, 273).

b. Eine Beschlagnahme oder „Zwangsbestattung“ der Exponate wären ein direkter und gezielter Entzug des Eigentums und damit eine Enteignung im Sinne von Art. 14 III GG (BVerfGE 58, 300, 324; 70, 191, 199) und wären deshalb nur auf gesetzlicher Grundlage und gegen Entschädigung verfassungsrechtlich möglich (Art. 14 III GG).

3. Informationsfreiheit
Durch das Verbot der Ausstellung wird interessierten potentiellen Besuchern der Zugang unmöglich gemacht. Sie können somit nicht zu einer allgemein zugänglichen Informationsquelle gelangen. Darin liegt ein Eingriff in die Informationsfreiheit.

4. Ungleichbehandlung
In einem ausschließlich auf die Ausstellung „Körperwelten“ bezogenem Verbot läge gegenüber anderen anatomischen Ausstellungen in privaten und öffentlichen Museen sowie in Universitäten eine zumindest tatbestandsmäßige und rechtfertigungsbedürftige Ungleichbehandlung.
4) Rechtfertigung der Eingriffe – Schranken der Grundrechte

1. Allgemeines
Liegt ein Eingriff in ein Grundrecht vor, so bedarf dieser der Rechtfertigung. Es ist also nicht etwa so, dass der Grundrechtinhaber sich dafür rechtfertigen muss, von seinem Grundrecht Gebrauch zu machen oder die Eignung und Erforderlichkeit der Plastinate für die Zwecke der Wissenschaft nachweisen müsste.

So aber der schon aufbaumäßig und methodisch unhaltbare Ansatz von Thiele, NVwZ 2000, 405, der gleichwohl für die Stadt München zum „Kronzeugen“ der Verfassungswidrigkeit der Ausstellung genommen wird; wesentlich differenzierter und Ergebnis keineswegs so eindeutig, wie von der Stadt München behauptet, Benda, NJW 2000, 1769ff.).

Als Grundrechtseingriff bedarf das Verbot der Ausstellung zunächst einer ihrerseits verfassungskonformen gesetzlichen Grundlage . Als solche kommen – als Spezialrecht vorrangig – Normen des Bestattungsrechts und des allgemeinen Polizei- und Sicherheitsrechts in Betracht. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (seit BVerfGE 7, 198, 205) sind die gesetzlichen Schranken dabei ihrerseits im Lichte der Bedeutung der Grundrechte anzuwenden. Wird diese Bedeutung verkannt, so ist der Eingriff in das Grundrecht nicht gerechtfertigt und verletzt den Betroffenen in seinem Grundrecht.

2. Eingriffsgrundlagen des Bestattungsrechts
Ihren Eingriff sieht die Stadt München vor allem gerechtfertigt durch Art. 1 Abs. 1 BayBestG (Bestattungsgebot für Leichen), Art. 5 (Gebote beim Umgang mit Leichen) und § 19 I BestV (zeitliche Konkretisierung des Bestattungsgebots). Beide Gerichtsbeschlüsse im laufenden Verfahren halten das Bestattungsrecht für anwendbar. Der BayVGH sieht die Voraussetzungen von Art. 5 BayBestG allerdings weitgehend als nicht gegeben an.

Die genannten Vorschriften setzen aber voraus, dass es sich bei den Exponaten der Ausstellung „Körperwelten“ um Leichen bzw. Leichenteile (Art. 6 III BestG) handelt. Abgestellt wird dabei auf immer wieder zitierte Kommentarstellen (Gaedke, Handbuch 3. Aufl. S. 119 und Klingshirn, Bestattungsrecht in Bayern, erl. I Rn. 2). „Leiche“ sei der Körper eines Verstorbenen, solange sein Zusammenhang durch den Verwesungsprozess oder auf andere Weise noch nicht völlig aufgehoben ist. Nach dieser Begriffsbestimmung seien Ganzkörperplastinate Leichen, da gerade durch die Plastination der Verwesungsprozess aufgehalten werde. Auch Mumien seien „Leichen“.

So unter Bezugnahme auf eine in den Konsequenzen freilich nicht sehr reflektierte Entscheidung des OVG Koblenz vom 26.3.1987, DÖV 1987, 826. Dort wird offenbar nicht bedacht, dass die zahlreichen in Museen und Kirchen ausgestellten Mumien und Reliquien bis hin zum „Ötzi“ als Leichen der Bestattungspflicht unterliegen würden).

Obwohl in den genannten Literaturstellen und im Bescheid der Stadt München vor allem auf den Zweck des Bestattungsrechts abgestellt wird, wird ein vermutlich wichtigeres Element des Leichenbegriffs, die Individualität und Identifizierbarkeit der Leiche als verstorbene Person, selten genannt. Dabei sind es gerade Individualität, fortbestehende personale Identität und Erkennbarkeit, die den besonderen Umgang mit Leichen rechtfertigen und erfordern und damit den entscheidenden Unterschied zum entindividualisierten, entpersonalisierten Präparat bzw. Plastinat ausmachen. Leichen als Körper eines Verstorbenen bewahren ihre Individualität und ermöglichen dadurch Trauer und Mitgefühl. Sie erfordern in der Rechtsordnung die Wahrung der Würde und der Totenruhe. Dagegen bedeutet die Plastination gerade nicht nur die dauerhafte Konservierung, sondern auch die dauerhafte Entindividualisierung und Entpersonifizierung des Körpers. Der Körper des Toten wird nicht nur konserviert, er wird in eine neue Gestalt transformiert und damit von seiner früheren Personalität und Individualität „entkoppelt“. Schon damit handelt es sich nicht mehr um „Leichen“ im Sinne des Bestattungsrechts.

Zum gleichen Ergebnis kommt eine verfassungskonforme, d.h. auf die Belange der Wissenschaft abstellende, Interpretation des Begriffs der Leiche. Während die sogenannten Anatomieleichen nach der der Ausbildung oder Untersuchung dienenden Sezession zu Recht weiterhin der Bestattungspflicht unterliegen, weil nicht nur der äußere Zusammenhalt, sondern auch in der Regel noch die Individualität und Personalität gewahrt sind, gilt der Bestattungszwang für die in zahllosen Instituten, Museen, Ausstellungen usw. vorhandenen anatomischen Sammlungen gerade nicht. Die einzige plausible Begründung hierfür ist, dass die Rechtsordnung schon immer davon ausging, dass es sich hierbei eben nicht mehr um „Leichen“ handelt. Auch hierbei geht es also keinesfalls um die Umgehung einer für Leichen angeordneten Bestattungspflicht oder „Umbenennung“, sondern um eine substantielle Transformation einer vormaligen Leiche in ein „Aliud“. Sie sind anatomische Dauerpräparate, deren Herkunft zwar eine gewisse Würde des Umgangs erfordert, die aber nicht mehr der Bestattungspflicht unterliegen.

Da es sich bei den Plastinaten folglich nicht um „Leichen“ handelt, kommen die zitierten Normen des Bestattungsrechts auch nicht als Eingriffsgrundlage in Rechte des Wissenschaftlers in Betracht.

Als Zwischenergebnis lässt sich festhalten, dass das Verbot in den Normen des Bestattungsrechts keine Rechtsgrundlage findet und schon deshalb verfassungswidrig ist. Ebensowenig ist eine Rechtsgrundlage in den Normen des allgemeinen Polizeirechts erkennbar.

3. Verfassungsrechtlich gebotene gesetzliche Ausnahmen
a. Allgemeine Grundsätze
Selbst wenn es sich bei den Plastinaten – entgegen den Ausführungen unter 2. - um „Leichen“ bzw. „Leichenteile“ handeln würde, hieße dies nicht, dass ein Verbot der Ausstellung auf Grund der genannten bestattungsrechtlichen Vorschriften gerechtfertigt wäre. Als Grundrechte ohne gesetzlichen Schrankenvorbehalt können die Wissenschaftsfreiheit und die Kunstfreiheit weder durch allgemeine Gesetze im Sinne von Art. 5 II noch durch die verfassungsmäßige Ordnung im Sinne von Art. 2 I GG eingeschränkt werden (BVerfGE 30, 173, 193; 47, 327, 369; 57, 70, 99).

Diesen Konflikt hat der Gesetz- und Verordnungsgeber durchaus gesehen, denn zum einen ist in Art. 19 BestG Art. 5 III GG nicht als einschränkbares Grundrecht zitiert, zum anderen enthält § 19 III BestVO eine durchaus verfassungskonforme und verfassungsrechtlich gebotene Einschränkung des Bestattungsgebots zugunsten der Wissenschaft. Die Bestattung wird für die Dauer der wissenschaftlichen Nutzung aufgeschoben, wenn Leichen zu medizinischen oder wissenschaftlichen Zwecken in ein Krankenhaus oder eine wissenschaftliche Einrichtung verbracht werden. Wissenschaftliche Zwecke rechtfertigen insofern die Nichtbestattung (so auch Bremer, NVwZ 2001, 167, 168f.; Gaedke, Handbuch, S. 118; Pluisch/Heifer, Die rechtliche Zulässigkeit von Leichenversuchen, NJW 1994, 2377). Die Dauerbefreiung wissenschaftlicher Präparate in § 19 III bei BestVO ist also nicht Konzession des Gesetzgebers sondern Ausdruck des Vorrangs der Wissenschaftsfreiheit vom Gesetz vor dem gesetzlichen Bestattungszwang.

Für den BayVGH stellt sich die Frage nicht, da der Senat bereits die Anwendbarkeit von Art. 1 und 5 BayBestG für die meisten der Plastinate verneint. Andernfalls aber wäre die Anwendbarkeit der Ausnahmebestimmung allerdings von größter Bedeutung und wird deshalb in der Folge behandelt.

b. „Körperwelten“ als wissenschaftliche Einrichtung – Ausstellung als wissenschaftlicher Zweck
Da im Hinblick auf die Plastinate die Verbringung in ein Krankenhaus zu medizinischen Zwecken (etwa zur Sektion oder Krankheitsuntersuchung) unstreitig nicht gegeben ist (Laufs/Uhlenbruck, Handbuch, § 135, 16), kommt es ausschließlich darauf an, ob die Herstellung und Ausstellung der Plastinate bei verfassungskonformer Auslegung „zu medizinischen Zwecken“ in eine „wissenschaftliche Einrichtung gebracht werden“.

Bei der Definition der unbestimmten Rechtsbegriffe dieser Vorschrift geht die Stadt München offenbar von einem durch das Bestattungsrecht gebotenen eng zu interpretierenden Ausnahmecharakter der Vorschriften aus. „Wissenschaftliche Einrichtungen“ werden nur als die herkömmlichen Hochschulen und Institute gesehen, in denen sich bisher Anatomie als Wissenschaft vollzieht. Ebenso eng ist der Begriff der wissenschaftlichen Lehre, die der Bescheid (S. 8) anscheinend ausschließlich auf die Medizinerausbildung beschränkt (so wiederum im Anklang an die Interpretation von Thiele, NVwZ 2000, 407).

Diese Interpretation ist schon im Ansatz verfehlt. Sie verkennt, dass der Begriff „wissenschaftliche Einrichtung“ nicht aus der verengten Sicht des Bestattungsrechts und der herkömmlichen Definition wissenschaftlicher Einrichtungen im engeren Sinne interpretiert werden darf, sondern dass eine Norm wie § 19 III BestVO einen andernfalls unlösbaren Konflikt zwischen Wissenschaftsfreiheit und Bestattungsrecht verfassungskonform löst. Das Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit wird hier aktualisiert (im Sinne von K. Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts, Rn. 288). Seine unbestimmten Rechtsbegriffe sind folglich nicht verengt, sondern grundrechtsfreundlich zu interpretieren. Nicht die Herkömmlichkeiten des Bestattungsrechts sondern die prägende Kraft der Grundrechte (Dreier, GG Vorbemerkung zu Art. 1, Rn. 57; Sachs, GG vor Art. 1 Rn. 32) bestimmen also die Definition der Wissenschaft und – dieser folgend – diejenige der „wissenschaftlichen Einrichtung“ und des „wissenschaftlichen Zweckes“.

Wie oben dargelegt, umfasst die Eigengesetzlichkeit der Wissenschaft auch den Wirkbereich und damit die autonome Bestimmung, in welchen Einrichtungen die Ergebnisse von Wissenschaft präsentiert und kommuniziert werden sollen. Wer den Begriff der „wissenschaftlichen Einrichtung“ zu eng interpretiert, setzt damit in verfassungswidriger Weise seine eigenen (möglicherweise stark verengten) Vorstellungen von Wissenschaft an diejenige des insofern allein berufenden Wissenschaftlers. Wer die „wissenschaftliche Einrichtung“ auf die Medizinerausbildung beschränkt (so insbes. Thiele, NVwZ 2000, 407), verkennt, dass sich der Wirkbereich der Wissenschaft nicht auf die akademische Lehre und auf Studierende i.e.S. beschränkt, sondern heute auch Weiterbildung und Präsentation in der Öffentlichkeit umfasst.

Wissenschaftliche Einrichtungen sind also alle Institutionen, die der Wissenschaft im oben entwickelten Sinne dienen. Dazu gehören neben den Hochschuleinrichtungen auch wissenschaftsadäquate Formen und Institutionen der Präsentation wie die Ausstellung von Ebenen des Wissenschaftstransfers, die Weiterbildung usw. Wie bei der Wissenschaft selbst, so wird auch der Begriff der wissenschaftlichen Einrichtung dabei keineswegs schon dadurch ausgeschlossen, dass die Darbietung „spektakulär“, gegen Entgelt oder unter Anbieten von Erinnerungsstücken und dem Vorhalten von Speisen und Getränken geschieht. (Dies alles sind Elemente, die die Stadt München als Belege für die fehlende Wissenschaftlichkeit der Einrichtung anführt).

Geradezu abwegig ist es, wenn der Begriff „wissenschaftliche Einrichtung“ dadurch eingeschränkt wird, dass es am gleichen Ort auch eine andere wissenschaftliche Einrichtung gebe, die an „Tagen der offenen Tür“ und dergleichen beschränkte Einblicke in anatomische Präparate bietet (so der Bescheid der Stadt München v. 13.02.03, S.8) Von einer solchen „vorrangigen Konkurrenz“ ist weder im Bestattungsrecht noch bei der Interpretation der Wissenschaftsfreiheit die Rede.

Die Ausstellung von Wissenschaft in der Öffentlichkeit ist in diesem Sinne also „wissenschaftliche Einrichtung“. Das gilt auch für das Institut für Plastination und für die von diesem veranstalteten wissenschaftlichen Ausstellungen.

c. Hilfsweise: Das Institut für Plastination als wissenschaftliche Einrichtung
Im Übrigen ist es für die Anwendbarkeit von 19 III BestVO bei genauem Hinsehen nicht erforderlich, dass die Ausstellung selbst wissenschaftliche Einrichtung i.e.S. ist. § 19 BestVO regelt als solches nur den Bestattungszeitpunkt, bezieht sich also auf den Zeitraum unmittelbar nach dem Tode. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich sämtliche zu Plastinaten transformierte Leichen der Ausstellung „Körperwelten“ nicht im Geltungsbereich des bayerischen Bestattungsrechts. Sie wurden vielmehr nach den entsprechenden Parallelregelungen des baden-württembergischen Landesrechts in die wissenschaftliche Einrichtung Institut für Plastination verbracht. Unabhängig davon, ob die nachfolgenden Ausstellungen also wissenschaftliche Einrichtungen sind, wird man dies für das mit wissenschaftlichen Methoden arbeitende und als solches anerkannte Institut für Plastination in Heidelberg jedenfalls nicht in Frage stellen können. Bei dieser Fallkonstellation geht es also nicht mehr darum, ob die Ausstellung wissenschaftliche Einrichtung ist sondern nur noch darum, ob die nunmehr in Bayern im Geltungsbereich von § 19 BestVO befindlichen Plastinate – vorausgesetzt sie wären „Leichen“ im Sine des Gesetzes – noch „diesen“, also wissenschaftlichen, Zwecken dienen. Wie oben dargelegt besteht der wissenschaftliche Zweck anatomischer Sammlungen auch darin, Kenntnisse über die innere Struktur des Körpers an die Öffentlichkeit weiterzugeben. Diesen wissenschaftlichen Zwecken dienen die Plastinate unabhängig davon, wann und wo sie in eine wissenschaftliche Einrichtung verbracht worden sind. § 19 Abs. 3 ist also jedenfalls insofern anwendbar, als die Plastinate noch wissenschaftlichen Zwecken dienen. Die Bestattungspflicht bleibt bei verfassungskonformer Auslegung, also ausgesetzt und kann nicht zur Grundlageordnung rechtlicher Maßnahmen gemacht werden.

Als Teilergebnis lässt sich festhalten: Selbst wenn es sich bei den Plastinaten um Leichen handelt, so erfordert die verfassungskonforme Interpretation von § 19 III BestVO, dass die Bestattungspflicht für die Dauer wissenschaftlicher Zwecke von der Bestattungspflicht ausgenommen ist. Das gilt für die Plastinate der „Körperwelten“ nicht weniger als für die in der ganzen Welt vorhandenen Dauersammlungen anatomischer Präparate.

Rechts-Gutachten von Prof. Friedhelm Hufen
4. Verfassungsimmanente Schranken
a. Allgemeines
Bestattungsrechtliche Vorschriften bilden allein keine Rechtsgrundlage für Eingriffe in die Wissenschafts- oder Kunstfreiheit (BVerfGE 30, 173, 193; 47, 327, 369; 57, 70, 99).

Das heißt aber noch nicht, dass die Wissenschaft oder auch die Kunst im Umgang mit Leichen und Plastinaten schrankenlos wären. Eingriffe in die genannten Grundrechte sind vielmehr dann verfassungsrechtlich gerechtfertigt, wenn sie zwingend erforderlich sind, um ein anderes im Einzelfall konfligierendes Rechtsgut von Verfassungsrang zu schützen („verfassungsimmanente Schranken“). Zu beachten ist dann allerdings der Grundsatz „praktischer Konkordanz“, d.h. die verhältnismäßige und schonende Zuordnung aller berührten verfassungsrechtlichen Rechtsgüter (Hesse, Grundzüge, Rn. 317ff.).

Die als Ziele des Bestattungsrechts immer wieder genannten Schutzgüter „öffentliche Gesundheit“, „Pietät“, „Wertvorstellungen der Gemeinschaft“ usw. (zusammenfassend Gaedke, Handbuch, S. 117) kommen als Schranken der Wissenschafts- oder der Kunstfreiheit also nur in Betracht, wenn sie zugleich auf verfassungsrechtlicher Ebene verankert sind. Rechtsgüter von Verfassungsrang und damit zugleich Schranken der Wissenschaftsfreiheit des Anatomen sind vor allem die Schutzpflicht des Staates für das Leben und die körperliche Unversehrtheit (Art. 2 II GG) und der Schutz der Menschenwürde der Verstorbenen (Art. 1 GG). Ein Verbot wäre somit gerechtfertigt, wenn eines der genannten Verfassungsgüter durch die Ausstellung konkret gefährdet würde und das Verbot geeignet, erforderlich und zumutbar wäre, um dieser Gefährdung entgegenzuwirken.

b. Leben und körperliche Unversehrtheit (Art. 2 II GG)
Auch beim wissenschaftlichen Umgang mit Leichen und anatomischen Präparaten dürfen die individuelle und öffentliche Gesundheit, Leben und körperliche Unversehrtheit nicht gefährdet werden. Art. 2 II GG ist also eine hinreichende und notwendige verfassungsimmanente Schranke der Wissenschaftsfreiheit, ja den Staat trifft insofern eine objektive Schutzpflicht zugunsten der Gesundheit (BVerfGE 45, 187, 254).

