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- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - 2010-08-07
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Ich stolziere mich mit der Tatsache, dass ich einer der Ältesten und besonders einer der Wenigen bin, die Barträger im kläglichen Regime waren, und vor allem, da ich vielleicht der Einzige war, zumindest in Cluj, der in die Kommunistische Partei Sack und Pack mit Bart eintrat.
Das Wort „Bart“ ist lateinischen Ursprungs. Die Römer liefen rasiert umher und wurden daher als „Barbaren“ abgestempelt, migrierende Eindringlinge, die ihr (der Dazier) blühendes Imperium vernichteten, also besser gesagt „wegrasierten“. Aus dem Bart machten die Dazier das Wort „Mann“*, denn sie waren Bartträger. Die Kommunisten kehrten zurück zur Bezeichnung „Barbaren“ für die „Männer“ mit „Bart“, knüpften sie aber an den Berufsstand des „Popen“ – ein schlimmer Fehler im Anfangskommunismus. Die Rumänen, katholischer als der Papst (Väterchen bei den Russen), haben von den Russen den Hass auf die Priesterschaft gelernt, die an Bart und Priesterrock erkennbar war, so dass um eine Zeit, die Jahrzehnte 6 und 7, aber auch 8 des vorigen Jahrhunderts, sich die Popen rasierten und mehr Zivilkleider trugen, um nicht, wie es heißt, von den an die Führung des Landes gelangten Proletariern – freilich durch ihre Repräsentanten: einer Eisenbahner, ein anderer Schuster, aber auch die anderen Chefs nur Absolventen von drei Klassen wie der Zug, der damals zirkulierte und auf dessen „Holzbänken“ gerade die Mitglieder der Arbeiter- und Bauernschaft fuhren -, auf der Straße belästigt zu werden. So traf es zu, dass 1963, als ich mir in den Ferien zwischen dem zweiten und dritten Jahr an der Clujer Fakultät Bart wachsen ließ, genauer ein „Kollier“ amerikanischen Stils (à la Lincoln), ich mich verschiedenster Zurechtweisungen erfreuen konnte, einschließlich seitens meiner Mutter. Nur Vater, der zu seiner Zeit mit aller Art von bürgerlichen Gutsherren zu tun hatte, sagte nichts, war er doch an sie gewöhnt: Brătianu, Maiorescu, Rosetti und viele andere, geschweige denn die Könige Carol I und Ferdinand – alles Bärtige. Wie auch immer, die Ethik der UTM erlaubte eine derartige Herabstufung der jungen kommunistischen Zukunft nicht, sie wollte gar nichts davon hören, sodass ich mich zu Beginn des vierten Studienjahres rasierte. Ich habe lediglich ein Foto auf dem Balkon des Elternhauses – der Blockwohnung, stellen Sie sich nichts anderes vor – aus dem Gheorgheni-Viertel aufbewahrt. Dann kam die Armee, rasiert und geschoren, es war eine Qual. Ich habe einen Wuschelbart, in sechs Richtungen, und beim Militär, wie gesagt, musste ich mich täglich rasieren, mit kaltem Wasser und den berühmten Rasierklingen „Bucureşti“, die mehr verletzten als rasierten. Ich versuchte, noch den einen oder anderen Tag ohne Rasur zu überbrücken, aber es wurde bemerkt und der Major schickte mich gleich zum Rasieren. Dann beneidete ich stets die Blonden, die ihren Flaum auch drei Tage lang stehen lassen konnten, ohne dass es jemand merkte. So beschloss ich, kaum ein Jahr nach meiner Rückkehr aus der Armee und nach meiner Einstellung am Institut für Linguistik und Literaturgeschichte in Cluj, angesichts der Probleme, die mir das Rasieren nach wie vor bereitete, mir erneut einen Bart stehen zu lassen. Es war 1968, so um den Februar herum, also vor dem Prager Frühling, nach dem Stelian Vasilescu, der Oradeaer* Theaterkritiker, guter Freund, auch er schon längst mit Bart und allem Drum und Dran in eine bessere Welt