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■ Eine Krone von Veilchen
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- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - 2005-03-25 | |
Ein historischer Roman, wird schon im Klappentext dieses Buches angekündigt. Und die grauenhafte Figur Neros soll eine Säule des Romanaufbaus sein. Versucht man diesen Roman nicht nur stofflich einzuordnen, sondern nach den von Wolfgang Kayser 1955 vorgeschlagenen Substanzschichten Geschehen, Figur und Raum, so kann man von einem Raum-Roman sprechen, „dessen Figuren keine ausgeprägte, ein Lebensschicksal durchlaufende Individualität haben, sondern dazu dienen, die vielfältigen Bereiche einer Welt zur Darstellung kommen zu lassen“.
Von dieser Warte aus betrachtet ist man dann auch nicht enttäuscht, wenn man feststellt, dass es sich hier keineswegs um einen Nero-Roman handelt, sondern eher um ein sehr breit angelegtes Historienpanorama Roms in der Endzeit des ruchlosen Mutter- Bruder- und Gattinnenmörders. Die Mordlust Neros liegt wie eine alle Sinne lähmende Last über den Menschen, besonders jener, die ihn im engeren Kreis umgeben. Der junge Römer Markus Vinicius verliebt sich unsterblich in die von den besiegten Lygiern den Römern als Geisel überlassene Königstochter Lygia, die im Haushalt ihrer römischen Gasteltern schon zum Christentum übergetreten war. Eine lebensgefährliche Affäre, zumal Nero eine gnadenlose Christenverfolgung gestartet hatte, beginnt sich zu entwickeln. Henryk Sienkiewcz bedient sich einer zweisträngigen Handlungsführung. Auf der einen Seite lernt man Nero und seinen bis zu individuellen Identitätsverleugnungen unterwürfigen Hofstaat kennen und auf der anderen Seite die im Untergrund friedlich, aber unermüdlich missionierenden Christen. Eine lose Verbindungsrolle zwischen diesen zwei, gegensätzlicher wohl kaum sein könnenden Welten ist dem Senator Gaius Petronius zugedacht, ein Onkel des jugendlichen Kriegstribuns Markus Vinicius. Neros dämonische Mordlust gipfelt in der Brandschändung Roms und der Schuldzuweisung an die Christen. In einer eigens dafür aufgebauten Arena lässt der Kaiser alle Christen, denen seine Pretorianer habhaft werden konnten, grausam vor dem verrohten Pöbel ermorden. Das Kreuz war das dabei meist eingesetzte Tötungsutensil. Es sind die wohl stärksten Seiten des Romans. Sienkiewicz versucht nie, absichtlich die Tränendrüsen des Lesers zu aktivieren. Er beschreibt die, jede menschliche Fantasie übersteigenden, Ereignisse in der Arena mit einer vorsichtigen Distanz. Die eingesetzten Metaphern sprechen aber eine deutliche Sprache und der stetige Szenenwechsel zwischen Marter und Wohllust unterstreicht die geistigen Abgründe, in die Nero und ein Großteil des römischen Volkes versunken waren. Der am 5. Mai 1864 geborene und am 15. November 1916 verstorbene polnische Romancier lässt eine umfassende Galerie von Personen auftreten, die aber alle nur dazu dienen, die Zeit der Christenverfolgung unter Kaiser Nero geschichtlich einzurahmen. Obwohl der Autor nicht mit Jahreszahlen arbeitet, sind in der Handlung des Romans die letzten Regierungsjahre Neros zu erkennen, also etwa 63 bis 68 nach Christus. Die Apostel Petrus und Paulus lebten noch und wurden selbst Opfer der Christenverfolgung. Henryk Sienkiewicz hat diesen Roman in den Jahren 1894/96 geschrieben. Quo vadis? Wohin gehst du? Er muss ein gläubiger Mensch gewesen sein, sonst währe ihm das duldsame Leiden der Christen bestimmt nicht so überzeugend gelungen. Trotzdem kann man sich heute um einiges schwerer vorstellen, dass ein junger, aber in so mancher Schlacht schon bewährter Krieger nicht zum Schwert greift, um seine Liebste aus den Klauen des kaiserlichen Ungeheuers zu retten, sondern sich in die Macht des neu erworbenen Glaubens flüchtet. Heute würde dieser Roman eine Jury kaum noch begeistern. Vor 100 Jahren war er aber allemal für den Nobelpreis gut. Schade bloß, dass weitere neun Jahre später (1914) alle christlichen Glaubenssätze über Bord gingen und neuzeitliche Könige & Kaiser ein moderneres Morden begannen. „Quo vadis?“ hatte von diesen Kriegstreibern bestimmt keiner gelesen. Henryk Sienkiewicz: Quo vadis?; Gondrom Verlag, Bayreuth, 1980; ISBN 3-8112-0202-2; Gebunden, 349 Seiten. (Die neuesten Auflagen dieses Romans sind im Jahre 2004 erschienen: Gondrom Verlag, EUR 5,00 und Area Verlag, EUR 7,95 – Amazon-Preise) |
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