Dieser Aspekt spielt aber, (anders als z.B. bei Formen „wilder Bestattung“ auf dem Privatgrundstück, denen das Bestattungsrecht zu Recht entgegenwirkt), als zu schützender Gemeinwohlbelang im Hinblick auf die Plastinate keine Rolle. Niemand behauptet, dass von diesen eine Gefährdung der Gesundheit etwa der Bewohner oder der Volksgesundheit insgesamt ausgehe. Die Ausstellung führt vielmehr umgekehrt nach belegbaren Erfahrungen auf Seiten der Besucher zu einer Erweiterung der Kenntnisse über den eigenen Körper und zur individuellen „Risikoanalyse“ im Hinblick auf Gesundheitsgefahren durch Rauchen und Trinken. Die Ausstellung gefährdet insofern nicht die Gesundheit, sie dient im weiteren Sinne dem Gesundheitsschutz.

c. Menschenwürde (Art. 1 GG)
(1) Schutzbereich
Es ist unbestritten, dass die Menschenwürde als oberstes Verfassungsgut (Art. 1 I GG) auch durch die Wissenschaft unantastbar ist, dass Wissenschafts- und Kunstfreiheit also durch Art. 1 GG verfassungsimmanent eingeschränkt werden können.

Nach der Rechtsprechung des BVerfG ist es ebenso unbestritten, dass aus der Menschenwürde auch nach dem Tod ein Achtungsanspruch folgt; der verstorbene Mensch also im übertragenen Sinne „Träger“ der Menschenwürde ist.
(BVerfGE 30, 173, 194; BVerfG, KammerE, NJW 1994, 783; Geddert-Steinacher, Menschenwürde als Verfassungsbegriff (1990), S. 70ff.; Höfling, in Sachs GG Art. 1 Rn. 490); einschränkend insofern aber Benda, NJW 2000, 1769, 1771; Gröschner, Menschenwürde und Sepulkralkultur in der grundgesetzlichen Ordnung (1995), 35, 50; Gröschner schlägt sogar vor, den Begriff postmortale Menschenwürde aus dem Bestattungsrecht zu streichen.

Gerade weil die Menschenwürde als oberstes Verfassungsprinzip andere Grundrechte einzuschränken in der Lage ist, weil dieser Begriff so unbestimmt und verschiedenen philosophischen und moralischen Interpretationen offen ist, kommt es aber darauf an, den verfassungsrechtlich gültigen Kern der Menschenwürde sehr genau zu bestimmen, damit nicht alle Grundrechte unversehens unter einen allgemeinen „Ethikvorbehalt“ gestellt werden. Nur durch die Menschenwürde selbst geschützte und durch Wissenschaft oder Kunst wirklich gefährdete Rechtsgüter kommen hier in Betracht (ähnlich Tag, MedR 1998, 386, 391). Die Verfassungsinterpretation darf insbesondere der in der ethischen Diskussion feststellbaren „Marginalisierung und Veralltäglichung des Menschenwürdearguments“ (Dreier, GG, Art. 1 I Rn. 35) nicht zum Opfer fallen. Wird die Menschenwürde, wie bereits beklagt worden ist (Dreier a.a.O.; Dürig, FS Maunz (1971), 41,43,51), zur „kleinen Münze“ geschlagen, dann kann sie unversehens zur praktisch beliebig einsetzbaren Grundrechtsschranke werden, die weder den Schöpfern des Grundgesetzes noch den Interpreten der Einzelgrundrechte vorgeschwebt hat.

Ohne dass hier die geradezu uferlose Diskussion um den Inhalt der Menschenwürde im Sinne von Art. 1 GG wiedergegeben werden kann, ist doch darauf hinzuweisen, dass sowohl der Bescheid der Stadt München als auch der Beschluss des VG München sowie die beiden Literaturmeinungen von Thiele und Benda, (NVwZ 2000, S. 405, 407 und NJW 2000, 1770), auf die sich die genannten Entscheidungen nahezu ausschließlich berufen, von einer ganz bestimmten Menschenwürdekonzeption ausgehen, die aber nicht unbedingt diejenige des Art. 1 GG ist. Schon in Begriffen wie „Unverfügbarkeit der Menschenwürde“ wird nämlich deutlich, dass hier die mit „Mitgifttheorie“ grob umrissene Konzeption gemeint ist, die aus der Gottesebenbildlichkeit und der von Gott verliehenen Seele die Menschenwürde als vorgegeben betrachtet und insofern tief im christlichen Naturrecht verankert ist (Hofmann, AöR 1993, 353; Tag, MedR 1998, 387, 391; Dreier, GG Art. 1, 41ff.; Pieroth/Schlink, Grundrechte, Rn. 354ff.). Vertreter dieser Konzeption neigen überdies dazu, die Menschenwürde als Fundamentalnorm aller menschlichen Selbstbestimmung vorzuordnen und eigene Vorstellungen eines kulturell gewachsenen Menschenbildes allerorts befürchteten Dammbrüchen und Verfallserscheinungen entgegenzustemmen (exemplarisch Thiele, a.a.O; auch Schmitt Glaeser, FS Maurer 2001, 1213). Sind solche Grundwerte in Gefahr, dann können nicht nur Grundrechte eingeschränkt werden, dann ist es auch erlaubt, den Menschen selbst gewissermaßen zur eigenen Würde zu zwingen (Pieroth/Schlink, Grundrechte, 356).

Unabhängig davon, ob man in Gestalt einer „Leistungstheorie“ eine auf menschliche Identitätsbildung und Selbstbestimmung im Sinne von Kant fundierte „Gegentheorie“ der Menschenwürde dagegensetzt (in diesem Sinne insbes. Luhmann, Grundrechte als Institution (1965), 53ff.), ist jedenfalls darauf hinzuweisen, dass die Selbstbestimmung des Menschen seit der Aufklärung zu den unveräußerlichen Inhalten der Grundrechte im Allgemeinen und der Menschenwürde im besonderen gehört.

Auch im verfassungsrechtlichen Sinne gibt es ferner keine zeitlose Definition der Menschenwürde (BVerfGE 45, 187, 229). Wie kaum ein anderes Gebiet belegt gerade der Umgang mit Verstorbenen das Wandelbare in der Definition der Menschenwürde. Einerseits entsprach es früher der Würde, die Leiche als etwas „Schauderhaftes“ so schnell wie möglich zu bestatten, andererseits gab es einen viel natürlicheren Umgang mit dem noch nicht in Krankenhäuser und Pflegeheime abgedrängten Tod. Galt die Leichenöffnung im Mittelalter noch als todeswürdiges Verbrechen, so erlangten seit der Renaissance Anatomen Anerkennung gerade dadurch, dass sie Mediziner am wirklichen Objekt ausbildeten

Interessanter Überblick über die sich wandelnden Vorstellungen zur Bestattungskultur in Geschichte und Gegenwart bei Gröschner, Menschenwürde und Sepulkralkultur (S. 1ff.) und auch bei Gaedke, Bestattungsrecht, S. 1ff.).

Der Kern der Menschenwürde im Sinne von Art. 1 GG enthält jedenfalls Elemente des „Vorgegebenen“ ebenso wie die Selbstbestimmung. Er darf nur nicht zum Einfallstor für subjektive „Wertvorstellungen“, religiös geprägte Teilethiken und „Dammbruchtheorien“ werden. Bei der Interpretation der Menschenwürde sind also methodische Genauigkeit und Zurückhaltung angebracht. Sowohl der Schutzbereich des Art. 1 GG als auch die geregelten Bahnen der Grundrechtsdogmatik werden aber verlassen, wenn über die Menschenwürde abstrakte „Wertvorstellungen der Gemeinschaft“, „Empfindungen vieler Menschen“ oder gar „diffuse Dammbruchängste“ in Stellung gebracht werden.

Wie Benda, NJW 2000, 1770, ausdrücklich betont, geht es ihm nicht mehr um die Menschenwürde der Verstorbenen und anderer konkreter Subjekte, sondern es sind „die Lebenden, die man achten und schonen sollte“. Die Bestattungsgesetze tragen dem in einer Weise Rechnung, die „mit dem in unserem Kulturkreis geltenden Wertvorstellungen“ übereinstimmt. Benda betont (a.a.O. 1771) aber ausdrücklich, dass der Schutz solcher Wertvorstellungen Sache des Gesetzgebers und dessen Gestaltungsspielraums ist (unter Berufung auf BVerfGE 50, 256, 263). Die genannten Wertvorstellungen mögen nach seinen eigenen Worten „nicht in allen Konsequenzen von Art. 1 GG gefordert sein“. Benda behauptet also gerade nicht, dass die zitierten Wert- und Achtungsvorstellungen Inhalt der Menschenwürde und damit verfassungsimmanente Schranke für die Wissenschaft- und Kunstfreiheit sei. Er ist sich damit sehr wohl bewusst, dass abstrakte Wertvorstellungen und Achtungsgefühle der Gesellschaft nicht unbesehen zur Grundrechtsschranke werden dürfen.

Auch Thiele, NVwZ 2000, S. 405, 407 lässt es ausdrücklich dahingestellt, „ob durch das Verfahren und die Tatsache der Plastination einer menschlichen Leiche in deren Menschenwürde unter dem Aspekt des postmortalen Persönlichkeitsrechts unzulässig eingegriffen wird“. Auch seine zentralen Argumente beziehen sich auf die Motive des bestattungsrechtlichen Gesetzgebers, die zwar letztlich in der Achtung der Würde des Menschen verwurzelt seien, damit aber nicht samt und sonders zum normativen Gehalt des Art. 1 GG gezählt werden können. Nur die Degradierung der menschlichen Leiche zum bloßen Kunstobjekt sieht Thiele als echten Eingriff in die Menschenwürde.

Diese Zurückhaltung ist berechtigt, denn die „verbreitete Scheu vor dem Tod und seinen Erscheinungsformen“, das „Interesse der Pflege des sozialen Zusammenlebens“ und „bestehende Gepflogenheiten“ (Thiele, a.a.O) mögen ebenso zu den Wertvorstellungen in der Gesellschaft – vor allem den Wertvorstellungen konservativer Kirchenkreise – gehören wie die Abneigung gegen „Sensationsgier“, „ungestillter Neugier“ und den „Wunsch aufgeklärter Menschen nach mehr Wissen über das Sterben“. Sie sind aber damit noch nicht Wertvorstellungen der Gesellschaft und schon gar nicht normativer Inhalt des höchstrangigen verfassungsrechtlichen Rechtsguts, der Menschenwürde.

Die feinen Unterschiede zwischen dem Normgehalt von Art. 1 GG einerseits und allenfalls durch den Gesetzgeber zu berücksichtigenden Wert- und Sittenvorstellungen andererseits werden dagegen sowohl im Bescheid der Landeshaupt München vom 13.2.2003 als auch im Beschluss des VG München vom 18.2.2003 eingeebnet und damit verkannt. Durchgehend werden hier die Würde des Menschen im Sinne von Art. 1 GG und abstrakte Wertvorstellungen wie „Pietät und sittliches Empfinden“, „Empfinden der Allgemeinheit“ oder die „Empfindungen vieler Menschen“, die „Achtung vor dem Leben und der Menschlichkeit“, ja sogar ein so ideologieverdächtiger Begriff wie „Wertvorstellungen unseres Kulturkreises“ miteinander vermengt und zugleich zur Schranke der Wissenschaftsfreiheit erhoben (Bescheid, S. 9, 10 und 11).

Der Beschluss des VG München erkennt zunächst sogar ausdrücklich an, dass die Antragstellerin sich bei summarischer Prüfung auf die Wissenschaftsfreiheit berufen könne. Das gelte auch für die außeruniversitäre Vermittlung wissenschaftlicher Erkenntnisse. Letztlich aber kommt es für das Gericht (a.a.O., S. 19) nicht darauf an, weil ja die Menschenwürde entgegenstehe, bei der dann wieder (unter Verwendung eines verkürzten und missverstandenen Benda-Zitats) das „Achtungsgefühl der Lebenden“, das „sittliche Empfinden der Allgemeinheit“ und die „in unserem Kulturkreis geltenden Wertvorstellungen“ zu höchsten verfassungsrechtlichen Grundrechtsschranken befördert werden. Damit ist für das Gericht die Wissenschaftsfreiheit „aus dem Spiel“, es hilft auch nichts mehr, dass anschließend wieder der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers (a.a.O., S. 21 unter Berufung auf BVerfGE 50, 256, 262) beschworen wird.

Es bedarf nur geringer Vorstellungskraft, um die Folgen einer solchen „Methodik“ für Art. 5 Abs. 3 GG im Besonderen und die Grundrechte im allgemeinen abzuschätzen. Hier drohen nicht nur durch das BVerfG mehrfach ausgeschlossene „formelhafte Einschränkungen der Kunstfreiheit“ (BVerfGE 77, 240, 255; 81, 278, 293), sondern es wird letztlich auch die wohldurchdachte Systematik der verfassungsimmanenten Schranken unterlaufen. Verständliche Ziele des allgemeinen Bestattungsrechts werden so über die Menschenwürde zum allgemeingültigen und vorrangigen Verfassungsgut. Subjektive Wertvorstellungen, Anstandsgefühle und auch kulturbezogene Vorurteile beschränken Kunst- und Wissenschaftsfreiheit. Das „Sittengesetz“, dessen Erweiterung über Art. 2 I GG hinaus als Grundrechtsschranke, das BVerfG immer wieder erfolgreich abgewehrt hat (BVerfGE 30, 193, 191), hält auf dem Umweg über eine entsubjektivierte Interpretation der Menschenwürde Einzug in die verfassungsimmanenten Schranken. Welche Gefahren gerade tendenziell „tabubrechenden“ Grundrechten wie der Kunst- und Wissenschaftsfreiheit von einer solchen Argumentation drohen, muss nicht ausgemalt werden.

Hier soll nur festgehalten werden, dass mit den genannten „Wertvorstellungen“ zentrale Begründungselemente des Bescheids der Stadt München und des Beschlusses des VG vom 18.2.2003 entfallen. Für die Beschränkung der Wissenschaftsfreiheit kann es nur auf die Menschenwürde der Körperspender, nicht aber auf Wertvorstellungen der „Lebenden“ ankommen, zumal von diesen niemand gezwungen wird, die Ausstellung zur Kenntnis zu nehmen.

(2) Eingriff in die Menschenwürde?
Die Einschränkung der Wissenschafts- und Kunstfreiheit kommt nach dem zuvor Gesagten nur dann in Betracht, wenn in der Ausstellung wirklich ein Eingriff in die Menschenwürde der Verstorbenen zu sehen wäre.

Angesichts der Schwierigkeit der Definition der Menschenwürde selbst, hat sich das BVerfG von vornherein auf die „Eingriffsfrage“ konzentriert. Weit über die zumeist verkürzt zitierte „Objektformel“ (BVerfGE 9, 89, 95; 45, 187, 228) hat es dabei Maßstäbe entwickelt, die nicht nur das auf Kant zurückgehende „Verzweckungs- und Verdinglichungsverbot“ reflektieren, sondern auch deutlich zeigen, dass Art. 1 GG im Kern immer noch eine historische Antwort auf die Erniedrigung des Menschen im Nationalsozialismus ist. Nicht jede „Verzweckung“ und schon gar nicht jede „Zurschaustellung des Menschen“ – auch des toten Menschen – sind nach diesen Maßstäben Eingriffe in die Menschenwürde. Hinzukommen muss vielmehr, dass der Mensch zum Objekt erniedrigt, gequält oder verächtlich gemacht wird. Die Betonung liegt also ebenso auf „erniedrigt“ wie auf „Objekt“. Auch insofern kann vor einer „Marginalisierung der Objektformel“ also nur gewarnt werden (Dreier, Art. 1, Rn. 35, 39). Verletzt ist die Menschenwürde vielmehr (erst) dann, wenn der Mensch zum ausschließlichen Zweck des Staates wird (BVerfGE 9, 80, 95; 9, 167, 171; 27, 1, 6; 87, 209, 228; diesen Aspekt besonders betonend auch der BayVGH im vorl. Verf. – S. 13 ), wenn eine Behandlung Ausdruck der prinzipiellen Verachtung des Wertes der Menschen als Subjekt ist. (BVerfGE 30, 1, 26). Die entsprechenden Beispiele lauten Erniedrigung, Brandmarkung, Ächtung, Folter und Sklaverei (BVerfGE 1, 97, 104; 96, 375, 400; 102, 347, 367)

Weitere Beispielsfälle nennen Pieroth/Schlink, Grundrechte, (Rn. 361: Frauenhandel, Folter, Gehirnwäsche, Menschenzüchtung, systematische Demütigung und Erniedrigung; beim toten Menschen: industrielle Verwertung, dazu Dreier, GG, Art. 1 I, Rn. 53).

Für den Bescheid der Landeshauptstadt München und den Beschluss des VG München reichen dagegen bereits „die auf Sensation ausgerichtete Darstellung der toten menschlichen Körper“, die Begleitumstände der Ausstellung und der „Eventcharakter“, um einen Eingriff in die Würde der Verstorbenen anzunehmen. Geradezu stereotyp werden die Begriffe „Sensation“, „Spektakel“, gelegentlich auch „Kommerz“ und „Erniedrigung zum Kunstobjekt“ wiederholt. An keiner Stelle wird auch nur zu begründen versucht, dass die Körperspender wirklich erniedrigt, dass sie verächtlich gemacht, dass ihre prinzipielle Würde als Mensch missachtet werde. Auch insofern können sich die genannten Entscheidungen weder auf Thiele noch auf Benda berufen. Benda betont nämlich gerade, dass der postmortale Menschenwürdeschutz nicht verletzt sei und Thiele nimmt eine Verletzung der Menschenwürde im engeren Sinne nur im Hinblick auf die künstlerisch verfremdeten Objekte an. Auch der BayVGH hat in seinem Beschluß im vorl. Verfahren insfern erhebliche Zweifel geäußert (S. 13).

Selbst das ist allerdings fraglich. So widerspricht es keineswegs der Menschenwürde, wenn der lebende Mensch zum „Kunstobjekt“ wird. Künstlerische Verfremdung, Action – Art, Happening, selbst klassische Kunstformen wie Pantomime, Tanz und Schauspiel setzen Menschen der künstlerischen Präsentation aus. Nicht selten wird der Mensch freiwillig zum Bestandteil von Kunstwerken und damit in gewissem Sinne Kunstobjekt. Warum das beim toten Menschen anders sein soll, ist zumindest begründungsbedürftig. Auch bestimmen wohl eher die Tabuisierung des Todes und das „Schaudern vor der Leiche“ als rationale Verfassungsinterpretation die Argumentation.