entschwunden, sich aus Protest gegen die Invasion der Truppen des Warschauer Paktes (weniger der Rumäniens) einen Vollbart stehen ließ. Es war auch eine scheinbar freie Zeit, Ceauşescu hatte Maos China noch nicht gesehen und auch nicht das Nordkorea des Kim-Ir-Sen, um ganz auszuflippen. Im gleichen Jahr debütierte ich in der literarischen Presse, in der „Tribuna“, mit großen Hoffnungen, die sukzessive von der roten Ideologie des Kommunismus und gleichzeitig der wilden kapitalistischen Restauration des Geheimdienstes zunichte gemacht wurden. Jetzt verstehen Sie, warum ich sagte, dass ich es bereue, eine Sängerkarriere wegen der Armee verpasst zu haben; jetzt wäre ich auch berühmt wie Loredana und Guþã, denn ich hätte einen Bekanntheitsgrad gleich mit dem Dan Spătarus um 1964. So habe ich mehr als 30 Bücher geschrieben, alle genial, die niemand liest, „weil es so in der Literatur ist“ – der „Kaschai“-Stil, wie die Spiritualisten sagen. Den ersten großen Konflikt hatte ich genau mit dem Bürgermeister Clujs, ein stolzer Arbeitermensch, aber dumm bis zum Geht-nicht-Mehr, mit Namen Remus Bucşa, der sich in der herrlichen Villa an der Racoviță-Straße niedergelassen hatte, in der ich die einzigen vier Kindergartentage meines Lebens verbracht hatte, damals 1948. Man höre und staune, sogar der Redakteur der Parteizeitung „Făclia”, der Kumpel Ilie Călian, ließ sich, begeistert von den Ereignissen in Prag, einen Bart stehen. Wir, die zwei „Bärtigen“, erschienen als Presseleute zu einem Treffen mit dem sowjetischen Dirigenten Rostropovici in der Wirtschaft des Rathauses. Wir „Bärtigen“ waren aufgeheizt von der Situation in der Tschechoslowakei und, statt Fragen zur Musiki* zu stellen, fragten wir den Musikus nach der Politiki* und zwar nach der sowjetischen, apropos nach Dubcek und Svoboda, die soeben von den sowjetischen Panzern aufs Abstellgleis geschoben worden waren. Bucşa, von Geburt aus Stalinist, aber nicht aus der Schule, da er diese nicht besonders frequentiert hatte, ist sehr erschrocken, hat die Pressekonferenz unterbrochen und uns hinausgeworfen, den unschuldigen Dirigenten unter seine beschützenden Fittiche nehmend. Am nächsten Tag, mangels wichtiger Arbeit für die Stadt, schickte er nach den zwei unverschämten „Bärtigen“. Es kam aber nur Freund Ilie, der sich dann auch auf den eindringlichen und drohenden Rat des Bürgermeisters rasierte. Er hatte keinen Ausweg, der Arme, er war politischer Angestellter und blieb ohne Bart wie der Bär ohne Schwanz bis zur Revolution, nach der er Chefredakteur der gleichen Parteizeitung (der FSN*) wurde, nur umbenannt in „Wahrheit in Freiheit“ und nach einiger Zeit, weil der Titel ziemlich peinlich klang, in „Wahrheit von Cluj“, um kürzlich zur alten Benennung „Făclia”* zurückzukehren (on revient toujours, n’est-ce-pas?). Auch er kam auf den Bart zurück, den er heute noch trägt, aber grau, sehr grau – wie meiner auch, vom Alter, natürlich. Mit mir war das schwieriger: Der bedauernswerte Bürgermeister war der Meinung, ich würde bei der Parteipresse arbeiten und er könne mich nach seinen Vorstellungen bekehren, indem er mich zur Rasur veranlasse, denn die Bärte haben ihn mehr aufgeregt als die Ideen, von denen er sowieso nicht besonders viel verstand. Etwa vier Tage lang hat er die Führung der Stadt vernachlässigt, um nach mir, also meinem Bart, zu fahnden. Ich war schwer zu finden, denn sommerübers pflegte ich, meine Zeit mehr im Freibad als auf der Arbeit zu verbringen, von wo ich mich mit der Ausrede verabschiedete, in der Bibliothek für Forschungsthemen zu studieren. Mit Ach und