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Einen Joseph Roth konnte er nie ersetzen
artikel [ Bücher ]
Attilas Ende – Erzählung von Heinrich Zillich

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von [Delagiarmata ]

2009-11-28  |     | 



„Mein Vater träumte von einem slawischen Königreich unter der Herrschaft der Habsburger“, kann man in Joseph Roths Roman „Die Kapuzinergruft“ nachlesen. Noch bevor der Roman im holländischen Verlag Gemeenschap, Bilthoven, erschien, wurden Teile von ihm als Fortsetzungsroman in der in Frankreich erschienenen Exilzeitung DIE ÖSTERREICHISCHE POST veröffentlicht.

„Da standen noch immer die gedrungenen Gestalten, Bettlern gleich mitten im Marmor; aber hatte der König der Bettler nicht die gewaltigen Stämme der Gepiden und Ostgoten unterworfen, griff sein Reich von Asien nicht bis über Dazien und Pannonien...“ So beschreibt Heinrich Zillich den König der Hunnen, Attila.

Zwei Welten, eine zeitgeschichtliche, von unseren Urgroßvätern noch erlebte, und eine mittelalterliche, ins Reich der Sagen abgetauchte, fanden auch hier Eingang in die Literatur. Gemeinsam ist ihnen der geographische Raum ihrer Entfaltungen. Ansonsten gibt es fast nur Unterschiede, auch zwischen den Autoren. Joseph Roth (1894 – 1939) musste ins Exil, Heinrich Zillich (1898 – 1988) kam ins Reich. Obwohl beide von den Rändern der Habsburger Monarchie stammten, Ostgalizien bzw. Siebenbürgen, verliefen ihre Biographien und schriftstellerischen Laufbahnen konträr.

Natürlich kann man zwei Schriftsteller anhand zweier Sätze nicht beurteilen, aber einen Unterschied im Ton kann man, wenn auch subjektiv, durchaus wahrnehmen. In Roths Satz wird ein auf Autonomieprinzipien basierender Vielvölkerstaat beschworen, während bei Zillich eindeutig von gewaltsamer Unterwerfung die Rede ist. Im Nachhinein sind wir ja meistens alle klüger und wissen, dass Joseph Roth in der Weltliteratur seinen Platz gefunden hat, während Heinrich Zillich im besten Fall als deutscher Schriftsteller mit nationalsozialistischen Sympathien einer literarisch interessierten Minderheit bekannt sein dürfte. Als Zillich 1937 den „Literaturpreis der Stadt Berlin“ bekam, hatte Roths persönliches Drama im Pariser Exil – Verzweiflung, Alkoholismus – längst seinen Lauf genommen.

Attilas Ende erfuhr bereits 1923 seine Erstveröffentlichung, wurde aber 1948 vom Bertelsmann Verlag wieder aufgelegt. Über das Copyright verfügte damals der Albert Langen/Georg Müller Verlag in München. Die zu den ersten Werken Zillichs gehörende Erzählung darf also getrost als naziideologiefrei betrachtet werden und man kann dem Autor bestimmt keine propagandistischen Absichten damit unterstellen. Im Gegenteil, die späteren Nazis haben dem in dieser Erzählung fast geläuterten und schon halb zum Christentum bekehrten Hunnenkönig Attila bestimmt nicht die gleichen Sympathiebekundungen zuteil werden lassen, wie es Zillich in diesem Büchlein tut.

Wir befinden uns in der Regierungszeit des römischen Kaisers Valentinian III. (425 – 455) und der ersten Blütezeit päpstlicher Autorität unter Papst Leo I., dessen Pontifikat von 440 bis 461 reichte. „Ein König, der in einer Holzburg hauste, irgendwo in der pannonischen Wildnis, während dem Caesar Paläste und Villen bereitet waren, von Sizilien bis Dalmatien“, machte sich im Jahre 452 auf den Weg nach Rom. Die Stadt mitsamt seinem christlichen Glauben wollte er, Attila, König der Hunnen, zerstören.

Heinrich Zillich malt das Bild eines lebhaften Kriegslagers, in dem sich Gelonen, Rhätier, Neurer, Bastarner, Bellotoner, Alemannen, Brukterer, Franken, Sueven, Quaden, Markomannen und Thüringer zusammenscharten. Und dann ist sie doch klar erkennbar, die angedeutete Gesinnung, die im späteren Ariertum der Nazis eine verheerende Ausprägung finden sollte, wenn der Autor jubilierend festhält: „Seine [Attilas] Scharen wurden blonder von Tag zu Tag. [...] Es wogte um ihn wie ein Wald von lichtem Haar, von riesigen Leibern, deren jeder den seinen überragte.“ Das würde so auch zu Adolf Hitler passen.

Und dennoch kann man Heinrich Zillich zugute halten, eine literarische Attlila-Figur geschaffen zu haben, die einen Zivilisierungsprozess durchmacht, ohne allerdings ihre barbarischen, noch immer auf viel Gewalt basierende Lebensweise aufzugeben. Die Grenzen seiner Macht zeigen Attila dann nicht römische Legionen auf, sondern die Pest. Sie wird als Waffe des fremden Gottes wahrgenommen und vom Hunnenkönig als Demütigung empfunden. Die Zweifel im alternden Attila vor den Toren Roms zeigen bereits in die Zukunft. Sie sind erste, noch zaghafte Vorboten der Christianisierung des ganzen europäischen Kontinents, auch wenn die Begegnung des Hunnen mit dem Papst geschichtlich umstritten bleibt. Zillich war Schriftsteller und seine Erzählung speist ihren Stoff gleichwohl aus mehr oder weniger sicheren geschichtlichen Überlieferungen als auch aus seiner Fiktion.

Und auch die letzte Nacht Attilas, die Nacht mit der Burgunderprinzessin Ildiko – geschichtliche Quellen sprechen von der Gotin Ildiko – zeigt bereits in ein neues Zeitalter. Die Ära der Geißel Gottes war vorbei, die Zeit des Gekreuzigten angebrochen. Heinrich Zillich hat es fertiggebracht, fast unbemerkt, den Konflikt vom Felde der kriegerischen Auseinandersetzungen in die von Geist und Gemüt beherrschten Glaubenssphären zu übertragen. Das ist eine schriftstellerische Leistung, die aller Anerkennung wert ist.

Aber gerade dieser Wechsel von der Gewalt zu Glaubensfragen, wenn auch nur sehr oberflächlich, könnte auch dazu beigetragen haben, dass Attilas Ende erst nach dem Krieg eine Neuauflage in Deutschland erfuhr. Und Heinrich Zillich kann man das heute als eine leichte Schuldminderung betreffs seiner Sympathien für den Nationalsozialismus, zur Aufrechterhaltung dessen Literaturbetrieb er zweifellos beigetragen hat, angedeihen lassen. Einen Joseph Roth konnte er sowieso nie ersetzen.


Heinrich Zillich: Attilas Ende, Erzählung; C. Bertelsmann Verlag Gütersloh, 1948; 111 Seiten, hat Seltenheitswert auch bei Antiquaren

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