Die Entscheidungen der Stadt München und des VG verkennen ferner einen weiteren, die Beurteilung der Menschenwürde bestimmenden Punkt. Bereits im Mephisto-Urteil hatte das BVerfG (BVerfGE 30, 173, 195) den Eingriff in die Menschenwürde und das postmortale Persönlichkeitsrecht gerade deshalb bejaht, weil die Kunstfigur „Mephisto“ nicht hinreichend entindividualisiert und objektiviert war, vielmehr der konkrete und die Intimsphäre des Verstorbenen berührende Bezug zur lebenden Persönlichkeit Gustaf Gründgens erkennbar und durch den Autor Klaus Mann auch beabsichtigt war. Der Roman sei ein „Porträt des Urbilds“, nicht eine künstlerische Figur. Hierin wird deutlich, dass die personale Identität des Menschen (Häberle, in Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts I, Rn. 839ff.) sowie die körperliche und seelische Integrität (BVerfGE 47, 239, 247) wesentliche Schutzgüter der Menschenwürde sind. Verächtlich gemacht und erniedrigt werden kann keine abstrakte Kunstfigur oder auch ein entpersönlichtes Bild vom Menschen (so auch Pabst, Der postmortale Persönlichkeitsschutz, NJW 2002, 999), sondern nur ein identifizierbarer und individualisierbarer Mensch, der in seiner sittlichen Persönlichkeit berührt wird (BVerfGE 9, 167, 171). Insofern ist etwa die grobe Entstellung der Lebensleistung eines Toten als Persönlichkeitsverletzung sanktioniert worden (OLG Köln, NJW 1999, 1969). Die bloße Möglichkeit der Beeinträchtigung oder der Missbrauch (vorliegend etwa durch einzelne Besucher oder „Voyeure“) reicht aber auch hierfür nicht aus (BVerfGE 67, 213, 228).


Schon hier wird deutlich, wie dürftig die abstrakte Behauptung begründet ist, die Ausstellung der Plastinate laufe als Ganzes auf eine Verletzung der Menschenwürde hinaus. Diese sind gerade dadurch gekennzeichnet, dass der Spender nicht mehr erkennbar, nicht mehr individualisierbar in seiner persönlichen Identität, daher auch nicht mehr berührbar ist (auf diesen Punkt hebt auch Bremer, NVwZ 2001, 167, 169 ab).

Hinzu kommt, dass über abstrakte Formeln hinaus der Nachweis nicht gelingt, Wert und Würde der Persönlichkeit seien in der Ausstellung gefährdet oder bedroht. Angebotene Befragungen und Nachweise zur würdevollen Stimmung und den Ernst der Ausstellung, die Bilder von Interesse, Neugierde im besten Sinne, fassungslosem Staunen usw. werden nicht aufgenommen. Dass auf der ersten Seite des Katalogs der Ausstellung der Dank an die Körperspender steht, spricht gleichfalls nicht eben für eine Entwürdigung und Verächtlichmachung der Toten.

Die Verletzung der Menschenwürde kann weder durch das Spektakuläre der Ausstellung, das Sensationelle noch durch die Ästhetisierung der Figuren belegt werden. Der Verweis auf die realen Posen des Lebens (Schachspieler, Reiter usw.) macht diese Plastinate nicht zum erniedrigten Objekt, er dient vielmehr gerade der „Verlebendigung“ des toten Menschen und damit der Erkennbarkeit der Körperfunktionen über den Tod hinaus. Der Ausschluss von Ekel und Grausen traditioneller anatomischer Sammlungen kann der Ausstellung gleichfalls kaum vorgeworfen werden. Für die Menschenwürde ist es auch ohne Belang, ob die Betrachter Medizinstudenten oder an ihrem eigenen Körper interessierte Besucher sind.

Für die Besucher dürfte die bei Thiele, NVwZ 2000, 407 erfolgte Gleichstellung mit den Gaffern bei Unfällen auf der Autobahn eher selbst auf eine Entwürdigung und Beleidigung hinauslaufen.

Auch eine etwaige Gewinnerzielungsabsicht als solche rechtfertigt nicht den Vorwurf der Verletzung der Menschenwürde (so auch Tag, MedR 1998, 386, 393). Dass Wissenschaft sich kostenfrei zu präsentieren habe, um seriös zu sein, entspricht eher einem Vorurteil, das in Zeiten der Drittmitteleinwerbung und Öffnung der Wissenschaft zu den Medien überholt ist.

Im Übrigen zeigt gerade die zivilrechtliche Rechtsprechung zum postmortalen Persönlichkeitsrecht, dass sie keinesfalls abgeneigt ist, Persönlichkeitsschutz und finanzielle Entschädigung in Bezug zueinander zu bringen. Teile dieser Rechtsprechung sind gerade dadurch gekennzeichnet, dass das Persönlichkeitsrecht zu Gunsten der Erben kommerzialisiert wird (vgl. etwa BGHZ 143, 214; BGH NJW 2000, 2201 – Marlene Dietrich).
Auch in der „Kommerzialisierung“ – wenn diese überhaupt gegeben ist – liegt also kein Eingriff in die Menschenwürde der Verstorbenen.

(3) Durchbrechung der Selbstbestimmung gerechtfertigt?
Der Bescheid der Stadt München und der Beschluss des VG München ebenso wie der Aufsatz von Thiele, NVwZ 2000, 405 verkennen, dass auch die Selbstbestimmung des Menschen elementarer Schutzgehalt der Menschenwürde ist (so auch Benda, Handbuch des Verfassungsrechts (1994), § 6 Rn. 53; Hofmann, AöR 93, 353, 362; Bremer, NVwZ 2001, 169). Erfasst die Menschenwürde auch die Selbstbestimmung, dann darf der Mensch auch nicht zum Objekt der Wertvorstellungen Anderer werden. Die Aufoktroyierung eines bestimmten Menschenbildes oder der Wertvorstellungen und Tabus der Gesellschaft kann selbst einen Eingriff in die Menschenwürde darstellen (Hasso Hofmann, AöR 1993, S. 353; Geddert-Steinacher, Menschenwürde, S. 92) und instrumentalisiert den Menschen.

Ungerührt von solchen Vorstellungen verfolgt die Stadt München und das diese bestätigende VG München dagegen die „Mitgifttheorie“ als allein gültiges Menschenwürdekonzept. Die Menschenwürde sei unverzichtbar und gehe deshalb auch der Selbstbestimmung vor (so auch Schittek, BayVBl 1990, 137). Verkannt wird hier zum einen, dass es nicht allein um Eingriffe in die Selbstbestimmung durch das Bestattungsrecht geht, sondern dass der Nachweis einer Menschenwürdeverletzung „gegen des Willen des Verletzten“ gelingen muss, um den Eingriff in die Wissenschaftsfreiheit zu rechtfertigen. Wenn, wie im vorliegenden Fall, die Verstorbenen aber sehr exakt wussten, auf was sie sich bei ihrer Verfügung und Zustimmung zur Plastination einließen, dann wendet sich die Menschenwürde gegen den Menschen selbst (BVerfGE 61, 126, 137) und es liegt ein Verstoß gegen das Autonomiegebot vor. Die Menschenwürde als Grundrecht wird geradezu patriarchalisch umgedeutet in eine Menschenwürde als Grundpflicht (Gusy, DVBl 1982, 984, 986; Zur rechtlichen Zulässigkeit von Leichenversuchen bei Einwilligung der Verstorbenen Pluisch/Heifer, NJW 1994, 2377).

Auf wie dünnem Eis sich gerade im vorliegenden Fall die Lehre von der Unverzichtbarkeit der Menschenwürde befindet, zeigt aber gerade der Vergleich zu den „Kardinalfällen“ der nach der Rechtsprechung erlaubten Durchbrechung der Selbstbestimmung. Diese sind bekanntlich mit Stichworten wie „Peepshow“ (BVerwGE 64, 274; NVwZ 1987, 411; NVwZ 90, 668); „Zwergenweitwurf“ (VG Neustadt, NVwZ 1993, 98); „Damenringkampf im Schlamm“ (VGH München, BayVBl 1984, 152) oder auch „Frauen hinter Gittern“ (VGH Mannheim, NVwZ 1992, 76) gekennzeichnet. Selbst bei diesen Extrembeispielen wurden die verbotsbestätigenden Urteile wegen der Aufoktroyierung des Menschenwürdebegriffs teilweise heftig kritisiert (Gusy, DVBl 1982, 984; Dreier, Art. 1 I Rn. 91; Hofmann, AöR 1993, 353; Pieroth/Schlink, Rn. 357; Würkner, NVwZ 1988, 804). Zuvor war bereits vor einem „Wertetotalitarismus“ gewarnt worden (Olshausen, NJW 1982, 2221; Immerhin gab es in den genannten Fällen gravierende Gründe für das Vorliegen einer wirklichen Kollision mit der Menschenwürde. Das BVerwG hat diese in den Peepshow-Urteilen akribisch benannt und insbesondere die Befriedigung der sexuellen Begierde, die Gleichstellung von Frauen mit Tieren, den Fensterklappenmechanismus, die Stellung des verborgenen Voyeurs sowie das Fehlen jeglicher sozialen Kontrolle aufgelistet, bevor es zur schwerwiegenden Entscheidung der Durchbrechung des Willens des „Objekts“ kam. In den auf Frauen bezogenen Fällen sowie beim „Zwergenweitwurf“ lässt sich überdies argumentieren, dass hier nicht nur die Würde des Einzelnen, sondern die Würde eines Geschlechts bzw. einer ganzen Gruppe behinderter Menschen in Frage stand.

Angesichts des Gewichts dieser Fälle kann es nur verwundern, wenn die Stadt München und das VG München ausgerechnet die genannten Leitentscheidungen heranzieht, um zu begründen, dass die Körperspender über ihre eigene Würde nicht verfügen können und dass ihr Wille für die Lösung des Falles unmaßgeblich sei.

Es bleibt also dabei, dass die Durchbrechung der Selbstbestimmung der Körperspender durch das Verbot der Ausstellung oder gar die Vernichtung der Exponate ihrerseits gravierende Eingriffe in Selbstbestimmung und in Würde von Menschen wären, die sich gegen solche Entscheidungen nicht mehr wehren können. Schon gar nicht kann mit dem Argument der Unverzichtbarkeit der Menschenwürde ein Eingriff in die Wissenschafts- oder Kunstfreiheit gerechtfertigt werden.

(4) Verhältnismäßigkeit
Selbst wenn man in einzelnen Exponaten der Ausstellung oder einzelnen Begleiterscheinungen der Ausstellung eine Gefährdung der Menschenwürde sähe, hieße das nicht, das deshalb das Verbot der ganzen Ausstellung gerechtfertigt wäre. Hier wäre das Verbot nicht erforderlich, weil z.B. Auflagen zur Entfernung einzelner Exponate oder Einstellung des Verkaufs bestimmter Gegenstände oder von Speisen und Getränken in unmittelbarer Umgebung der Plastinate mildere Mittel im Vergleich zum Totalverbot wären.

5. Berufsfreiheit
Ungeachtet der vorrangigen Garantien der Wissenschafts- und Kunstfreiheit wäre subsidiär das Grundrecht der Berufsfreiheit einschlägig.

Die in dem Verbot liegende Berufsausübungsregelung könnte sich nicht auf wichtige Gemeinwohlbelange berufen. Zumindest wäre es unverhältnismäßig.

6. Eigentum
Wie oben dargelegt, wäre eine „Zwangsbestattung“, also die Entziehung und Vernichtung der Plastinate, eine Enteignung. Enteignungen sind aber nach Art. 13a BayBestG nur zur Schaffung oder Änderung von Bestattungseinrichtungen möglich. Die Enteignung beruhte weder auf einer gesetzlichen Eingriffsgrundlage noch einer Entschädigungsregelung und wäre schon deshalb verfassungswidrig (Art. 14 III GG).

Soweit das Verbot der Ausstellung eine Inhaltsbestimmung des Grundrechts wäre, wäre diese unverhältnismäßig, weil ein zulässiges Gemeinwohlziel nicht erkannt werden kann. Jedenfalls wäre eine solche Entscheidung unverhältnismäßig.

7. Ungerechtfertigte Ungleichbehandlung
Das Verbot der Ausstellung „Körperwelten“ bei gleichzeitiger Erlaubnis der Verwendung und Ausstellung menschlicher Leichen und Präparate im Rahmen anderer Formen wissenschaftlicher Präsentation stellt eine Ungleichbehandlung wesensmäßig gleicher Sachverhalte dar. Dieser fehlt jeder sachliche Grund. Insbesondere ist es unzeitgemäß und ideologieverhaftet, die unmittelbare Anschauung von Leichen für Medizinstudenten als erwünscht anzusehen, eine solche für „gewöhnliche“ und interessierte Bürger aber zum Spektakel oder gar zum Voyeurismus zu erklären.

Ein Verbot ist also auch wegen eines Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 GG) verfassungswidrig.

Nur der Vollständigkeit halber sei angefügt, dass auch kein Grund erkennbar ist, die bisher allgemein zugängliche Informationsquelle der Ausstellung „Körperwelten“ für interessierte Besucher in München zu verschließen. Eine Verletzung der Informationsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) liegt daher ebenfalls vor.

München verbietet Körperwelten und Leichensektion (AFP) vom 29.01.2003

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'Körperwelten'-
Ausstellung
(AFP/Archiv)
Grundgesetz: (GG) Die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949. Das Grundgesetz regelt die rechtliche und politische Grundordnung der BRD. Für Änderungen im GG sind 2/3 Mehrheiten sowohl in Bundestag als auch Bundesrat nötig, einige Artikel dürfen nicht geändert werden.
München verbietet "Körperwelten" und Leichensektion
- Stadt sieht Menschenwürde und Bestattungsrecht verletzt
Die Stadt München hat die in der bayerischen Landeshauptstadt geplante Leichenausstellung "Körperwelten" und die öffentliche Autopsie einer Leiche verboten. Das beschloss der Stadtrat. Nach Angaben eines Sprechers der Stadtverwaltung soll nun umgehend ein entsprechender Verbotsbescheid erlassen werden. Nach Ansicht der Stadt verstoßen die von dem umstrittenen Wissenschaftler Gunther von Hagens inszenierte Ausstellung und die Sektion eines Toten vor Publikum gegen die im Grundgesetz verankerte Menschenwürde. Die Veranstalter können gegen das Verbot Widerspruch einlegen.
Die Stadt München beruft sich bei dem Verbot auch auf das bayerische Bestattungsrecht, wonach eine Leiche "spätestens 96 Stunden nach Feststellung des Todes bestattet sein" muss. Ausnahmen gebe es nur, wenn Leichen zu wissenschaftlichen oder medizinischen Zwecken verwendet oder obduziert werden. Diese seien nach Ansicht der Stadtverwaltung aber bei dem "Körperwelten"-Macher Gunther von Hagens nicht zu erkennen.
Auch Plastinate menschlicher Körper, wie sie in der Ausstellung gezeigt werden, seien Leichen und unterliegen damit dem Bestattungszwang. Zudem sieht die Stadt die Würde der Verstorbenen und das sittliche Empfinden der Allgemeinheit verletzt.
Sollten die Ausstellungsmacher Widerspruch dagegen einlegen, würde der Streit vor das Verwaltungsgericht gehen. Die Ausstellung in der Bayerischen Landeshauptstadt war ursprünglich vom 28. Februar bis 15. Juni geplant.
Von Hagens hatte zuletzt Mitte November für Aufsehen gesorgt, als er in London vor 500 Zuschauern die Leiche eines 72-jährigen Deutschen seziert hatte. Es war das erste Mal seit 170 Jahren, dass ein Toter öffentlich aufgeschnitten wurde. In München hatte sich eine parteiübergreifende Koalition gegen eine öffentliche Obduktion in der Landeshauptstadt ausgesprochen. Der umstrittene Wissenschaftler von Hagens hatte betont, er befinde sich "auf ganz solidem rechtlichen Boden".
In München wollte der "Körperwelten"-Initiator in einer eigens umgebauten Halle des ehemaligen Katastrophenschutzamts im Stadtteil Schwabing seine Sammlung von rund 25 plastinierten Leichen sowie etwa 2000 präparierten Leichenteilen zeigen.
29. Januar 2003 - 19.42 Uhr

Artikel Übersicht:


1 München verbietet Körperwelten und Leichensektion
2 Widerspruch gegen Verbot der ´Körperwelten´-Schau
Archiv » Vorerst keine öffentliche Autopsie in Die Widerspruch gegen Verbot der "Körperwelten"-Schau
- Institut: Verbot ist "einmalige Zensur seit der Renaissance"
Der Veranstalter der Leichenausstellung "Körperwelten" will juristisch gegen das Verbot der Schau in München vorgehen. Es würden "alle verfügbaren Rechtsmittel" ausgeschöpft, um die Ausstellung wie geplant vom 22. Februar bis 15. Juni stattfinden zu lassen, teilte das Institut für Plastination in Heidelberg mit. Das Verbot sei eine "einmalige Zensur der musealen Präsentation medizinisch-anatomischer Präparate seit der Renaissance". Über den Widerspruch hat nun das Verwaltungsgericht zu entscheiden.
Die Stadt München hatte am Mittwochabend unter Berufung auf das Grundrecht der Menschenwürde und das bayerische Bestattungsrecht ein Verbot der Ausstellung eingeleitet.
Der umstrittene Wissenschaftler und "Körperwelten"-Initiator Gunther von Hagens wollte in München in einer eigens umgebauten Halle des ehemaligen Katastrophenschutzamts im Stadtteil Schwabing seine Sammlung von rund 25 plastinierten Leichen sowie etwa 2000 präparierten Leichenteilen zeigen. Nach dem Startschuss 1996 in Japan zog die Wanderausstellung mit den konservierten Leichen unter anderem nach Mannheim, Basel, Berlin, Köln und Brüssel. Kritisiert wurde in der Öffentlichkeit vor allem, dass von Hagens die Leichen zu künstlerischen Objekten verfremdet hatte.
An den Präparaten wird das ursprüngliche Gewebe durch Silikonkautschuk oder Epoxydharz ersetzt, wodurch die Körper ihre natürliche Oberflächenstruktur behalten. Die sterblichen Überreste von Freiwilligen wurden so im Ganzen oder - zur besseren Anschaulichkeit - mit abgezogener Haut, ausgeklappten Organen oder auch scheibchenweise konserviert.
30. Januar 2003 - 12.59 Uhr
© AFP Agence France-Presse GmbH 2002

Seite 1: München verbietet Körperwelten und Leichensektion

1 München verbietet Körperwelten und Leichensektion

2 Widerspruch gegen Verbot der ´Körperwelten´-Schau

Veranstalter will gegen Verbot der "Körperwelten" klagen
"Eine weltweit einmalige Zensur"