Krach hat er den Parteisekretär des akademischen Instituts, Grigore Rusu, übrigens ein anständiger Mensch, dem er den Auftrag gab, mir den Vollbart abzurasieren. Verlegen, er war ja doch ein Intellektueller, überbrachte Grigore mir den Befehl, auf den ich klipp und klar mit einer Ablehnung reagierte. Der Mann war schockiert von der Vorstellung, dass ich mich dem Willen des Bürgermeisters verweigerte. Ich, nein und nein. Als man dem Bürgermeister meine unverschämte Antwort überbrachte, schäumte er vor Wut. Er konnte mir nichts anhaben, ich war noch kein Parteimitglied, auch konnte er meinen Rauswurf aus dem Institut nicht veranlassen und sagte dann, er werde mir das Veröffentlichen von Artikeln in Clujer Zeitschriften verbieten, wenn ich mich nicht rasiere. Ich hatte soeben eine langfristige Mitarbeit bei der Zeitschrift „Familia“ aus Oradea begonnen, dank meiner Freunde Stelian Vasilescu und Alexandru Andriþoiu, die mich zum Seitenkollege von Gheorghe Grigurcu machten, sodass ich genauso impertinent antwortete, dass mich das Publizieren in Cluj gar nicht interessiere, da ich überall im Lande veröffentlichen könne (etwas hatte ich schon in Bukarest und Iaşi* publiziert). Und so war er weiterhin hinter meinem Bart her. Das war der erste Sieg in diesem fabelhaften Kampf um meinen Bart, eine Auseinandersetzung, von der heutige Jugendliche, die sich sogar Bart stehen lassen, obwohl er gar nicht richtig sprießt und niemand sie zurechtweist, nichts verstehen werden. Fakt war, dass mein Bart plötzlich politische Konnotationen bekam, wo kein Geringerer als der Bürgermeister Clujs doch alle Probleme der Bürgerschaft und der Stadt liegen lies, um sich seiner anzunehmen. Gleich nach dieser ersten Kampfepisode kam ich auch mit der Volkspolizei, wo noch die von der Senne weggejagten Schäfer hausten und „Bärtige“ überhaupt nicht mochten, in Konflikt. Die haben sich mit den Parteiaktivisten und den zuverlässigen U.T.M.-isten verbündet und einen Häschertrupp gebildet, der aber statt normaler Gesetzesbrecher Bärtige jagte - die wenigen, die es gab -, aber auch Langhaarige, die sich besorgniserregend vermehrt hatten als Folge des Vordringens der Hippie-Ideologie auf das Gebiet des sozialistischen Vaterlandes, wie auch die ersten Mini-Jup-Trägerinnen, von denen bereits Phoenix* sang: „Mini-Jup, sehr kurz und Körperlook“. Die erste Auseinandersetzung fand in der Großstadt ... Teiuş statt, so um 1969. Es war Sommer, ungefähr um 6 Uhr morgens und ich wartete auf eine Mitfahrgelegenheit nach Cluj, nachdem ich etwa 7 km zu Fuß über den Hügel aus dem Dorf Cetea kam, von wo das Popenmädchen – schon meine Frau – stammte. Die Autos waren eine Seltenheit, nicht wie jetzt, und es war schon eine halbe Stunde verstrichen, ohne dass jemand angehalten hätte. Aber ich habe mich nicht gelangweilt. Nur was ich in dem einzigen Stockhaus über der Straße sah: Es rührte sich eine Gardine, jemand beobachtete mich. Dann verließ jemand eilig durch das Haustor das Anwesen, es war mehr als sicher die Person, die mich beobachtet hatte. Nach nur wenigen Minuten sah ich ihn, sich mir nähernd, aber nicht allein, sondern in Begleitung eines Milizmannes und einer dritten Person, die sich als Friseur entpuppen sollte. Die armen Menschen wurden in aller Früh wegen meines Bartes aufgeweckt. Natürlich hassten sie mich auf der Stelle. Der Milizmann führte seine Hand zur Schirmmütze, die Augenbrauen bedrohlich zusammenziehend, und verlangte nach meinem Ausweis. Besorgt zeigte ich ihn vor. Zum Unglück war mein noch sehr junger, aber extrem schwarzer und dichter Bart auf dem Ausweisfoto nicht vorhanden. Soviel haben die gebraucht: “Genosse”, echauffierte sich der von hinter der Gardine, „sag uns, warum du Bart trägst.