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Am Hungertuch
prosa [ ]

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von [Szeren ]

2016-10-04  |     | 



Das Hungertuch


Sie hat es immer wieder gesagt: „Das hält doch kein Nadel und Zwirn zusammen.“ Tonlos, es tief fallen lassend, wie einen Stein, den man aus einem Beet entfernt. Es klang wie beim Einbläuen: „Bei dir ist Hopfen und Malz verloren“... und geht mir immer wieder durch den Kopf. Langsam, unweigerlich sickert es schwer in mich hinein, wie ein Wulst im Trichter der Zeit.
Ich danke es ihr schon täglich. Wenn ich nicht zum Umfallen müde bin, streife ich mir jeden Abend den Streit vom Hals wie ein schäbiges, altes Spitzennegligee, das keiner mehr braucht. Keiner. Wer sind wir zusammen, wer wir nicht auch allein hätten sein können.
Ich kann nicht verzeihen und vergessen, als wäre gar nichts geschehen. Himmel und Hölle haben wir als Kinder zusammen gehupft, mein Mann und ich. Mein jetziger? Wer kann das sagen? Sie hat mir die Bettdecke nicht abgezogen. Das kam erst schleichend, danach. Ich sage schleichend, wenn es auch gar nicht nötig gewesen ist. Sie hat Zugang zu unserem kleinen Schlafraum, wie alle anderen im Haus. Sie, meine Schwägerin, mein Schwager, meine zwei Kinder und alle anderen. Und dann einem das Fell abzuziehen! Wenn ich doch einmal allein in den Wald gehen könnte, um mir alle Wut und das Messer, das ich an der Kehle fühle, wenn sie nur eine Kartoffel schält, aus der Brust schreien. Aber wenn es nun doch jemand hört? Wenn mir jemand folgt, meine Schreie auf sich beziehen muss?
Manchmal, wenn mein Mann mich nicht mehr bemerkt, weil er eingeschlafen ist, der Kindskopf, ja, dann gehe ich leise vor mich hin auf die Knie. Und seufze so vor mich hin. Er riecht so angenehm wie das Kohlenfeuer im Brotofen, wenn wir an jedem vierten Samstag zusammen backen. Einmal bin ich dran, einmal meine Schwägerin.
Dann kam sie ins Zimmer, leise trippelnd, wie ein Husar vor seine Angebetete. Ich würge den hervorbrechenden Schrei hinunter und sehe die Szene vor mir. Lächelnd, mit zusammengezogenen Brauen trägt sie meine Laken in ihren Schrank, legt eines, das Feinste, auf ihr Bett und wartet auf das Gefühl.
Am Waschtag sah ich die Laken wieder. Eines weiß wie das andere, durchgewaschen, so dann geschlagen, gewrungen und letzten Endes geplättet. Ein Weiß alles. Wir haben den ganzen Abend nichts gesprochen. Wie verabredet, wie unter einer Decke, zwei Vertraute. Und sie sah mich verbittern. Sie sieht auf das fein Gesponnene und bemerkt über den engen Saum: "Das hält doch kein Nadel und Zwirn zusammen."
Als ich meine Laken zählte, erinnerte ich mich an die Hochzeitsnächte noch genau. Es waren sieben. Mindestens sieben. Es fehlten vier, die zusammengefaltet obenauf in ihrem Schrank liegen.
Es bleiben diese drei. Und der Anfang des Liedes vom Verzehren meiner Liebe. Mir ist alles eins, wären die Fragen nicht da. Und der Wulst.


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