Anatom Gunther von Hagens vor einem Plakat für seine Ausstellung "Körperwelten": Wegen Verstoßes gegen das Bestattungsrecht und die Menschenwürde wird die Leichenausstellung in der bayerischen Landeshauptstadt untersagt.
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München/Heidelberg - Nach dem Verbot der umstrittenen Leichenausstellung "Körperwelten" in München wollen die Veranstalter rechtliche Schritte einleiten.
"Wir beraten uns derzeit mit unseren Anwälten und werden sehr bald Klage einreichen", sagte am Donnerstag eine Sprecherin des Heidelberger Instituts für Plastination. Der Münchner Stadtrat hatte am Mittwochabend ein von den Behörden beabsichtigtes Verbot der Schau des umstrittenen Mediziners Gunther von Hagens gebilligt. Die Ausstellung verstoße gegen das bayerische Bestattungsrecht und die Menschenwürde, lautete die Begründung.
In einer am Donnerstag verbreiteten Mitteilung des Heidelberger Instituts heißt es: "Das Verbot der Ausstellung Körperwelten in München ist eine weltweit einmalige Zensur der musealen Präsentation medizinisch-anatomischer Präparate seit der Renaissance."
Verstoß gegen das bayerische Bestattungsrecht
Das Münchner Kreisverwaltungsreferat (KVR) hatte am vergangenen Freitag nach rechtlicher Prüfung entschieden, die öffentliche Schau von präparierten Leichen sei ein Verstoß gegen das bayerische Bestattungsrecht und gegen die Menschenwürde. Der Stadtrat schloss sich mit breiter Mehrheit dem KVR an und untersagte die Ausstellung.
Den angedrohten rechtlichen Schritten des Veranstalters sieht der Münchner KVR-Chef Wilfried Blume-Beyerle gelassen entgegen: "Wir haben eine richtige Entscheidung getroffen, ich bin sicher, dass wir den Rechtsstreit gewinnen werden", sagte er auf Anfrage.
Bisher elf Millionen Besucher
Vom 22. Februar an sollte die Wanderausstellung in München Station machen. Nach Angaben des Veranstalters habe die Schau mit 200 Präparaten bisher weltweit elf Millionen Menschen gesehen. In anderen deutschen Städten, wo "Körperwelten" bereits zu sehen war, habe aber nie eine rechtliche Prüfung stattgefunden, sagte Blume-Beyerle.
dpa - Archivfoto: dpa



Zuletzt geändert am Dienstag 18. Februar 2003, 16:08 Uhr
"Körperwelten"-Verbot in München rechtens
München/Hamburg (AFP)
Das Verbot der umstrittenen "Körperwelten"-Ausstellung des Leichenpräparators Gunther von Hagens durch die Stadt München ist rechtens. Das Verwaltungsgericht der bayerischen Landeshauptstadt lehnte am Dienstag einen Eilantrag des Heidelberger Instituts für
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Plastination gegen das Verbot ab. Die Kammer sei der Auffassung, dass es sich bei den Ausstellungsstücken nach wie vor um Leichen beziehungsweise Leichenteile handle. Für diese gelte das Bestattungsrecht, nach dem die Würde der Verstorbenen und der Allgemeinheit nicht verletzt werden dürfe, urteilte das Gericht. Die Ausstellung werde diesem Anspruch nicht gerecht.
Eine Sprecherin des Instituts für Plastination kündigte vor dem Urteil am Dienstag gegenüber AFP an, auch bei einem negativen Bescheid weiter zu klagen. Als nächste Instanz kommt jetzt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in Frage. Unterdessen deutet sich allerdings ein möglicher neuer Ausstellungsort an. Die Organisatoren der Ausstellung führten bereits Gespräche mit der Hamburger Hafen- und Lagerhaus-Aktiengesellschaft (HHLA), berichtete "Die Welt" am Dienstag unter Berufung auf HHLA-Sprecher Olaf Mager. Auch in der Kulturbehörde sei das Team um von Hagens bereits vorstellig geworden.
Kultursenatorin Dana Horáková könne sich die Schau in Hamburg gut vorstellen, berichtete "Die Welt". Verbote seien für eine weltoffene Stadt wie Hamburg kein Umgang mit Kultur. Zudem sei das Thema Tod "in der gegenwärtigen politischen Lage vor dem Hintergrund eines möglichen Krieges im Irak aktueller denn je".
Die Stadt München hatte Anfang Februar die "Körperwelten"-Ausstellung des Medizinprofessors von Hagens verboten. Die Organisatoren wollen die Austellunmg gegen den Widerstand der Stadt durchsetzen. Die Sammlung zeigt mehrere plastinierte Leichen sowie etwa 2000 präparierte Leichenteile. Nach dem Startschuss 1996 in Japan zog sie mit den konservierten Leichen unter anderem nach Mannheim, Basel, Berlin, Köln und Brüssel. Auf der vorerst letzten Station in London hatte von Hagens erstmals eine Leiche öffentlich auseinander genommen.

Verwaltungsgericht stoppt Frankfurter Ordnungsamt
Gefäßgestaltengruppe "Mann, Frau und Kind" weiterhin in den KÖRPERWELTEN zu sehen.
Letzte Woche erklärte das Frankfurter Ordnungsamt die Abformung der Gefäßgestaltengruppe "Mann, Frau und Kind" kurzerhand zur Leiche und belegte die Ausstellungsmacher mit einem Zwangsgeld von 10.000 EUR. In einem noch am Freitag angestrengten Verwaltungsprozess am Verwaltungsgericht Frankfurt nun der erste Erfolg: Die Zahlung des Zwangsgeldes wird vorerst nicht vollstreckt, der Fall wurde dem Rechtsamt der Stadt Frankfurt übergeben.

Der Vorsitzende Richter am Verwaltungsgericht Frankfurt regte weiter an, dass die Behörden ihre Rechtsauffassung überprüfen. Auch sieht das Gericht derzeit keine besondere Eilbedürftigkeit. Im Klartext: Die Gefäßgestaltengruppe "Mann, Frau und Kind" kann bis zum Ausstellungsende am 13.6. unbehelligt in den KÖRPERWELTEN stehen bleiben.

Die Justiz profiliert sich damit einmal mehr als fairer Sachwalter der Interessen der mehr als 500.000 Ausstellungsbesucher in Frankfurt, die sich das Recht auf eine unzensierte Körperschau nicht nehmen lassen wollen.

Die Ausstellung KÖRPERWELTEN ist NUR noch bis zum 13.6.2004 in der Frankfurter NAXOS-Event-Halle in Fechenheim, Wächtersbacher Straße 83, zu sehen. Sie ist täglich von 9 bis 21 Uhr, Freitag und Samstag bis 23 Uhr geöffnet.
München/Heidelberg, 11.02.2003

Totgesagte leben länger?

Das Verbot der Ausstellung "Körperwelten" in München geht in die nächste Runde. Heute kündigte Der Initiator von "Körperwelten", Prof. von Hagens vom Heidelberger Institut für Plastination, ein Rechtsgutachten des Staatsrechtsprofessors Dr. Friedhelm Hufen von der Universität Mainz an. In einer vorläufigen Bewertung äußerte Hufen erhebliche Zweifel, ob die Stadt München auf der Grundlage des Bayerischen Bestattungsgesetzes gegen die Ausstellung "Körperwelten" in Betracht käme. Bei den plastinierten Körpern handele es sich nicht um "Leichen", vielmehr würden durch die Plastination neue wissenschaftliche Exponate entstehen. Die Körper würden nicht nur konserviert, sondern transformiert.

Selbst wenn man die Anwendbarkeit des Bestattungsrechts annehme, müsse das Gesetz im Lichte der Verfassung interpretiert werden. "Die Freiheit der Wissenschaft hat hier Vorrang", erklärte Hufen. Dieses Grundrecht schütze die Forschung und die wissenschaftliche Lehre nicht nur in den Mauern der Universität. Der grundrechtlich geschützte Wirkbereich erfasse vielmehr auch die Präsentation der Ergebnisse der Wissenschaft in der Öffentlichkeit. Das Grundrecht könnte nur durch andere Verfassungsgüter von gleichem Rang eingeschränkt werden.

Körperwelten« – Hetze, Lügen und das Ende

Gehören Sie zu den Hunderttausenden begeisterten Besuchern der Frankfurter »Körperwelten«? Wenn ja, lassen Sie die freudig-befreienden Empfindungen dabei nicht im Alltagsstreß vergurgeln! Sie sind zu selten und – leider – sehr bedroht! Wenn nicht, nutzen Sie die letzte Gelegenheit, denn es wird dank kirchenstaatlicher Ränke und Hetze in Deutschland keine weitere mehr geben! Die nach Frankfurt geplante Station der Ausstellung in Leipzig wurde gestrichen, zynisch kommentiert die Presse diesen Triumph des deutschen Kirchenstaates: »Der 'Wanderzirkus' macht sich aus Europa davon, um in Amerika sein Glück zu versuchen.«

Es war von Anfang an knapp. Schon im Vorfeld der Eröffnung der ersten deutschen Ausstellung vor nunmehr sieben Jahren in Mannheim versuchten die Dunkelmänner der katholischen und evangelischen Kirche vor Ort, die Körperwelten-Ausstellung zu verhindern. In einem gemeinschaftlichen Brief an den Ministerpräsidenten des Landes und den Oberbürgermeister Mannheims – der Brief war nur sehr schwer und über Umwege zu bekommen und erblickte ausschließlich über unsere Flugblätter und sehr zum Ärger der Kirchenmänner das Licht der Öffentlichkeit – forderten die Dekane beider Großkirchen unter Berufung auf »den Verfall sittlicher Werte« und die »grobe Mißachtung der menschlichen Würde« offen das Verbot der Ausstellung. Die Presse sekundierte in demonstrativ-parteilicher Weise, die Ausstellung komme einer »Verletzung des religiösen Empfindens« gleich, ein Vorwurf, der unter der Soutane unverhohlen mit dem »Gotteslästerungsparagraphen«, dem §166 StGB (It still exists in Germany!) drohte.

Und die Besucher strömten doch! Und sie strömten und strömten (in Deutschland inzwischen mehrere Millionen, weltweit über 14!), trotz Kirche und trotz Presse und trotz verordneter Warnschilder und Handzettel, die am Eingang mit beschworener »Verletzung des moralischen und religiösen Empfindens« einschüchtern sollten. Und nur wegen dieses Besucheransturms fraßen die Dunkelmänner Kreide und heuchelten, alles sei nicht so gemeint gewesen. Den Inquisitoren – die gleichen, die seinerzeit den Begründer der neuzeitlichen Anatomie, Andreas Vesalius, in ihren Folterkellern marterten, anschließend durch die Straßen Madrids schleiften und schließlich auf der als Strafe für seine anatomischen Forschungen verhängten »Pilgerreise« in den Tod hetzten – war die Fackel kurzzeitig aus der Hand geschlagen worden, mit im nachhinein geheuchelter »Einsicht« oder gar »Einigkeit« hatte das nichts zu tun.
Sie harrten in ihren Löchern und witterten in Frankfurt ihre nächste Chance, ihre Vorgehensweise war der Mannheimer strukturell identisch. In der Hoffnung auf inzwischen erlahmtes öffentliches Interesse schickten sie in bewährter Manier – auch die mittelalterliche Inquisition bediente sich zur Durchsetzung ihrer finsteren Interessen stets und gern des weltlichen Arms – den staatlichen, diesmal gleich den staatsanwaltlichen Arm vor (den Anschuldigungen – Störung der Totenruhe, Leichenraub etc. – fehlt nicht viel zu den mittelalterlichen Legenden von Ritualmord und Brunnenvergiftung). Die Presse geiferte auftragsgemäß und stieß ins gleiche Horn, ein Pfaffe nach dem anderen breitete sich in den Medien aus, obszön und bezeichnend, wenn man bedenkt, daß aus diesem stinkenden Pfuhl die Verfolger Galileis und Giordano Brunos hervorgekrochen waren. Mit der suggestiven Frage: »Darf die Ausstellung Körperwelten weiterhin gezeigt werden?« wurden z.B. massenweise Faxe u.a. an Arztpraxen verschickt, um unter dem Vorwand der Meinungsumfrage den Zensurforderungen einen entsprechenden Nachdruck aus dem Volke zu verleihen – auf Heller und Cent bezahlen muß für derartige Aktionen das gleiche Volk mit seinen Steuergeldern! Aber alle staatsanwaltlichen Ermittlungen mußten mangels entlegenster Beweise eingestellt werden, hierüber war allerdings in der Presse nichts oder erst nach Wochen an hinterletzter Stelle zu lesen. Die Pfaffen wurden – wie in Mannheim – leiser, die Presse (die nichts mehr fürchtet, als daß der Glaube an ihre Unparteilichkeit verloren gehen könnte) gab sich moderater. Der Grund?:

Die Besucher strömten und strömen weiter... Nur im Dunkeln ist gut munkeln, alle Finsterlinge scheuen das Licht der Öffentlichkeit, die in diesem Fall ihrer Neugier nachgab und sich nicht von der geballten Hetze einschüchtern, sondern von den ansprechenden und beeindruckenden Plastinaten faszinieren ließ. Die hiesige Öffentlichkeit alleine hätte allerdings nicht ausgereicht. Hinzu kommt die internationale Aufmerksamkeit, die Gunther von Hagens weltweit genießt. Denn während er in Deutschland verhetzt und verbellt wird und ihm ein Fachkollege nach dem anderen in den Rücken fällt und ans Bein pißt, genießt er z.B. in China nicht nur uneingeschränkte Forschungsmöglichkeiten (Freiheit der Forschung und Lehre, nicht wahr!), sondern wird auch finanziell großzügig unterstützt. Im Kirchenstaat Deutschland hingegen wurde aufgrund der Schikanen und Kriminalisierung erreicht, daß die Körperwelten-Ausstellung Deutschland auf immer verläßt. Eine Schande für dieses Land, ebenso wie das immer noch existierende Hitler-Konkordat, welches nach wie vor die entscheidende Grundlage für die Anmaßung der Großkirchen und die Dienerei der buckelnden Staatsbüttel darstellt.

Wir fordern unverändert:
WEG MIT DEM HITLERKONKORDAT,
WEG MIT ADENAUERS SUBSIDIARITÄTSGESETZEN!

NIEDER MIT DEM KIRCHENSTAAT GROßWESTDEUTSCHLAND,
FÜR DIE WIEDERBEACHTUNG DES GRUNDGESETZES,
VOR ALLEM DER RELIGIONSFREIHEIT!

KEINEN CENT FÜR DIE KETZERMÖRDER DES MITTELALTERS,
KEINEN CENT FÜR DIE VERFOLGER VON VESALIUS
UND DEN ANSCHWÄRZERN VON HAGENS!

Was kann der einzelne sofort tun?
Kirchenaustritt jetzt (auf jedem Rathaus – nicht zögern; etwa 50% sind schon draußen!)

Was kann der einzelne darüber hinaus tun?
Hagens Goldener Reiter
Plastinat Pferd und Reiter bei "Körperwelten" in München teilweise enthüllt
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Pferd enthüllt - Reiter bleibt golden

alle Fotos: Marikka-Laila Maisel Seit dem 5. Juli hat die Ausstellung Körperwelten einer zusätzlichen Attraktion, dem "Pferd & Reiter" Plastinat. Bislang auf richtliche Anordnung vergoldet, wurde es nun teilweise enthüllt. Und von Hagens hält sich an das Urteil, das ja nur die Kombinat Pferd & Reiter, nicht aber Pferd einzeln betraf.
Was für das Kreisverwaltungsreferat "Kaspereien" und "PR Gag" darstellt, ist für den Besucher nun einer zusätzliche Attraktion der Ausstellung, die es sich in überzeugtendem Ausmaß gewünscht hat.
Besucherumfragen in der Münchener Körperwelten-Ausstellung ergaben, dass 92 % der Befragten das Verbot für falsch halten und das Pferdeplastinat in der Ausstellung sehen möchten, 4 % sprachen sich zugunsten des Verbots aus und weitere 4 % enthielten sich der Meinung.
Über dreieinhalbtausend Eintragungen im Gästebuch und inzwischen über 620.000 Ausstellungsbesucher zeichnen das gleiche Bild.
"Angesichts des Rechtsstreits und dem Erscheinen des Buches von Franz-Josef Wetz ?Tote hoch zu Ross" ist die Enthüllung des Pferdeplastinats ein weiterer Schritt zur Demokratisierung der Anatomie im Freistaat Bayern", meinte dazu Körperwelten Initiator Gunther von Hagens..
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Körperwelten Bilder Teil 1, Teil 2, Teil 3, Teil 4,
Anschliessend in Hamburg vom 30.8.2003

Neue Vorwürfe gegen Gunther von Hagens


Aus für die Körperwelten?



Um Gunther von Hagens "Körperwelten"-Ausstellung gibt es immer wieder Streit. Darf man Leichen so zeigen oder nicht? Das deutsche Gesetz sagt ja, wenn eine Einverständniserklärung der Ausgestellten vorliegt. Die gäbe es, beteuert von Hagens seit Jahren. Nach den Enthüllungen des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" gibt es daran jedoch berechtigte Zweifel. Möglicherweise hat von Hagens auch die Körper von chinesischen Exekutionsopfern plastiniert. Kann die Ausstellung jetzt verboten werden?



Von Hagens weist Vorwürfe zurück
In China steht die Plastitinationsfabrik des ehemaligen wissenschaftlichen Mitarbeiters der Unitversität Heidelberg, die "Von Hagens Dalian Plastination Ltd." Fast 650 Leichen lagern dort zur Zeit, um ganz oder in Teilen plastiniert zu werden. Wie der Spiegel in seiner aktuellen Ausgabe (5/2004) berichtet, hat von Hagens nun zugegeben, dass bei einer erneuten Inventur sieben Tote "mit Kopfverletzungen" entdeckt worden seien.

Von Hagens' zufolge sei dies aber "noch kein Beweis für eine Exekution". Noch während einer Pressekonferenz am vergangenen Donnerstag wehrte sich Gunther von Hagens gegen die Spiegel-Vorwürfe.


In seiner Titelgeschichte (Ausgabe 4/2004) über von Hagens hatte der Spiegel außerdem Aufzeichnungen aus der chinesischen Fabrik zitiert, in denen es über einige Leichen hieß: "Bauchdecke kreuzweise aufgeschnitten". Dazu das Nachrichtenmagazin weiter: "Dieser Schnitt ist notwendig, wenn einem Toten alle Organe für Transplantationen entnommen werden - ein in China übliches Verfahren nach Vollstreckung von Todesurteilen."


Informationen von ehemaligem Plastinations-Mitarbeiter
Informant des Spiegel ist aller Wahrscheinlichkeit nach der ehemalige Leiter der Fabrik im chinesischen Dalian, Professor Sui Hondin, mit dem sich Gunther von Hagens überworfen hat. Der Dozent der Medizinwissenschaftlichen Universtät in Dalian. Sui hat nun eine eigene Plastinationsfirma gegründet und zeigt Leichen in einer Ausstellung im Pekinger Naturhistorischen Museum. (Tagesspiegel, 22.01.2004)


Leichenausstellung - alte Tradition
Im Zusammehang mit den neuerlichen Vorwürfen gegen Gunther von Hagens' "Körperwelten" hat der Direktor des Kasseler Museums für Sepulkralkultur (Bestattungskultur), Reiner Sörries, darauf hingewiesen, dass "die Ausstellung von Leichen eine alte Tradition hat". Als Beispiele nannte Sörries die Präsentation der Mumie des Gletschermannes aus dem Ötztal oder ägyptische Mumien. Neu bei den "Körperwelten" seien allerdings Art der Darstellung und Vermarktung.

Das Motto des Ausstellungsmachers dabei: "Demokratisierung der Anatomie". Wenn das heißen soll, den menschlichen Körper begreifbarer für jedermann zu machen, so ist die Umsetzung durchaus zweifelhaft, meint Museumsdirektor Spörries: Für die Aufklärung sei es nicht nötig, eine Leiche auf einem Pferd oder eine Schwangere zu zeigen. Das Projekt habe eine "marktschreierische Dimension", so Spörries.

HÄNDLER DES TODES

Die schmutzigen Leichengeschäfte des Gunther von Hagens

Der selbst ernannte "Plastinator" und "Körperwelten"-Erfinder Gunther von Hagens beteuert stets, dass in seiner umstrittenen Ausstellung nur freiwillig gespendete Körper zur Schau gestellt werden. Doch offenbar hat er über Jahre hinweg mit Leichen gehandelt.