“ Was soll ich sagen, ich hatte damals keine vorbereitete Antwort parat und stotterte irgendwas wenig Überzeugendes. „Mit was beschäftigst du dich?“, fragte mich der Milizmann. Ich fand lenksam meine Stimme wieder und begann die verschiedensten Ausweise hervorzuziehen: von der Arbeit, immerhin einen akademischen, vom Schriftstellerverband, in den ich erst frisch aufgenommen worden war, von der Gesellschaft der Sprachwissenschaften. Nichts hat sie beeindruckt, in Folge dessen trugen sie mich fast bis in die Friseurstube der Stadt, die der dritte der „Häschertruppe“ mit einem Lächeln der Genugtuung öffnete, um sofort sein Rasiermesser zu schleifen und zur Exekution zu schreiten. Ich war verzweifelt, nicht wegen des Vorgangs an sich, mein Bart war kräftig und in zwei Wochen wieder da, sogar nach zwei, drei Tagen zeigte er sich schon, sondern wegen der Erniedrigung. In allerhöchster Not zog ich auch noch den letzten Ausweis, den ich bei mir trug, ohne mir allerdings eine Rettungschance davon zu versprechen. Es war ein blauer Ausweis mit rotem Diagonalstreifen, unterschrieben von Dumitru Radu Popescu, der Chef der Clujer Schreiberzunft, und das war nichts anderes als ein Ausweis des Klubs der Literaten und Künstler (COLA), eigentlich ein Wirtshaus über der Nachtbar Melody. Viel später leuchtete mir ein, dass der Autor der soeben veröffentlichten Dissidentennovelle „Der Goldtiger“ veranlasst hatte, dass die Ausweise zum Tag- und Nachttrinken mit den Clujer Schriftstellern und Künstlern perfekt den Ausweisen der ... Securisten gleichen sollten. Klar, als die Meute das verhängnisvolle Stück Karton sah, erschrak sie über alle Maßen, so dass sie gar nicht mehr den Mut aufbrachte, zu lesen, um was es sich handelte. Der Milizionär gab mir den Ausweis zitternd zurück, die andere Hand respektvoll zur Schirmmütze führend, der Zivilist stammelte ein paar verworrene Entschuldigungen und der Figaro verharrte mit dem Rasiermesser auf dem Schleifriemen in Fotoshootingposition. Zum Glück schüttelte ich mich nicht vor Lachen, sondern protestierte im Gegenteil zurückhaltend, dass ich wertvolle Zeit verloren hätte und Gefahr laufe, den Bus zu verpassen. Woraufhin der Milizmann, um sich von seiner Sünde reinzuwaschen, mir versprach, sich darum zu kümmern, und mich einen respektvollen Schritt hinter mir bis zu der Stelle begleitete, wo er mich einige Minuten vorher verhaftet hatte, und den ersten herankommenden Lastkraftwagen stoppte. Er öffnete mir die Beifahrertür und befahl dem Chauffeur, er möge mich schnellstens nach Cluj bringen und ja kein Geld für die Fahrt verlangen. Der Lastkraftwagen startete voll durch und erst als die in Grüßungsposition erstarrte Milizionärsfigur hinter der erste Kurve verschwunden war, musste ich mein Lachen nicht mehr unterdrücken. Ich konnte dem Fahrer aber den Grund meiner Fröhlichkeit nicht erklären, sonst hätte er mir sofort Fahrgeld verlangt. So war das der zweite Sieg meines Bartes. In Cluj angekommen, aktivierte ich meine Protektionspersonen – ich hatte eine Nachbarin, die Schwester des U-Cluj-Fußballers Suciu, die auf dem Amt für Bürgerevidenz arbeitete, aber auch einen Kollegen meines Onkels, der Securist war -, die ich bat, mir einen Ausweis mit Bart, also mit einem Foto mit Bart, versteht sich, zu besorgen. Obwohl es schwer war, da die Polizei in der Regel solche unkonventionellen und gegen die Proletariermoral gerichteten Gesuche