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- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - 2004-08-29 | |
Würde man alle Gedichte von poezie.ro nach Themen einordnen, so wären die meisten Eintragungen wohl in der Gattung Liebesgedicht zu registrieren. Dass Liebesgedichte im allgemeinen eine Sonderstellung in der Welt der Poesie einnehmen, zeigen schon die vielen Lyrikanthologien und Wettbewerbe zu diesem Thema. Um nur ein Beispiel zu nennen: Der Insel Verlag führt in seinem Programm ganze Lyrikreihen mit dem Schwerpunkt Liebe. „Die schönsten Liebesgedichte der deutschen Literatur“, Liebesgedichte von Novalis, Annette von Droste-Hülshoff, Anna Achmatowa und Alexander Puschkin in Einzelbänden und schließlich „Liebe-Anthologien“ legen ein beredtes Zeugnis von dem Gewicht der Liebeslyrik im deutschen Verlagswesen ab.
Paul Celans „Liebesgedichte“ wurden von Joachim Seng ausgewählt, und der weiß, diese Gedichte „suchen und brauchen ein aufmerksames und ihnen zugeneigtes Gegenüber“. Das deutet auf einen nicht immer leichten Zugang zu den (oder einigen) Gedichten dieses Insel-Taschenbuches hin. Vielleicht sollte man sich mal beim Lesen ein wenig von seinen voyeuristischen Neigungen lösen und sich mehr der Sprache und den von ihnen suggerierten Fantasiebildern hingeben. Das könnte sehr wohl zu einem Erlebnis führen. Wo sind Gefühlslabyrinthe undurchdringlicher als im Walten der Liebe? Eifersucht? Ist sie notwendiges Existenzelixier der Liebe oder dieser eher abträglich? Ersteres scheint in Celans „Schlaflied“ der Fall zu sein. Eifersucht auf Dinge und Naturelemente unterstreichen die alles andere verdrängende Dominanz der eigenen Liebesgefühle, die aber auch einen gewissen Besitzanspruch an dem geliebten Wesen reklamiert: „ ... daß der Spiegel nicht zu spät / deine Stunde krönt und kündet / Mond dir dein Haar nicht entzündet, / wenn er kommt und weht, // unter deine Lider sieht, / was für Fremde sie verschweigen - / über dich muß ich mich neigen, / wenn er weiterzieht...“ Bei Paul Celan geht die Liebe im wahrsten Sinne des Wortes durch die Augen: „Mit dem Blau deiner Augen deckst du den Tisch unsrer Liebe.“ Der Dichter veranstaltet mit dem Sehorgan ein wahres Festival von Sprachvariationen. Blicklos schweigend, dem anderen redend, in der Kammer eine Kerze sein, trunken, blind, für Wasser sorgend, sich austauschend, brechend, wühlend und in noch vielen anderen Hypostasen gewähren die Augen dem Dichter den Zugang zum Herzen der Angebeteten. Auch viel Schwermut, Nostalgie und Liebeskummer spricht aus diesen Gedichten, die laut Joachim Seng chronologisch angeordnet sind und zum Schluss immer wortärmer, dafür aber auch immer worterotischer werden (heidegängerisch, hervorgedunkelt, vorgeschatteter Blatt-Trieb, Mantelaug & Mandelaug). Joachim Seng erläutert in einem aufschlussreichen Nachwort sein Auswahlverfahren und wirft einen diskreten Blick auf die Liebesbeziehung des Dichters zu seiner Frau Giséle Celan-Lestrange. Das letzte Gedicht Celans spricht anscheinend von einer Zeit nach ihm. Es ist seiner Frau gewidmet: „Es wird etwas sein, später / das füllt sich mit dir / und hebt sich / an einen Mund“ Vorahnungen? Andeutungen? Paul Celan hat 1974 den Freitod gewählt. Sein Werk hat überlebt, zum Glück auch seine „Liebesgedichte“. Paul Celan: Liebesgedichte, Insel Verlag Frankfurt am Main und Leipzig 2003, ISBN 3-458-34645-7, 105 Seiten, Preis: 5.00 Euro
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