DDP
"Plastinator" Gunther von Hagens: Briefkastenfirma in der Schweiz
Interne Geschäftspapiere, die dem SPIEGEL und SPIEGEL TV vorliegen, deuten daraufhin, dass der Anatomiekünstler sich einen regelrechten Markt für Leichen erschlossen hat. Seit den 90er Jahren hat von Hagens demnach mehrere hundert Leichen und Tausende Leichenteile gekauft.

Für seine Präparate soll er auch Körper hingerichteter chinesischer Gefangener benutzt haben. Über ein internationales Geflecht wickelt der Leichenfabrikant seine Geschäfte ab, inklusive Nummernkonto und Briefkastenfirmen im Steuerparadies Schweiz. Während die Neugierigen stundenlang vor von Hagens' "Körperwelten"-Ausstellungen anstehen, enthäuten und zerlegen seine Arbeiter im fernen China Leichen im Akkord. SPIEGEL TV-Autor Steffen Haug über von Hagens' schmutzige Geschäfte mit dem Tod.


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"KÖRPERWELTEN"


Von Hagens verarbeitete Leichen von hingerichteten Chinesen




Präparation von Menschenhaut in China
Der Initiator der umstrittenen Ausstellung "Körperwelten", Gunther von Hagens, hat offenbar über Jahre hinweg mit Leichen gehandelt und für die Herstellung seiner Präparate auch Körper von in China hingerichteten Strafgefangenen verwendet. Nach einer Inventurliste aus dem November 2003 lagerten in seiner Firma "Von Hagens Plastination Ltd." im chinesischen Dalian insgesamt 647 "Ganzkörper", die für Ausstellungen und den Verkauf an Universitäten aufbereitet werden sollten, berichtet der SPIEGEL. mehr...



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VORWURF DER HOCHSTAPELEI


Plastinator will sich weiter Professor nennen




DPA
Fühlt sich ungerecht behandelt: Gunther von Hagens
"Körperwelten"-Erfinder Gunther von Hagens wehrt sich gegen den Vorwurf der Hochstapelei. Der Mediziner will auch weiterhin als Professor auftreten. Alle möglichen Unklarheiten will er nun endgültig beseitigen. "Ich habe keinerlei Anlass, die Herkunft dieses Titels zu verschweigen, und tue dies auch nicht." Für Gunther von Hagens ist die Sachlage eindeutig. Er sieht in den Ermittlungen der Heidelberger Staatsanwaltschaft die Möglichkeit, den bereits öfter erhobenen Vorwurf zu entkräften, er würde den Professorentitel unrechtmäßig führen. mehr...



In der Schusslinie
Neue Vorwürfe gegen Gunther von Hagens

Gegen Gunther von Hagens und seine Ausstellung "Körperwelten" werden neue Vorwürfe laut: Die Leichen zur Schau kommen, wie das Nachrichtenmagazin "Spiegel" nach monatelanger Recherche jetzt darlegt, nicht nur von freiwilligen "Körperspendern", sondern unter anderem aus chinesischen Straflagern.




Das Gespräch mit Manfred Lütz
Seit 1996 tourt die Ausstellung "Körperwelten" durch Asien und Europa und lockt die Massen an: makabres Spektakel, Grusel-Show oder Wissenschaft für jedermann? Weltweit haben rund 13 Millionen Besucher die konservierten Leichen des Gunther von Hagens bestaunt. Überall, wo die plastinierten Leichen bisher zu sehen waren, gab es Auseinandersetzungen. Die Ruhe der Toten sei gestört, von Kunstwerken, wie der Ausstellungsmacher meint, könne keine Rede sein. Die Plastikmenschen, die er in bizarren Posen präsentiert, verletzen die Würde des Menschen.

Lukratives Geschäft




Von Hagens Totentanz. Woher stammen die "Körperwelten"-Leichen?
Überwältigend eklig. Körperwelten in Hamburg
Leichen für Bayern. Gunther von Hagens will auch in München öffentlich sezieren
Leichen-Sektion im Londoner East End. Scotland Yard war bei Gunther von Hagens Aktion vor Ort
Provokateure unter sich: Christoph Schlingensief und Gunther von Hagens in Hannover
Im chinesischen Dalian betreibe von Hagens fabrikmäßig die Plastination von Körpern und Körperteilen. E-Mails aus dem Jahr 2001 belegen: Manche Körper hatten ein Loch im Schädel oder einen gebrochenen Hals und waren am Bauch kreuzweise aufgeschnitten, was notwendig ist, wenn einem Toten alle Organe entnommen werden - ein in China übliches Verfahren nach der Vollstreckung von Todesurteilen. Gekauft hat von Hagens die Körper vom kommunistischen Staat - und das, obwohl er bisher immer erklärt hat, die Körper seien nur mit Einverständnis der Verstorbenen verarbeitet worden.

Gunther von Hagens habe, wie der Spiegel berichtet, einen regelrechten Markt für Leichen erschlossen, der nach dem Gesetz von Angebot und Nachfrage funktioniert: billig einkaufen und Gewinn bringend verkaufen. 647 komplette Leichname seien verzeichnet im Inventar vom November für von Hagens chinesische Fabrik. Und weiter: 3909 Leichenteile wie Beine oder Hände, 182 Föten, Embryos und Neugeborene. Je nach Bedarf lasse von Hagens die plastinierten Körper zusammensetzen. Hier ein passender Arm, dort ein brauchbarer Kopf.

Von Hagens' zweites Standbein sei ein internationaler Vertrieb von anatomischem Lehrmaterial. Abnehmer seien seit Ende der 80er Jahre vor allem medizinische Fakultäten aus arabischen Ländern gewesen. Wegen religiöser Vorschriften besteht hier ein großer Bedarf an Leichenteilen aus dem nicht-muslimischen Ausland.

Im Visier der Staatsanwaltschaft


Die Staatsanwaltschaft Heidelberg prüft jetzt die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen den Leichenpräparator. Juristisch käme die Störung der Totenruhe in Frage. Es werde geklärt, ob in China ein Straftatbestand vorliege. Heidelberg hat zudem internationale Rechtshilfe angefordert.

Der Mann, der sich als Künstler versteht und nie ohne Beuys-Hut auftritt, gerät immer stärker unter Druck. Sein Image als Volksaufklärer wird er angesichts der neuen Vorwürfe der fabrikmäßigen Leichenpräparation und des verbrecherischen Erwerb der Toten kaum mehr aufrecht erhalten können. Am Donnerstag will sich von Hagens in einer Pressekonferenz den neuen Vorwürfen stellen. Steht Gunther von Hagens vor dem Aus?


Gesprächsgast in der Kulturzeit-Sendung vom 20.01.2003:
Manfred Lütz, Psychiater und Theologe

Blue End in Deutschland - Die digitale Körperwelt des Paul Jernigan

Kerngesund und trotzdem gestorben. Das prädestinierte Paul Jernigan, ein im Alter von 39 Jahren in den USA hingerichteter junger Mann, für ein perfektes anatomisches Menschenmodell. Noch zu Lebzeiten wurde er auserwählt als "gesunder Toter", denn nur mit Gift Getötete sind anatomisch unversehrt. Seit seiner Hinrichtung im Jahre 1993 erfuhr sein Körper eine in der anatomischen Kulturgeschichte einzigartige digitale Auferstehung.

Ohne sein Einverständnis wurde sein Körper zu Staub gefräst und die dabei gefertigten 1800 Serienbilder ins Internet gestellt. Bis heute werden seine Bilder in 880 Universitäten weltweit verwendet. Zahlreiche Publikationen sind über ihn erschienen; allein bei Google finden sich zurzeit 287.000 Einträge unter dem Begriff "Visible Human Project". In einem aus deutschen Steuergeldern finanzierten Projekt gewinnt sein Körper gar als Voxel-Man die dritte Dimension zurück.

An sich ging bei dem Projekt aus Sicht der Macher nur eines wirklich schief: Die Anonymisierung gelang nicht irreversibel. So kam die Familie zu streitbarem Ruhm und der Bruder ins Kino. Der Film setzt diesen Unfall in eindrucksvoller und sensibler Weise in Szene, indem er den Zusammenprall von emotionaler Erinnerung der Familienmitglieder mit dem wissenschaftlichen Ehrgeiz der an dem Projekt beteiligten Anatomen in bewegenden Szenen thematisiert. Auch das Timing der deutschen Aufführung könnte nicht besser sein. Gerade noch hatte "Der Spiegel" die Möglichkeit der Verwendung chinesischer Hingerichteter für die Ausstellung KÖRPERWELTEN zum moralischen Super-Gau erklärt und der FDP-Abgeordnete Yanki Pürsün im Frankfurter Stadtparlament gefordert, "Wer Leichen präpariert, sollte nicht mit einem Land zusammenarbeiten, welches die Todesstrafe praktiziert."

Damit visualisiert Blue End ganz aktuell die Gretchenfrage der Anatomie: "Ist die Verwendung von Körpern Hingerichteter für anatomische Zwecke moralisch erlaubt? Wer die Verwendung Hingerichteter für anatomische Zwecke grundsätzlich ablehnt, darf konsequenterweise nicht die Verwertung dieser Bilddatensätze zulassen oder gar deren perfekte Aufbereitung wie im Voxel-Man unterstützen. Dieser Widerspruch scheint der Mehrzahl der deutschen Anatomen entweder nicht bewusst zu sein oder sie ignoriert ihn.

Zudem legt der Film die in den letzten Wochen in Deutschland zu beobachtende Doppelmoral zu diesem Thema offen, wenn einerseits deutsche Medien die mögliche Verwendung von Hingerichteten für anatomische Zwecke in China in Beziehung zur willfährigen Rolle der Medizin in der Nazizeit setzen, andererseits aber die Daten eines hingerichteten US-Bürgers in jeder medizinischen Buchhandlung Deutschlands als medizinischer Fortschrift präsentiert wird.

Um allen Missverständnissen vorzubeugen: Der Hinweis auf diese Formen der Heuchelei soll nicht die Verwendung von Leichen Hingerichteter in der Anatomie rechtfertigen. Anders als von deutschen Medien unterstellt, lehne ich die Verwendung von Hingerichteten für meine Plastination strikt ab. Mit der Demokratisierung der Anatomie, für die ich mich seit vielen Jahren einsetze, verträgt sich die Verwendung von zum Tode Verurteilten nicht.

Der Film beantwortet die Frage, ob Hingerichtete für anatomische Zwecke Verwendung finden dürfen, nicht pauschal. Vielmehr zeigt er in unversöhnlichen Szenen, was europäische Anatomie seit 400 Jahren problematisiert: dass Trauer und Erkenntnis einander ausschließen und es diskutierenswerte Gründe gibt, der Erkenntnis den Vorrang zu geben.

Der Film wird sowohl medizinisch Interessierten gerecht, denen er die Gedankenwelt eines engagierten Anatomen erschließt, als auch denjenigen, die teilhaben möchten am Familiendrama der Jernigans im Spannungsfeld von Erkennen und Erinnern.

Die moralische Wertung überlässt der Film dem Zuschauer, indem er das soziokulturelle Umfeld des Einzelfalls Paul Jernigan vielfältig beleuchtet. In seiner Simplizität im komplexen Umfeld mahnt der Film zur Bescheidenheit im eigenen Urteil.

Als Nutznießer der Medizin der Neuzeit in der Tradition einer Anatomie, die mit Hingerichteten vom Galgen gegründet wurde und die mit der Menschen vernichtenden Rassenanatomie der Nazizeit ihren unmenschlichen Höhepunkt fand, erscheint das Visible Human Project unter moralischen Gesichtspunkten als problematisch. Mir selbst hat Blue End einmal mehr verdeutlicht, dass ich als Deutscher angesichts des Holocaust sowenig wie "Der Spiegel" die Frage nach der Verwendung von Hingerichteten für anatomische Zwecke unvoreingenommen zu diskutieren in der Lage bin.

Der Film läuft ab dem 25. März 2004 in den deutschen Kinos an. Ich wünsche dem Film, dass er die bisher verdrängte ethische Problematik dieses anatomischen und moralischen Testfalls ins öffentliche Bewusstsein hebt und die Diskussion um das Für und Wider im positiven Sinne belebt. Gleichermaßen wünsche ich ihm, dass er den Nutzen der Anatomie für die Selbsterkenntnis des Menschen und dessen Vergänglichkeit einer noch breiteren Öffentlichkeit zugänglich macht.

Gunther von Hagens
Plastinator


Blue End läuft ab 25. März 2004 in den deutschen Kinos. Weitere Informationen zum Film finden Sie hier...



Staatsanwaltschaft Heidelberg sieht von der Einleitung von Ermittlungsverfahren gegen Gunther von Hagens ab ...

Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Heidelberg vom 09.03.2004

Staatsanwaltschaft Heidelberg sieht von der Einleitung von im Zusammenhang mit dem Bezug menschlicher Leichen aus Kirgisien und China sowie der Plastinierung von Leichen und Leichenteilen und deren Ausstellung ab, bzw. stellt ein bereits anhängiges Ermittlungsverfahren ein

Aufgrund von Presseberichten und Strafanzeigen von privater Seite hatte die Staatsanwaltschaft Heidelberg zu überprüfen, ob sich der als Veranstalter der Ausstellung „Körperwelten“ bekannt gewordene Gunther von Hagens im Zusammenhang mit dem Bezug von Leichen und deren Plastination und Ausstellung strafbarer Handlungen schuldig gemacht hatte. Zunächst war im November 2003 in der Zeitschrift „Stern“ berichtet worden, von Hagens erwerbe in Kirgisien Leichen ungeklärter Herkunft und plastiniere sie, ohne dass der Verstorbene zu Lebzeiten hierzu seine Einwilligung erteilt habe. Im Januar 2004 berichtete u.a. das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“, von Hagens kaufe in der Volksrepublik China unter Missachtung der Rechte der Betroffenen Leichen auf, darunter auch angeblich herrenlose Leichen sowie die Leichen von Hingerichteten und Opfern von Straftaten. Zusätzlich wurde von privater Seite der Vorwurf erhoben, Gunther von Hagens mache sich der Störung der Totenruhe schuldig, denn er zeige einem sensationslüsternen Massenpublikum präparierte Leichen, was sinnlos und entwürdigend sei.

Von der Einleitung von Ermittlungsverfahren war gemäß § 153 Abs. 2 StPO abzusehen, bzw. ein bereits geführtes Ermittlungsverfahren war gemäß § 170 Abs. 2 StPO einzustellen, weil ein strafbares Verhalten nicht gegeben war. Der allein in Betracht kommende Straftatbestand der Störung der Totenruhe gemäß § 168 Abs. 1 StGB ist durch das Verhalten von Gunther von Hagens in keinem der genannten Fälle erfüllt.

Soweit Gunther von Hagens der Erwerb von Leichen ungeklärter Herkunft vorgeworfen wurde, liegt keine unbefugte Wegnahme des Körpers oder von Teilen des Körpers eines Verstorbenen aus dem Gewahrsam des Berechtigten im Sinne des § 168 Abs.1, 1. Alternative StGB vor. Diesen Straftatbestand erfüllt nämlich nur, wer gegen den Willen der Berechtigten handelt, die gleichzeitig Gewahrsam an dem Leichnam haben. Berechtigte im Sinne der Vorschrift sind vor der Bestattung in der Regel die nächsten Angehörigen. Allerdings sind diese nicht in jedem Fall auch Gewahrsamsinhaber, denn solange Angehörige keine Rechte an dem Leichnam geltend gemacht haben, üben sie auch nicht die tatsächliche Obhut über ihn aus. Verstirbt jemand beispielsweise in einem Krankenhaus bzw. einer anderen Institution oder sind keine Angehörigen vorhanden, so fällt der Gewahrsam als „Zufallsgewahrsam“ – zumindest zunächst – der jeweiligen Einrichtung zu. Im vorliegenden Fall soll Gunther von Hagens in Kirgisien Leichen von staatlichen Stellen wie der Medizinischen Akademie in Bischkekj, von einem Gefangenenlager, von Krankenhäusern, von Gefängnissen sowie Psychiatrischen Anstalten, in China von der dortigen Polizei und ebensolchen Einrichtungen, also von „Zufallsgewahrsamsinhabern“ mit deren Einwilligung bezogen haben. Selbst wenn diese in rechtswidriger Weise über den jeweiligen Leichnam verfügt haben sollten, fehlt es damit an einer unbefugten Wegnahme im Sinne des § 168 Abs. 1, 1. Alternative StGB, so dass eine strafrechtliche Verfolgung in Deutschland nicht in Betracht kommt.

Auch die Plastination von Leichen und die Zurschaustellung von Leichenteilen stellt keinen „beschimpfenden Unfug“ im Sinne der 2. Alternative der genannten Strafvorschrift dar. Unter beschimpfendem Unfug ist nämlich nur ein Verhalten im Angesicht eines Toten zu verstehen, das durch ein besonderes Maß an Pietätlosigkeit und Rohheit gekennzeichnet ist und mit dem der Täter bewusst seine Verachtung oder Missachtung zum Ausdruck bringt. Da Gunther von Hagens seine in der Öffentlichkeit vorgetragene Einlassung, (auch) von wissenschaftlichen und künstlerischen Interessen geleitet zu sein, letztlich nicht zu widerlegen ist, fehlt es an einer Motivation, die auf die missbräuchliche und tabuverletzende Verwendung der Leichen gerichtet ist. Hiervon ging auch das Verwaltungsgericht München aus, das über die Zulässigkeit der dortigen Ausstellung zu entscheiden hatte. Dass mit den Veranstaltungen eine Kommerzialisierung einhergeht, steht dem nicht entgegen.

Ihr Ansprechpartner bei der Staatsanwaltschaft Heidelberg:
Oberstaatsanwältin O´Donoghue
Tel.: 06221/59-2010
Mobil: 0172/7235030
Fax: 06221/59-2019



"KÖRPERWELTEN" lädt Schülerzeitungsredakteure ein!

Gunther von Hagens steht Rede und Antwort

Frankfurt, 4. März 2004 – Der journalistische Nachwuchs schreibt für Publikationen wie “Just lie“ „Brainstorm“, „Flaschenpost“ oder „Lautsprecher“. Neben Reportagen aus dem Schulalltag entstehen in den Redaktionen von Schülerzeitungen auch kritische Beiträge zu aktuellen Themen von öffentlichem Interesse.

Die Ausstellung KÖRPERWELTEN lädt Redakteure von Schülerzeitungen ein, über das Für und Wider der Ausstellung von menschlichen anatomischen Präparaten zu diskutieren und veranstaltet

am Sonntag, den 7. März 2004
9.30 Uhr – 10.30 Uhr
in der Ausstellung

eine Pressekonferenz für Schülerzeitungsredakteure. Nach einem individuellen Rundgang durch die Ausstellung stellt sich Gunther von Hagens, Initiator von KÖRPERWELTEN, im Rahmen einer moderierten Diskussionsveranstaltung den Fragen von über 100 Schülerzeitungsredakteuren aus Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg.

Seit Eröffnung der Ausstellung am 16. Januar haben bereits mehr als 450 Schulklassen KÖRPERWELTEN besucht. Die Erfahrung zeigt: Gerade Kinder und Jugendliche gehen sehr viel unverkrampfter und bewusster mit der Ausstellung um, als es Erwachsene oft vermuten. „Ich freue mich auf eine angeregte Diskussion mit den Nachwuchsredakteuren der Schülerzeitungen und stehe ihnen gerne Rede und Antwort“, so Gunther von Hagens.

Pressevertreter sind herzlich eingeladen, an der Veranstaltung teilzunehmen. Bitte melden Sie sich dazu vorab im Pressebüro der Ausstellung an.



Gunther von Hagens legt Einspruch gegen den Strafbefehl des Amtsgerichts Heidelberg ein

Heidelberg, 3. März 2004 - Gunther von Hagens geht weiterhin davon aus, dass das gegen ihn eingeleitete Verfahren mit einem Freispruch endet: „Ich habe nie bestritten und auch in mehreren Interviews darauf verwiesen, dass mir die Universität Dalian in der Volksrepublik China den Professorentitel verliehen hat. Zu keiner Zeit habe ich behauptet, an einer deutschen Universität Professor zu sein.“
Der Strafbefehl wird ausschließlich damit begründet, dass Gunther von Hagens seinem Professorentitel das Kürzel „VRC“ nicht beigefügt habe. Dieses Kürzel steht für die Volksrepublik China. Das zuständige Düsseldorfer Ministerium, das Gunther von Hagens die Zustimmung zur Führung des Professorentitels erteilt hatte, kannte das sogenannte Länderkennzeichen für die Volksrepublik China jedoch selbst nicht und verlangte von Gunther von Hagens, das Länderkennzeichen für Taiwan (RC) zu verwenden. Hiergegen hatte von Hagens Widerspruch eingelegt.
Von Hagens wird den Strafbefehl daher nicht akzeptieren, sondern gegen ihn Einspruch einlegen. Das Amtsgericht Heidelberg wird nunmehr eine mündliche Verhandlung anberaumen. Das Gericht wird darüber zu entscheiden haben, ob sich von Hagens dennoch strafbar machte, obwohl er nicht gegen die Genehmigung zur Führung des Professorentitels in Deutschland verstoßen hat.
Gunther von Hagens selbst ist der Streit um das richtige Länderkennzeichen hinter seinem Professorentitel leid: „Ich werde grundsätzlich keine Titel mehr führen und auch keine weiteren Titel mehr annehmen. Mit „Gunther von Hagens, Plastinator“ ärgere ich weder Fachkollegen noch Kirchenvertreter. Ich übe allenthalben einen Beruf aus, den ich selbst erfunden habe“.



Schüler erleben "KÖRPERWELTEN"!

Lehrer und Schüler im Gespräch mit Gunther von Hagens

Frankfurt, 1. März 2004 – Gemeinsam mit dem Landesverband Hessen des VBE (Verband Bildung und Erziehung e.V.) veranstaltet die Ausstellung KÖRPERWELTEN am

Dienstag, den 2. März 2004
von 14.00 – 15.30 Uhr
in der Ausstellung in Frankfurt

eine Diskussion mit Schülern und Lehrern zum Thema „Wie erleben Schüler die Ausstellung KÖRPERWELTEN?“ Im Mittelpunkt der Veranstaltung stehen dabei die folgenden Themen:

- Thematisierung der Ausstellung KÖRPERWELTEN im Unterricht und die Einbindung in den regulären Lehrplan,
- Vorbereitung des Ausstellungsbesuchs mittels spezieller KÖRPERWELTEN-Unterrichtsmaterialien,
- Erlebnisberichte der Schüler und Lehrer vom gemeinsamen Ausstellungsbesuch.

Fünf Lehrerinnen und Lehrer der Fächer Biologie, Religion und Deutsch aus Haupt- und Realschule und Förderstufen und sechs Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 6 bis 9 berichten und diskutieren mit Gunther von Hagens über ihre Erwartungen an den Ausstellungsbesuch, ihre Erlebnisse und Emotionen während des Rundganges durch die KÖRPERWELTEN sowie die bleibenden Eindrücke, die jeder von ihnen aus der Anatomieschau mitgenommen hat.

Die teilnehmenden Fachlehrer haben den Ausstellungsbesuch gemeinsam mit ihren Schülern anhand von speziellen Unterrichtsmaterialien, die KÖRPERWELTEN allen Schulen zur Verfügung stellen, intensiv auf den Ausstellungsbesuch vorbereitet. Darüber hinaus legt der Verband Bildung und Erziehung großen Wert darauf, dass Lehrer auch nach dem Besuch der Ausstellung Ansprechpartner für Fragen ihrer Schüler bleiben. „Wir erleben als Lehrkräfte immer sehr angeregte Diskussionen mit unseren Schülern. Neben biologisch-medizinischen Fragen steht dabei auch die Auseinandersetzung mit ethischen Fragestellungen im Vordergrund“, so Thomas Müller, stellvertretender Vorsitzender des VBE Landesverband Hessen und Moderator der Diskussionsrunde. Seine Empfehlung: „Stellen wir uns der Diskussion!“

Pressevertreter sind herzlich zu der Veranstaltung eingeladen. Bitte melden Sie sich vorab im Pressebüro der Ausstellung an.



In Reaktion auf die kritische Presseberichterstattung der letzten sechs Wochen sowie zu den jüngsten Vorwürfen des Spiegels "10/1.3.04"gibt Gunther von Hagens folgende Erklärung ab:

Anatomie und Menschenwürde
Die Anatomen tragen eine große Verantwortung. Sie tragen Verantwortung gegenüber den Toten, denen sie eine würdevolle Behandlung ihres Leichnams schulden. Sie tragen Verantwortung gegenüber den Angehörigen, die um den Verlust des Verstorbenen trauern. Die Anatomen tragen schließlich Verantwortung allgemein den Lebenden gegenüber, die eine respektvolle Behandlung ihres Körpers nach dem Tode erwarten dürfen. Ich war mir dieser Verantwortung immer bewusst und bin dies auch heute. Ein Ausfluss dieser Verantwortung ist das Körperspendeprogramm. Mittlerweile haben 5.900 Menschen Vermächtnisse über ihren Leichnam gemacht. Bislang wurden 292 Körper dem Institut für Plastination überführt. Alle in der Ausstellung KÖRPERWELTEN. Die Faszination des Echten zu sehenden Ganzkörperplastinate entstammen diesem Körperspendeprogramm. Den Körperspendern fühle ich mich zu besonderem Dank verpflichtet.
Die Geschichte der wissenschaftlichen Anatomie reicht zurück bis zur Zeit Leonardo da Vincis in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Doch erst durch die Ausstellung KÖRPERWELTEN. Die Faszination des Echten hat sich die Anatomie einer größeren Öffentlichkeit geöffnet. Jedermann ist es nun möglich, Einblick in das Körperinnere zu erhalten. Dies rührt an dem Tabu des Todes und wird skeptisch beäugt.
Die Gegner der Körperwelten haben seit deren Bestehen dagegen opponiert und dabei die Menschenwürde für sich in Anspruch genommen. Die Ausstellung wurde von der Stadt München verboten und konnte nur mit Hilfe der Gerichte gerettet werden. Immer neue Vorwürfe werden erhoben und konnten doch das Interesse an der Ausstellung nicht verhindern. Während sich bis heute über 14 Mio. Menschen ein eigenes, kritisches und unbefangenes Bild von der Ausstellung machten, geht es Teilen der Medizin und Politik um die populistische Selbstdarstellung, auch wenn für die Verfasser die Unwahrheit entweder offensichtlich oder sehr schnell recherchierbar gewesen wäre. Ich vermute, dass auch in Zukunft der Versuch unternommen werden wird, durch haltlose und durch nichts belegbare Behauptungen die Plastination als wissenschaftliche Disziplin in Misskredit zu bringen. Ich werde mich davon nicht beirren lassen und mich weiter für die Demokratisierung der Anatomie einsetzen.
Ein Beispiel für die derzeit in Deutschland zu beobachtende Doppelmoral ist das auch aus deutschen Steuergeldern finanzierte „Visible Human Project“: Ohne sein Einverständnis wurde der Körper des im Alter von 39 Jahren in den USA Hingerichteten Paul Jernigan zu Staub gefräst und dabei die gefertigten 1.800 Serienbilder ins Internet gestellt. Bis heute werden seine Bilder in 880 Universitäten weltweit verwendet. Zur gleichen Zeit wird in deutschen Medien die angebliche Verwendung von Hingerichteten für anatomische Zwecke in China angeprangert.
Um allen Missverständnissen vorzubeugen: Anders als von Teilen der deutschen Medien unterstellt lehne ich die Verwendung von Hingerichteten für meine Plastination strikt ab. Für die Plastination verwende ich nur Körperspenden sowie bereits konservierte und irreversibel anonymisierte Ganzkörperpräparate und Körperteile, die ich von Universitäten und anderen etablierten wissenschaftlichen Einrichtungen erhalte. Auch von diesen Institutionen werden nach meinem Wissen keine Leichen von Hingerichteten verwendet.
Welche Motivation steckt dann aber hinter Behauptungen wie, die Plastination würde in Dalian „unweit eines militärischen Sperrgebiets, umgeben von Straflagern für Systemgegner“ betrieben? Was soll mit der Behauptung, „rund 170 straff geführte chinesische Arbeiter verrichteten den Dienst an der Leiche; enthäuteten im Akkord an 10 stählernen Seziertischen menschliche Körper“, erreicht werden? Was bezweckt die Formulierung, „von Hagens spiele so etwas wie Gott; lasse sich als ‘lieber Führer‘ verehren und drille die Arbeiter in deutschen Tugenden“?
Bei den angeblichen chinesischen Arbeitern handelt es sich tatsächlich um 70 Mitarbeiter, die eine hochspezialisierte Tätigkeit ausüben und zum großen Teil aus Ärzten bestehen, die sich keinesfalls eine „straffe Führung“ oder einen „deutschen Drill“ gefallen ließen, sondern in meinem Unternehmen eine Firmenstruktur mit flachen Hierarchien schätzen. Solche Schmähungen meiner Person, aber auch meiner Mitarbeiter gegenüber, dienen einzig dazu, die Anatomie im Allgemeinen und meine Tätigkeit im Besonderen in das Zwielicht der Halbwelt zu stellen.
Gerne muss auch die Behauptung herhalten, das Heidelberger Institut für Plastination sei keine „anerkannte wissenschaftliche Einrichtung“. Eine Behauptung, mit der auch die Stadt München – vergebens – versucht hatte, die Ausstellung Körperwelten zu verhindern. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof stellte jedoch fest: „Die Erfindung, Weiterentwicklung und Anwendung der Plastination als anatomische Präparationsmethode wird von der Forschung als Teilbereich der Wissenschaftsfreiheit erfasst. (Dies) umfasst auch die Präsentation der durch diese Technik geschaffenen Plastinate in Form der Ausstellung als populärwissenschaftliche Vermittlung anatomischer Gegebenheiten.“ Das Heidelberger Institut für Plastination ist inzwischen weltweit führend in der wissenschaftlichen Erforschung der anatomischen Plastination, finanziert aus den Erlösen seiner Arbeit.
Die wissenschaftliche Anerkennung der Ausstellung KÖRPERWELTEN. Die Faszination des Echten missfällt offenkundig deren Gegner, bestärken aber diejenigen Menschen, die sich Recht auf Information nicht haben nehmen lassen und sich einen eigenen Eindruck durch den Besuch der Ausstellung verschafft haben oder noch verschaffen werden.
Da die Leugnung der Wissenschaftlichkeit meiner Tätigkeit bislang nicht ausreichte, um die Ausstellung Körperwelten. Die Faszination des Echten zu verhindern, bedient man sich neuerdings des Vorwurfs der „Geschäftemacherei“. Doch auch hier wird man keinen Erfolg bei dem Versuch haben, die Aufklärung des Menschen über sich selbst zu verhindern. Es gibt keine „dunklen Kanäle“ in denen ich selbst oder durch Dritte jemals Gelder hätte verschwinden lassen. Die Gewinne wurden nach ordnungsgemäßer Besteuerung vielmehr für die Forschung und Ausbildung in wissenschaftlichen Einrichtungen sowie zum Aufbau der Unternehmen verwendet. Es dürfte weltweit wenige private Forschungsinstitute geben, die einen so großen Anteil ihrer Erträge in die Forschungstätigkeit reinvestieren. Testate weltweit führender Wirtschaftsprüfungsunternehmen bestätigen dies.
Es war zu erwarten, dass als nächstes versucht würde, die Universität Heidelberg in Misskredit zu bringen und zu behaupten, ich hätte meine Tätigkeit im Anatomischen Institut für eigene Interessen missbraucht. Auch dieser Versuch wird fehlschlagen. Das Zusammenspiel zwischen universitärer Forschung und privater Unternehmenstätigkeit wird als bewährt und sich gegenseitig befruchtend weltweit anerkannt. Dies gilt auch für meine Tätigkeit in der Universität Heidelberg und für meine mit privaten Geldern aufgebauten Unternehmen. Erst durch diese Drittmittelforschung konnten die erforderlichen Sachmittel des Labors beschafft und die Mitarbeiter des universitären Labors bezahlt werden. Auch aus dieser mittlerweile 15 Jahre zurückliegenden Zeit habe ich nichts zu verbergen.
Mit meiner Forschung und der Ausstellung hatte ich in der Vergangenheit großen Erfolg, was mich sehr freut. Mehr noch bereitet mir die gemeinsame Arbeit mit Wissenschaftlern, Ärzten und auch den übrigen Mitarbeitern großes Vergnügen. Gleichwohl gibt es wie in jedem großen Unternehmen einzelne Mitarbeiter, mit denen man sich nicht nur im Guten trennt. Ich werde damit leben müssen, dass sich Teile der öffentlichen Medien solcher ehemaliger Mitarbeiter bedient und falsche Behauptungen in die Welt setzen.

Als nicht hinnehmbar erachte ich es jedoch, wenn aus internen Dokumenten entstellend zitiert wird, offenkundig nur um Belege für ein Weltbild zu erzeugen, das der Realität nicht entspricht. So wird eine Email, die besagt, dass der Leichnam eines Körperspenders erst angenommen wurde, nachdem fehlende Papiere des Bestattungsinstituts gefaxt worden waren, zu einem angeblichen Beweis für illegale Leichenbeschaffung. Tatsächlich wurden zu keinem Zeitpunkt Leichen ohne Begleitpapiere angenommen.

Um solchen Unterstellungen entgegenzuwirken möchte ich in Zukunft noch mehr Transparenz in das Tätigkeitsfeld der Plastination bringen. Deswegen werde ich künftig die Plastination Company Ltd. in Dalian und auch weiterhin das Heidelberger Institut für Besuche von Journalisten stets offen halten.

Das Ziel, das ich mit der Ausstellung KÖRPERWELTEN. Die Faszination des Echten verbinde, war seit jeher die populärwissenschaftliche Vermittlung von Anatomie. Die Vermittlung von Gesundheitsbewusstsein und Körperverständnis stehen auch weiterhin im Mittelpunkt des didaktischen Konzeptes.

Dalian, 29. Februar 2004

Gunther von Hagens
Plastinator



100.000 Besucher in nur 27 Tagen

95 Prozent bewerten Ausstellung als „gut“ oder „sehr gut“

Frankfurt, 11. Februar 2004 – „Wollen wir das sehen?“, fragte eine lokale Tageszeitung kurz vor der Eröffnung der Ausstellung KÖRPERWELTEN in Frankfurt. Diese Frage haben am Mittwoch Nachmittag bereits 100.000 Besucher mit „Ja“ beantwortet. Denn schon nach 27 Ausstellungstagen erreichte KÖRPERWELTEN in Frankfurt mit Ausstellungsbesucherin Ursula Papendorf-Regulla (65), Kinderärztin im Ruhestand aus Frankfurt-Rödelheim, die erste Schallgrenze von 100.000 Besuchern.

Damit liegt Frankfurt mit durchschnittlich 3.667 Besuchern pro Tag bislang auf Platz fünf von allen bisherigen Ausstellungsstandorten. Gunther von Hagens, Initiator von KÖRPERWELTEN zeigt sich zufrieden: „Wir freuen uns über die bislang sehr gute Besucherresonanz und erwarten bis zu 400.000 Besucher im weltoffenen Frankfurt“

Laut einer Umfrage des Veranstalters, an der bislang 1.820 Ausstellungsbesucher teilnahmen, bewerten 95 Prozent aller Besucher die aktuelle Ausstellung mit “gut” oder “sehr gut”. 94 Prozent gaben nach dem Besuch der Ausstellung an, KÖRPERWELTEN weiterzuempfehlen. Damit liegt Frankfurt auf der Beliebtheitsskala zusammen mit dem letzten Ausstellungsort Hamburg ganz oben. Auch Ursula Papendorf-Regulla, die 100.000 Besucherin, zeigte sich beeindruckt: „Die Ausstellung ermöglicht den Besuchern, den eigenen Körper besser kennen zu lernen und zu verstehen, wie die einzelnen Organe angeordnet sind. Viele Menschen wissen gar nicht, wie faszinierend der menschliche Körper eigentlich aufgebaut ist.“

„Diese hohe Besucherakzeptanz bestätigt unser Konzept, auch medizinischen Laien anhand der Plastinate - echter, anatomisch präparierter und speziell konservierter Präparate neuartige ästhetische Einblicke in den menschlichen Körper zu gewähren und dadurch Anatomie ein Stück weit zu demokratisieren“ kommentiert Gunther von Hagens, Erfinder der Plastination die Ergebnisse der Besucherumfrage.

KÖRPERWELTEN zeigt die mehr als 200 Einzelpräparate, darunter 25 Ganzkörperplastinate, ein-zelne Organe sowie transparente Querschnitte des menschlichen Körpers und Gefäßgestalten noch bis zum 18. April in der Frankfurter NAXOS-Eventhalle (Wächtersbacherstr. 83, Frankfurt-Fechenheim). Geöffnet ist die Ausstellung SO bis DO von 9 bis 21 Uhr, an Freitagen und Samstagen bis 23 Uhr. Über Karneval (23.-25. Februar) und Ostern (9.-12 April) ist die mit bislang insgesamt über 13 Millionen Besuchern weitweit erfolgreichste Wanderausstellung regulär geöffnet.



"Gunther von Hagens tritt Vorwürfen aus Nowosibirsk entschieden entgegen"

"Bei der Sendung FAKT am Montag, den 26.1.2004, handelt es sich um einen Zusammenschnitt alten Videomaterials, welches bereits in Teilen im vergangenen Jahr ausgestrahlt wurde (u.a. im Faktbeitrag am 12.3.2003). Das in den Berichten gezeigte Interview wurde, wie an der Sommerkleidung der Beteiligten und den Außenaufnahmen erkennbar, vor langer Zeit aufgenommen. Die gegenwärtige Temperatur in Novosibirsk liegt bei minus 20 Grad Celsius! Insofern sind die Vorwürfe nicht neu.

Ich erkläre daher zum wiederholten Male und verweise auf die Stellungnahme vom 14.3.2003 als Reaktion auf den Fakt-Beitrag vom 12.3.2003 : Ich habe aus Russland niemals Leichen oder Leichenteile bekommen und behalte mir rechtliche Schritte gegen diese Unterstellung vor. Das Institut für Plastination in Heidelberg hat lediglich von der Universität aus Nowosibirsk eine Sendung von dauerhaft konservierten und irreversibel anonymisierten Präparaten mit Zustimmung der russischen Behörde erhalten.

Der Fall von Frau Svetlana Kretschetova wurde in Nowosibirsk bereits gerichtlich behandelt, ohne dass das Institut für Plastination in Heidelberg oder ich selbst von den dortigen Behörden in irgendeiner Weise beschuldigt wurden. Alle juristischen Untersuchungen in Nowosibirsk wurden eingestellt bzw. endeten mit Freispruch (hierzu "russland aktuell" vom 18.11.03: "Freispruch im Leichenhandels-Prozess ..... Einige Angehörige sagten vor Gericht aus, dass sie nicht bereit gewesen seien, ihre Angehörigen beerdigen zu lassen").

So leid mir die in den Medien dargestellte persönliche Leidensgeschichte von Frau Svetlana Kretschetova auch tut, so bin ich aus den oben dargelegten Gründen weder dafür verantwortlich noch kann ich etwas für sie tun.

Herr Rechtsanwalt Dr. Fuellmich sollte sein Schreiben, dem eine bereits vor einem Monat (!) erteilte Vollmacht beilag, an die staatliche Behörde oder die Universität in Nowosibirsk richten.

Unabhängig davon waren mir die Gründe für die Aufnahme eines neuen Prozesses in Nowosibirsk bisher nicht bekannt. Eine Anfrage in Nowosibirisk hat ergeben, dass es sich dabei um einen Prozess gegen den Rechtsmediziner Wladimir Nowosjolow handeln soll, mit dem weder das Institut für Plastination noch ich jemals in Kontakt gestanden haben."

Heidelberg, 28. Januar 2004

Gunther von Hagens
Plastinator


weiter ...--

Körperwelten": Genehmigung der Schau "unverantwortlich"
Nach den neuerlichen Anschuldigungen gegen "Körperwelten"-Macher Gunther von Hagens sieht sich SPD-Fraktionschef Walter Zuckerer in seiner Kritik an Bürgermeister Ole von Beust bestätigt. "Es war unverantwortlich, dieser Ausstellung in Hamburg einen Freischein auszustellen", empört sich Zuckerer. Beust habe die Entscheidung darüber gegen die Bedenken des zuständigen Bezirks Mitte durchgesetzt und auch dann noch daran festgehalten, als Vorwürfe über die unklare Herkunft der ausgestellten Leichen laut geworden waren.


Gunther von Hagens, dessen Ausstellung bis vor zwei Wochen in Hamburg zu sehen war, hatte bislang beteuert, dass all seine Präparate echt seien und von Menschen stammten, die für diese Zwecke ihre Einwilligung gegeben hätten. "Der Spiegel" hat nun jedoch aufgedeckt, dass Hagens Mitarbeiter Leichen und Leichenteile aus der chinesischen Anlage in Dalian eingekauft haben. Hagens, so der Verdacht, soll sogar die Leichen chinesischer Hinrichtungsopfer aufgekauft haben. Die Staatsanwaltschaft in Heidelberg beantragte Strafantrag wegen Missbrauchs von Titeln. Die Deutsche Hospiz Stiftung fordert, die jetzt in Frankfurt laufende Ausstellung zu schließen. Unterdessen hat die Staatsanwaltschaft Hamburg die Ermittlungen gegen von Hagens wegen Störung der Totenruhe eingestellt. Von Hagens hatte präparierte Leichen für Fotos an verschiedene Hamburger Orte gebracht. nici/lno

dpa meldete am Donnerstag, den 22. Januar 2004 um 16:27 Uhr:

Frankfurt/Main (dpa) - Der umstrittene Leichenpräparator Gunther von Hagens hat bestritten, wissentlich Leichen von Hinrichtungsopfern für seine «Körperwelten»-Ausstellung verarbeitet zu haben. Er könne aber nicht mit letzter Sicherheit ausschließen, dass seinen chinesischen Mitarbeitern Körper von Hingerichteten untergeschoben worden seien, sagte von Hagens.

«Der Spiegel» hatte berichtet, von Hagens habe in China in großem Stil Leichen zum Verkaufen und Präsentieren aufbereitet, darunter auch die Körper von Hingerichteten.

«Ich habe niemals Hingerichtete zu Präparaten verarbeitet», sagte von Hagens. «Ich kann aber nicht die Hand dafür ins Feuer legen, dass nicht die eine oder andere Leiche von Hinrichtungsopfern im Institut angeliefert wurde.» Das Institut für Plastination der Universität Dalian, mit dem seine chinesische Firma eng zusammenarbeite, nehme «herrenlose Leichen» von der Polizei an.

«Das ist ein ganz normales Verfahren, wie es auch in Deutschland bis in die 80er Jahre üblich war.» Er habe seinen Mitarbeitern in China aber untersagt, Hinrichtungsopfer anzunehmen, beteuerte von Hagens.

Neben den Leichen, die er für die «Körperwelten» erwirbt, verarbeitet von Hagens in seinem Plastinations-Unternehmen auch Tote zu Studienobjekten für Universitäten oder Fachschulen. «Ich pflege Geschäftsbeziehungen mit 400 Universitäten in 40 Ländern», sagte der Mediziner. Seine chinesischen Partner kauften Körper, plastinierten sie und lieferten sie an die Kunden aus. Er habe damit 400 Arbeitsplätze weltweit geschaffen. Wie viele Leichen seine Mitarbeiter bisher präpariert haben, konnte von Hagens nicht sagen.

In der Wanderausstellung, die seit einer Woche in Frankfurt zu sehen ist, stünden jedoch keine Präparate von Hingerichteten. Für weitere «Körperwelten»-Ausstellungen habe er noch rund 250 gespendete Körper auf Lager, allerdings sei nur einer aus China. Als «Körperspenden» betrachtet von Hagens auch von der Polizei oder der Staatsanwaltschaft freigegebene Körper, zum Beispiel von Selbstmördern.

Dass bei einer Revision in seiner Firma in Dalian knapp 650 Leichen - einige davon mit Schussverletzungen und aufgeschnittenen Bäuchen - gefunden wurden, wie der «Spiegel» berichtete hatte, gab von Hagens zu. «Aber nicht jede Leiche mit einem Schussloch ist ein Hinrichtungsopfer.» Die Identität der Toten sei nicht nachvollziehbar, die Leichen würden unwiderruflich anonymisiert. Daher sei deren Herkunft nicht zu beweisen. Vor Beginn der Veranstaltung demonstrierte die Deutsche Hospiz Stiftung mit Sarg und Friedhofskerzen, um die Plastinate symbolisch zu bestatten.

Nach den neuen Vorwürfen wurden die kritischen Stimmen, die die Ausstellung von Anfang an begleiteten, immer lauter. «Leichname sind keine Rohstoffe und keine Handelsware», heißt es in einer Mitteilung der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte vom Donnerstag. Der Mainzer Jurist Prof. Uwe Volkmann sagte am Mittwochabend in Frankfurt, die Schau verstoße gegen das Friedhofs- und Bestattungsgesetz. Nach Ansicht der Deutschen Gesellschaft für Pathologie (DGP) verstößt von Hagens gegen medizinethische Regeln. Zu den schärfsten Kritikern gehören die Kirchen.

Die «Körperwelten»-Ausstellung wurde 1996 zum ersten Mal gezeigt. In Deutschland war sie erstmals 1997 in Mannheim zu sehen. Weltweit haben laut Veranstalter 13,5 Millionen Interessierte die Schau gesehen. Stationen in Deutschland waren Köln, Oberhausen, Berlin, München, Stuttgart und Hamburg. In Frankfurt gastiert die Schau bis 18. April in der Naxos-Halle im Stadtteil Fechenheim. An den ersten sieben Tagen waren 17 000 Menschen gekommen.


Gunter von Hagens ("Körperwelten") gibt Donnerstag eine Pressekonferenz
Gunter von Hagens ('Körperwelten') wird am Donnerstag, anlässlich einer Pressekonferenz in Frankfurt, Stellung zu den jetzt bekannt gewordenen Vorwürfen beziehen.

Unter anderem hatte 'Der Spiegel' von Hagens unterstellt, dass von ihm benutzte Leichen Einschusslöcher am Kopf aufweisen. Darüber hinaus soll es auch Leichen in von Hagens Besitz geben, denen man alle Organe rausoperiert hat.

Das deutet laut 'Spiegel' darauf hin, dass es sich um hingerichtete Personen handelt. Oberstaatsanwältin Elke O'Donoghue (Heidelberg) prüft derzeit, ob ein Ermittlungsverfahren auf den Weg gebracht wird.

Staatsanwaltschaft nimmt "Körperwelten" unter die Lupe



Gunther von Hagens




Nach neuen Vorwürfen gegen den Leichenpräparator Gunther von Hagens prüft die Heidelberger Staatsanwaltschaft die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens. Eine Sprecherin sagte, zunächst müsse aber geprüft werden, ob in China ein Strafbestand vorliege. Es sei internationale Rechtshilfe angefordert worden. "Der Spiegel" hatte berichtet, von Hagens zeige in seiner Schau die Leichen chinesischer Hinrichtungsopfer. In Deutschland könnte der Strafbestand auf Störung der Totenruhe lauten. Mehr dazu bei swr.de.

Keine Ermittlungen mehr in Hamburg
Der umstrittene Ausstellungsmacher war bereits zuvor ins Visier der Hamburger Ermittler geraten. Die Hamburger Staatsanwaltschaft stellte ihre Ermittlungen wegen Störung der Totenruhe aber inzwischen ein. Störung der Totenruhe wird in Deutschland mit einer Geldstrafe oder einer Haftstrafe von bis zu drei Jahren geahndet. Von Hagens habe sich dieser Tat nicht schuldig gemacht, als er im Oktober 2003 für einen nächtlichen Fototermin mit seinen konservierten Leichen aus der Schau "Körperwelten" an öffentlichen Plätzen der Hansestadt posierte, erklärte Oberstaatsanwalt Rüdiger Bagger. Von Hagens habe mit der nächtlichen Zurschaustellung der Plastinate aber eine Ordnungswidrigkeit begangen.

Bei den Ausstellungsstücken handelt es sich nach Auffassung der Hamburger Staatsanwaltschaft nur noch um "dauerhaft konservierte künstliche Gebilde auf der Basis des menschlichen Körpers", die keine Gegenstände der Totenverehrung mehr seien. Die Persönlichkeit der Verstorbenen sei nicht nicht mehr erkennbar. Allerdings sei die nächtliche Ausstellung "eine grob ungehörige Handlung, die die Allgemeinheit belästigen und die öffentliche Ordnung stören" könne. Das Verfahren sei an die Innenbehörde abgegeben worden.


Stand: 19.01.2004 18:07 Uhr
Körperwelten in Frankfurt - Pressekonferenz mit Gunther von Hagens
Manege frei!

Eine Reportage von Julia Wiederer
"Durch die Drehtüre und dann weiter bis zum Pferd!" - die Dame am Presseschalter der Naxos-Eventhalle weist mir den Weg. Morgen soll hier die neue Körperwelten-Ausstellung eröffnet werden. Aus diesem Anlass ist für heute, den 15. Januar 2004, eine Pressekonferenz mit Gunther von Hagens angesetzt. Die Schau in Frankfurt wird bereits die achte in Deutschland sein - und die 24. Körperwelten-Ausstellung weltweit. Mehr als 14 Millionen Menschen haben bisher von Hagens` Plastinate gesehen.

Übersicht

Mit "Beuys-Hut" und Baumwolltasche
"Dies ist ein Ort der Aufklärung"
Leichenüberschuss - ja oder nein?
Post für den Vatikan
"Der Elefant ist in Vorbereitung"
Die "Akte Müller"
Links zum Thema

"Ich sehe mich in der Tradition der Anatomen der Renaissance. Andreas Vesal ist mein Vorbild." Gunther von Hagens.


Gleich links hinter dem Eingang werde ich von Gorilla "Arti" begrüßt. Er ist die Attraktion der neuen Präsentation: neben einem Baumstumpf stehend - sein Bauchpaket baumelt von einem Ast herab. "Arti" stammt aus dem Hannoveraner Zoo und ein bisschen fühle auch ich mich an solchen Ort versetzt. Mehr aber noch werden die nächsten Stunden die Erinnerung an Zirkusbesuche während meiner Kindheit wecken.




In der "Eventhalle" herrscht reger Betrieb: Die letzten Kisten aus Hamburg - hier fand die Ausstellung zuvor statt - werden geliefert. Präparatoren sind damit beschäftigt, einigen Plastinaten den letzten Schliff zu verleihen. Die Journalisten haben sich unterdessen am "Scheuenden Pferd mit Reiter" versammelt, warten auf die Ankunft des "Plastinators".


Mit "Beuys-Hut" und Baumwolltasche hoch

Zwischen den Plastinaten des Ausstellungsparcours taucht von Hagens plötzlich auf. Für die Fotografen posiert von Hagens neben einem der Plastinate - steif und ohne ein Wort von sich zu geben - um dann zum nächsten Ausstellungsobjekt zu wandeln. Ein durchdringender Blick in Richtung der Fotografen, die Blitze und das Klicken der Fotoapparate - eine seltsame Situation, fast etwas unheimlich.

Die Pressekonferenz wird von einem "neutralen" Schweizer Journalisten moderiert; mit von Hagens ist er allerdings "per du". Zur Verstärkung ist der Anwalt mitgekommen, ebenso Frau, Sohn und von Hagens` Vater. Später wird einmal die ganze Familie von Hagens plastiniert sein. Angelina Whalley, Ehefrau und zugleich Organisatorin der Ausstellungen, betrachtet es als "Liebesdienst für ihren Mann", seine Plastination selbst vorzunehmen. Sein Werk würde dadurch zugleich vollendet werden.


"Dies ist ein Ort der Aufklärung" hoch

"Dies ist ein Ort der Aufklärung" ist ein Satz, der im Laufe der Pressekonferenz mehrmals fällt. Aufklärung scheint von Hagens ein zentrales Anliegen zu sein. So richtig kann man ihm diese Absicht allerdings nicht abnehmen, zumal Konstrukte wie "Edutainment" - das heißt die Kombination von Education (Erziehung) und Entertainment (Unterhaltung) - die Werbemaschinerie bestimmen. Während des dreimonatigen Gastspiels in Frankfurt rechnet er mit 400 000 Besuchern. Die in Hamburg veranstaltete "Stadtrundfahrt mit Leichen" diene nicht gerade der Aufklärung, bemerkt ein Journalist. Tod und Humor gehöre schließlich zusammen, triumphiert von Hagens darauf. Die Stadt Frankfurt dürfe sich auf eine ebenso unterhaltsame Aktion freuen.




Fast ein "Meine Damen und Herren, hier sehen Sie ..."

Die Vorstellung geht weiter. Von Hagens bittet die Journalisten, sich umzudrehen. Ein Aktenschrank wird präsentiert. Sein Inhalt: die Einverständniserklärungen sämtlicher Körperspender. Und weiter: Akteneinsicht ist ausdrücklich erlaubt! Meine Neugier auf die Körperspender und ihre Beweggründe ist geweckt. Ich beschließe, nach der Pressekonferenz einen Blick in die Ordner zu werfen.


Leichenüberschuss - ja oder nein? hoch

Ob denn ein Überhang an Leichen bestehe, will eine saarländische Journalistin wissen. Derzeit wären 250 Leichen vorrätig; 50 benötige man, um eine Ausstellung zu bestücken. Schon frühzeitig habe er gelernt: man müsse immer ein paar in der Hinterhand haben.


Post für den Vatikan hoch

Wie bei den meisten Gesprächen über die Ausstellung kommt die Sprache auf die Position der Kirche. Das Thema ist in Frankfurt besonders brisant: So hat die evangelische Pröbstin Helga Trösken - Gegnerin von Hagens` und seiner Ausstellung - für den Eröffnungstag zu einem "Gedenkgottesdienst für die Toten" geladen. Von Hagens bezieht zu diesem Punkt Stellung und erklärt, das Christentum habe die Anatomie mitbegründet, auch Päpste hätten sich schon obduzieren lassen.

"Ich kratze am Bestattungsmonopol der Kirche", stellt von Hagens grinsend fest und fügt hinzu: Eine Anfrage an den Papst bezüglich einer Stellungnahme sei geplant.


"Der Elefant ist in Vorbereitung" hoch

In diesem Jahr noch wird sich entscheiden, wo das Menschenmuseum eingerichtet werden soll, so von Hagens auf die Frage nach seinen Plänen. Zur Auswahl stünden Hamburg, Berlin und Mannheim - Voraussetzung sei "keine Zensur". In einer Dauerausstellung soll den Großtierplastinaten mehr Platz eingeräumt werden können.

Hokuspokus Würfelanatomie

Schließlich zieht von Hagens - Hokuspokus - einen Klotz aus der Jacketttasche, legt ihn vor sich auf den Tisch und erzählt von seiner neuen Leidenschaft, der Würfelanatomie: Plastinierte Körpersegmente - in diesem Fall ein Stück Unterarm - hart und handlich.

Mehr und mehr enttarnt sich die Veranstaltung für mich als perfekte Inszenierung bis ins Detail. Keine Frage scheint zu überraschen, jede Antwort klingt so, als hätte er längst darauf gewartet, sie geben zu dürfen. Im Zweifelsfall - und auch dies wohl einstudiert - darf der Anwalt zu Wort kommen und die Hintergründe zum Streit mit der Universität Heidelberg bezüglich des Professorentitels beleuchten.

Nachdem die offizielle Vorstellung beendet ist, stellt sich der Plastinator noch einmal den Fotografen zur Verfügung: Von Hagens mit scheuendem Pferd und Reiter, von Hagens mit Gorilla "Arti" - ein wenig wie im Zirkus eben.


Die "Akte Müller" hoch

Viel mehr als von Hagens interessieren mich besagte Aktenordner. Die Einverständniserklärungen der Körperspender werden in Klarsichthüllen aufbewahrt und sind dem Alphabet nach sortiert. Allein der Nachname "Müller" füllt einen Ordner. Wahllos blättere ich darin herum - von wachen Augen beobachtet. Ich registriere die Geburtsdaten, die Beweggründe zur Körperspende sind allerdings nur per "Multiple-Choice-Auswahl" angegeben. Dann der Brief einer Spenderin - an von Hagens persönlich gerichtet. Und plötzlich ein gelber Klebezettel auf einer Erklärung: "Möchte nicht mehr Körperspender sein". In meiner Phantasie sehe ich mich schon einen brisanten Fall aufdecken. Schnell werde ich jedoch in die Realität zurückgeholt: Ich darf den Schriftverkehr nicht aus der Hülle nehmen.

Als ich später noch einmal zu "Arti" komme, steht auch von Hagens dort. Und in diesem Moment weiß ich nicht, wer mir eigentlich unheimlicher vorkommt.


Links zum Thema hoch

Gunther von Hagens äußert sich zu den Spiegel-Vorwürfen

Gunther von Hagens bestreitet die gegen ihn erhobenen Vorwürfe des Magazins "Der Spiegel", Leichenmaterial von Hingerichteten in seinen Ausstellungen zu zeigen. "Ich lehne die Plastination Hingerichteter strikt ab", sagte von Hagens auf einer Pressekonferenz in Frankfurt...

Pressekonverenz am 22.01.2004

Plastinate in der Lehre? Podiumsdiskussion mit Gunther von Hagens

Der Hörsaal F der MHH in Hannover ist an diesem Tag im Dezember 2003 vollbesetzt. Ganz vorne, in der ersten Reihe, sitzt Gunther von Hagens und scheint sich im Blitzlichtgewitter der Fotografen zu sonnen. In dieser Podiumsdiskussion soll die Frage diskutiert werden, ob Plastinate sinnvoll in der Lehre eingesetzt werden können.

Von Hagens schließt Verarbeiten von Hingerichteten nicht aus
Der Körperwelten-Macher wehrt sich gegen Vorwürfe. Nach einem Medienbericht soll der Anatom Leichen von Strafgefangenen aus China benutzt haben

Gunther von Hagens, umstrittener Macher der Ausstellung Körperwelten
Foto: ddp
Frankfurt/Main - Der Macher der umstrittenen Ausstellung Körperwelten, Gunther von Hagens, hat sich gegen Vorwürfe gewehrt, Körper von Hingerichtenen für seine Präparate zu nutzen. Nach gesundem Menschenverstand nehme er an, dass niemals Hingerichtete zu Plastinaten umgewandelt worden seien, sagte von Hagens am Donnerstag in Frankfurt am Main.


Grundsätzlich könne er dies aber nicht ausschließen. Er halte es jedoch für extrem unwahrscheinlich, dass ihm Hinrichtungsopfer untergeschoben würden. Er gehe davon aus, dass seine Mitarbeiter sich an seine Anweisungen hielten, betonte von Hagens.


Das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ hatte berichtet, der Anatom habe für die Herstellung seine Präparate offenbar auch Körper von in China hingerichteten Strafgefangenen benutzt. Er habe unter Missachtung internationaler Vereinbarungen durch seine Firma in großem Stil Tote aufgekauft. WELT.de/AFP

Ausstellen präparierter Menschen: Die "Körperwelten" sind moralisch verwerflich und ein Fall für die Justiz







Menschliche Individualität zur Schau stellen.

Nach Auffassung der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) erfüllt die Ausstellung Körperwelten den Straftatbestand der Störung der Totenruhe. Es handele sich aus rechtlicher Sicht um 'beschimpfenden Unfug an Leichen'. "Der Menschenpräparator Gunther von Hagens nutzt Leichen für kommerzielle Zwecke und propagiert jetzt sogar eine 'vierte Bestattungsform'. Die Ausstellung Verstorbener und Hingerichteter ist aber keine Kunst, sondern sie ist ein Missbrauch sterblicher Überreste.

Die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte fordert deshalb die Frankfurter Staatsanwaltschaft auf, die Schliessung der Ausstellung zu prüfen", erklärte Karl Hafen, Geschäftsführender Vorsitzender der IGFM.

Die in Frankfurt ansässige Menschenrechtsorganisation nennt die Ausstellung des "weltweit operierenden Leichenhändlers" von Hagens moralisch verwerflich und rechtlich bedenklich. Hafen: "Die kommerzielle Verwertung menschlicher Überreste bedeutet eine krasse Missachtung des allgemeinen Pietätsempfindens und der Würde der Verstorbenen. Sich die Rechte für die kommerzielle Zurschaustellung der Leiche eines noch Lebenden zu erkaufen, ist zutiefst unmoralisch. Diesem Skandal muss ein Ende gemacht werden, er ist ein Fall für die Justiz."

Die neuen Meldungen über die Geschäftspraktiken von Hagens untermauern, dass der Menschenpräparator die Menschenwürde systematisch verletzt. Hafen erklärte weiter: "Gunther von Hagens scheint darauf versessen, zum Beispiel 'Riesen' zu präparieren und nutzt menschliche Individualität um sie gewinnbringend zur Schau zu stellen. Die Menschenwürde und die Menschenrechte bleiben dabei auf der Strecke."

Von Hagens Äusserung in der SWR-Fernsehsendung "nachgefragt", nach der die Zurschaustellung präparierter Verstorbener eine "vierte Bestattungsform" darstelle, zeigt, wohin nach seinem Willen der Weg zur kommerziellen Nutzung von Leichen führen soll. Nur die Schliessung der Ausstellung und der Stopp weiterer Aktivitäten in Verbindung mit präparierten menschlichen Körpern und kommerziellen Aktivitäten kann verhindern, dass Recht und Moral weiter ausgehöhlt werden. Gemäss Paragraf 168 des Strafgesetzbuches stellt die Ausstellung eine permanente "Störung der Totenruhe" in Form beschimpfenden Unfugs dar, so die IGFM.






Manche Kinder kommen nur mit psychologischer Hilfe darüber hinweg.


Für Kinder und Jugendliche nicht geeignet
Die Dozenten des Religionspädagogischen Studienzentrums der Evangelischen Kirche Hessen Nassau (EKHN) haben davon abgeraten, die Ausstellung "Körperwelten" mit Kindern und Jugendlichen zu besuchen. Selbst bei einer intensiven pädagogischen Vor- und Nachbereitung könnten die Eindrücke so stark sein, dass die Kinder nur mit psychologischer Hilfe darüber hinweg kämen.

Die Ausstellung Körperwelten zeigt die Körper oder Körperteile Verstorbener, die durch ein speziellen Verfahren ("Plastination") konserviert wurden. Noch bis Mitte April macht die Wanderausstellung in Frankfurt am Main Station. Seit der Eröffnung im Jahr 1996 haben weltweit mehr als 13 Millionen Menschen die Ausstellung besucht.

Nach Angaben der Veranstalter stammen die gezeigten "Präparate" von Menschen, die zu Lebzeiten darüber verfügt haben, dass ihr Körper nach dem Ableben zur Ausbildung von Ärzten und der Aufklärung von Laien zur Verfügung stehen soll.

Im den vergangenen Wochen entflammte in den Medien erneut eine Diskussion über die Ausstellung. Diesmal geht es vor allem um die Frage, woher von der Direktor der Ausstellung, Gunther von Hagens, die verwendeten Leichen bezieht.

Der "Spiegel" hatte Vorwürfe gegen von Hagens erhoben und behauptet, Beweismaterial dafür zu haben, dass in dem Präparations-Institut in China auch Hinrichtungsopfer zur "Plastination" verwendet wurden. Konkreter Anlass war der Fund von sieben "Ganzkörperpräparaten", die Kopfverletzungen aufwiesen. Derzeit prüft die Heidelberger Staatsanwaltschaft den Fall. Sollten die Vorwürfe stimmen, droht von Hagens ein strafrechtliches Verfahren.

Neben der strafrechtlichen Relevanz stehen an erster Stelle aber die ethischen Aspekte. So sieht das Religionspädagogische Studienzentrum (RPZ) in der präsentierten Schau, in der menschliche Körper und Körperteile reisserisch zurechtgemacht und aus kommerziellen Gründen ausgestellt werden, einen "Widerspruch zur christlichen Ethik". Die Herkunft der Leichen lasse auf einen verantwortungslosen Umgang mit Tod und Sterben und eine damit einhergehende Verletzung der menschlichen Würde schliessen.

Das Geschäft mit dem Tod

KÖRPERWELTEN - Der Ausstellungsmacher Gunther von Hagens schließt nicht aus, dass Präparate auch von Hingerichteten kommen. Ein Problem hat er damit nicht. Juristen schon.
FRANKFURT A. M., 22. Januar. Er hat einen Sinn für die Inszenierung, aber er ist ein schlechter Showmaster. Als Gunther von Hagens am Donnerstagmorgen vor die Presse tritt, da stellt sich der "Plastinator" fotogen vor sein bekanntestes Gruselstück: Ein enthäutetes Pferd mit einem in drei Stücke zerteilten Leichenreiter. Der Mann, den das Nachrichtenmagazin Spiegel auf seinem aktuellen Titel als Dr. Tod attackiert, stellt sich hunderten Journalisten und Besuchern in seiner umstrittenen Ausstellung Körperwelten zwischen präparierten Embryonen und in Kunststoff gegossenen Herzmuskeln.

Aber der 59 Jahre alte gelernte Mediziner wirkt fahrig und nervös, als er mit leichtem Thüringer Tonfall sagt: "In dieser Ausstellung gibt es keine Präparate von Hingerichteten aus China." Er sei aber auf den Ankauf chinesischer "Körperpräparate" angewiesen, um die enorme weltweite Nachfrage nach seinen anatomischen Produkten zu befriedigen.

Auch der Spiegel behauptet nicht explizit, dass in der Frankfurter Leichenausstellung Hinrichtungsopfer präsentiert würden. Aber das Blatt weist darauf hin, dass dies durchaus möglich wäre. In dem Artikel wird mit Informationen aus rund 15 000 firmeneigenen E-Mails detailliert geschildert, wie der ehemalige Heidelberger Universitätsanatom seit Mitte der 90er-Jahre einen Handel mit der "Ware Mensch" aufgebaut hat, der nach den simpelsten Gesetzmäßigkeiten des Kapitalismus funktioniere: Billig einkaufen, verarbeiten, teuer vermarkten.

75 000 Euro für eine Leiche

Um die Nachfrage nach Leichenpräparaten vor allem aus islamischen Ländern zu befriedigen, habe der Erfinder der Kunststoffplastination ein undurchschaubares Firmengeflecht gegründet und kaufe in großem Stil Tote an, darunter die Körper von Hinrichtungsopfern aus China. Zu deren "Verarbeitung" diene besonders seine "Leichenfabrik" in der High-Tech-Zone Dalian in Nordostchina, wo über 200 Mitarbeiter im Akkord Leichen zweifelhafter Herkunft präparierten, die dann für bis zu 75 000 Euro verkauft würden. Darunter in mindestens zwei Fällen Tote mit Kopfschusslöchern und aufgeschnittenen Bauchdecken, die offenbar aus Hinrichtungen stammten; in der Umgebung der Fabrik befinden sich drei Straflager. In Dalian lagere von Hagens 647 teils auch von der chinesischen Polizei erworbene Leichen. Erst nachdem der Präparator wegen anderer Vorwürfe aus Russland in die Kritik geraten war, habe er die Annahme von Hinrichtungsopfern aus China strikt untersagt, so der Spiegel.

Auch in seiner Ausstellung verkündet ein riesiges Plakat, alle Präparate stammten von Menschen, die sich zu Lebzeiten freiwillig als Körperspender zur Verfügung gestellt haben. Mit den Vorwürfen konfrontiert, setzt der Mann mit dem Joseph-Beuys-Filzhut seine Lesebrille auf, rudert mit den Armen durch die Luft und räumt dann Punkt für Punkt ein, dass er nichts ausschließen könne.

Woher die Leichen stammen? Er wisse es nicht genau, sagt Gunther von Hagens, sein chinesischer Mitarbeiter habe die Listen nicht wahrheitsgemäß geführt, sie seien aber von Instituten aus 40 Ländern gekommen, und, ja, auch aus Polizeistationen. Ob Hinrichtungsopfer darunter seien? Er habe keine Ahnung, halte es aber für unwahrscheinlich. "Ich habe jetzt noch einmal alles überprüfen lassen, dabei wurden sieben Ganzkörperpräparate gefunden, die Kopfverletzungen aufweisen." Er habe angeordnet, diese Leichen sofort zu beerdigen. Ja, er habe die Leichen auch gekauft, "das ist doch ganz normal", und zwar für rund 1 000 Euro pro "Exemplar". In China seien die Verhältnisse eben schwieriger als erwartet gewesen: "Trotz der Zeit des Kommunismus sind die Leute dort sehr abergläubisch." Deshalb habe er bisher erst eine freiwillige Körperspenderin aus China gefunden - im Gegensatz zu Deutschland.

Zwei Stunden lang wiederholt Gunther von Hagens immer wieder, er habe nach "höchsten Standards" gehandelt und zahle auch ordnungsgemäß Steuern. Der Plastinator redet von "Präparaten", von "Anatomieleichen", und dass er nach all der Kritik bald in seiner Ausstellung auch Schicksalsleichen mit Lebenslauf präsentieren wolle, "obwohl ich immer dagegen war, weil einem dann die Tränen kommen". Als er das "Recht des mündigen Bürgers" erwähnt, "sich selbst über sein Inneres zu informieren", klatschen die Ausstellungsbesucher Beifall.

Vor der Frankfurter Ausstellung protestieren in diesen Tagen Anhänger des chinesischen Falun Gong-Kultes, die Auskunft darüber verlangen, ob Mitglieder ihrer Sekte, die in Gefangenenlagern sterben, möglicherweise von dem Präparator "verwertet" wurden: Gunther von Hagens weist solche Vorwürfe zurück. In der Ausstellung befindet sich keine einzige Leiche aus dem Ausland, sagt er. Das würden die deutschen Gesetze auch verbieten. Aber ausschließen, nein, "ausschließen kann ich gar nichts".


Millionen Besucher weltweit // Weltweit haben nach Angaben der Veranstalter bislang rund 13,8 Millionen Menschen die "Körperwelten"-Ausstellungen von Gunther von Hagens gesehen - zu Eintritts- preisen von bis zu zwölf Euro. Allein in Berlin waren es im Jahr 2001 1,4 Millionen Besucher, die sich die plastinierten Leichen ansahen. Erfolgreich war die Schau auch in Südkorea, wo sie 3,14 Millionen Menschen anzog und in Japan mit 2,74 Millionen Besuchern.

Den Durchbruch schaffte Gunther von Hagens 1997 mit der ersten deutschen "Körperwelten"-Schau in Mannheim. Mit 774 000 Besuchern übertraf das Interesse damals alle Erwartungen. Derzeit ist die Wanderausstellung in Frankfurt am Main zu sehen.

Neben den Millionen aus den Ausstellungen macht der Verkauf von Plastinaten einen Großteil des Geschäftsimperiums von "Dr. Tod" (Spiegel) aus. Der Anatom und Plastinator gebietet nach Medienberichten über ein weltumspannendes Unternehmen, das in geradezu industriellem Maßstab Leichen verwertet.

1993 hatte von Hagens in Heidelberg das Institut für Plastination gegründet; inzwischen hat der Mediziner Kooperationen mit anatomischen Instituten der medizinischen Universitäten im kirgisischem Bischkek und im chinesischen Dalian geschlossen. Wie in Dalian hat er auch in Bischkek ein eigenes Institut gegründet.

In der von ihm errichteten chinesischen Plastinationsfabrik mit 200 Mitarbeitern in Dalian lässt von Hagens neben den Leichen, die er für die "Körperwelten" erwirbt, auch Tote zu Studienobjekten für Universitäten oder Fachschulen verarbeiten. Nach eigenen Angaben unterhält der Plastinator, der heute überwiegend in China lebt und arbeitet, Geschäftsbeziehungen mit 400 Universitäten in 40 Ländern.

Foto (2): Gunther von Hagens verteidigte sich am Donnerstag gegen Kritik an der Ausstellung: "Wir sollten in Deutschland nicht den ethischen Oberlehrer spielen. ".

1,4 Millionen Menschen sahen 2001 die Berliner Ausstellung.



Heidelberg

Ermittlungen gegen von Hagens?

Nach neuen Vorwürfen gegen den Schöpfer der "Körperwelten"-Ausstellung, Gunther von Hagens, prüft die Staatsanwaltschaft Heidelberg die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens. "Der Spiegel" hatte berichtet, Hagens zeige in seiner Schau die Leichen chinesischer Hinrichtungsopfer.



Gunther von Hagens mit einem seiner Präparate



Zu den Vorwürfen will Hagens nach Angaben einer Sprecherin des Heidelberger Instituts für Plastination am Donnerstag Stellung nehmen.

Am Wochenende hatte das Nachrichtenmagazin gemeldet, der Initiator des Projekts "Körperwelten" habe für die Herstellung seiner Präparate auch die Körper von in China hingerichteten Häftlingen verwendet. Aus einer Inventurliste vom November 2003 gehe hervor, dass in seiner Firma "Von Hagens Plastination Ltd." im chinesischen Dalian insgesamt 647 "Ganzkörper" gelagert waren, die für Ausstellungen und den Verkauf an Universitäten aufbereitet werden sollten.

Von Hagens hatte dagegen bisher immer angegeben, lediglich 250 Leichen von "Körperspendern" erhalten zu haben. Unter den im Dezember 2001 gelieferten Körpern waren auch die Leichen einer jungen Frau und eines jungen Mannes, die offenbar erst kurz zuvor exekutiert worden waren. Die Köpfe der Toten hätten "ein Einschussloch" aufgewiesen.


Plastinat "Basketballspieler"



Von Hagens bestätigte gegenüber dem "Spiegel", dass Mitarbeiter seines Unternehmens die Leichen angenommen hätten, er selbst von diesem Vorgang jedoch "entsetzt" gewesen sei als er davon erfuhr. Die verantwortlichen Mitarbeiter seien entlassen worden.

Nach ihrem Start 1996 in Japan wurde die Ausstellung "Körperwelten" mit plastinierten Leichen und Leichenteilen unter anderem in Stuttgart, Mannheim, Basel, Berlin, Köln und Brüssel gezeigt. In München war sie erst 2002 zu sehen - nach einem Gerichtsurteil, das das Verbot der Stadt München aufgehoben hatte.

Körperwelten-Schau in Frankfurt am Main

Mehr zum Thema im SWR

Ganzkörperplastinate stammen ausschließlich aus Körperspende- Programm
(0:43 Min.)






Die "Spiegel"-Vorwürfe überschatteten auch die Ausstellungseröffnung in Frankfurt am Main. Dort ist die Schau seit dem 16. Januar zu sehen. Gunther von Hagens versicherte, dass alle rund 200 Plastinate, die in Frankfurt gezeigt werden, von europäischen Körpersependern stammen. Seit Jahren melden sich hunderte Freiwillige, die sich nach ihrem Tod plastinieren lassen wollen.

Auffällig ist, dass die Vorwürfe gegen den umstrittenen Plastinator immer vor Neueröffnungen einer Schau laut werden. Zuletzt war dies vor der von heftigen Protesten begleiteten Ausstellung in München der Fall. Dort ging es um die ungeklärte Herkunft von Leichen aus Kirgisien. Als sich die Gerichte der Sache annahmen, fielen alle Vorwürfe in sich zusammen.

Als Folge solcher Vorwürfe überlegt Gunther von Hagens, in Zukunft eine "transparentere Anatomie" zu etablieren und bei besonders spektakulären Präparaten eine Beschriftung anzubringen, die über die Identität der Leiche Auskunft gibt.


Weiter mit:
Strafbefehl wegen Titelmissbrauchs

Heidelberg

Strafbefehl wegen Titelmissbrauchs

Einen Strafbefehl gegen den Anatom Gunther von Hagens hat die Staatsanwaltschaft Heidelberg beantragt. Der umstrittene Plastinator soll in fünf Fällen Schriftstücke unrechtmäßig mit "Prof." oder "Professor" Dr. Gunther von Hagens unterzeichnet haben.



Gunther von Hagens hinter einem seiner Plastinate



Von Hagens sei nicht berechtigt gewesen, zwischen Anfang Februar 2002 und Mitte August 2003 den akademischen Grad eines Professors ohne Hinweis auf dessen Herkunft zu führen, erklärte Oberstaatsanwältin Elke O'Donoghue. Die Anzeige war von der Universität Heidelberg erstattet worden.

Im September 2003 hatte von Hagens erklärt, er trage den chinesischen Professorentitel rechtmäßig. Das Ministerium für Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen habe bereits im Jahre 2001 seine Zustimmung zur Führung seines von der Dalian Medical University verliehenen Professorentitels erteilt..






































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