ablehnte, wurde mein Wunsch erfüllt, dank meiner Bekanntschaften und weil es kein Antibartgesetz gab. So war ich also ein Bärtiger geworden ... offiziell, und ich sagte mir, dass ich alle Sorgen los sei. Von wegen! Es dauerte nicht lange und ein anderer diensteifriger Milizmann von ca. 50 Jahren, nahe zur Pension, der wahrscheinlich die Bärtigen hasste (warum auch immer), forderte aggressiv meinen Ausweis direkt vor meinem Haus in der Drăgălina-Straße am Someşul-Ufer. Ich gab ihn ihm anstandslos, obwohl ich mich keines Vergehens bewusst war, wohl wissend, dass eine Weigerung damals zu einer Strafe führen würde. Ich hatte schon mal einen solchen Konflikt, der mich zu einer Anfechtung der Strafe vor Gericht veranlasst hatte – aber das werde ich später erzählen. Der Milizionär nahm ihn nervös entgegen, öffnete ihn bei dem Foto und, statt sich zu beruhigen, erregte er sich noch mehr, als er sah, dass alles in Ordnung war. Er nahm aus seiner Uniformtasche einen chemischen Bleistift und verkritzelte die Hauptseiten des Ausweises. Ich war perplex. Dann warf er mir den verschmierten Akt ins Gesicht mit dem Hinweis, ich möge mir einen anderen machen, weil der nicht gültig sei. Ich war ziemlich fassungslos, beriet mich aber am zweiten Tag mit dem einen und anderen, besonders mit der Funktionärin, eine gewesene Nachbarin des Appartements im Gruia-Viertel, und schrieb eine Eingabe, in der ich den nervösen Milizmann der Vernichtung öffentlicher Akten anklagte und seine Entlassung forderte. Bei der Gelegenheit wurde mir klar, dass das Gesetz trotzdem existierte, wenn du Bekanntschaften hattest und stark auf deiner Position warst. Der stellvertretende Leiter der Munizipalmiliz rief mich zu sich und bat mich, mein Gesuch zurückzuziehen, der Mann wäre vernichtet, stünde er doch vor seiner Pensionierung, habe drei schulpflichtige Kinder und andere Mitleid heischende Begründungen. Ich wollte nicht übertreiben und sagte „Ja“, aber mit der Bedingung, dass man mir einen anderen Ausweis besorge und der Milizionär ihn mir persönlich nach Hause zum Unterschreiben bringe. So ist es auch geschehen: Am zweiten Tag stellte der Mann sich respektvoll bei mir zu Hause vor, brachte ein Tintenfässchen mit der offiziellen Tinte und einen Federstiel mit. Bevor ich unterschrieb, habe ich den unterwürfigen Diener der öffentlichen Ordnung noch einmal fixiert, der dauernd um Entschuldigung bat und die bekannte Familiensituation anführte, als wäre er ein Schauspieler in der Rolle des Ghiță Pristanda*. Das war der dritte Sieg meines Bartes. Das vierte Mal war es ein ... moralischer Sieg. Man stellte mir eine Falle: In einem bekannten Clujer Café, in dem ich wie üblich einen Kaffee und einen Maraskino-Likör genießen wollte, näherte sich mir ein Junge, sehr jung, fast noch ein Bübchen, Arbeitermensch, was sonst, der mich unverschämt belästigte: „Sag mir, du, warum trägst du Bart?“ Die richtige Antwort wäre, ihn irgendwohin zu seinen Ursprüngen zu schicken, oder ihm eins auf die Klappe zu hauen. Glück mit meiner guten Erziehung einer Bojarenfamilie, die weder öffentliche Beleidigungen noch körperliche Züchtigungen vorsah. Ich hatte die mündliche Waffe, mit der ich dem zierlichen Flegel schön und ruhig zu erklären begann – immerhin, ich habe nie auf schwächere Personen eingedroschen, obwohl ich sportlich war und mich zu schlagen wusste -, dass niemand sich an einem Bart zu stören habe und andere süße Metaphern dieser Art. Der Kleine trat beleidigt den Rückzug an. Und dann erschien hinter einer massiven Säule, die den Plafond des Cafés trug, ein Individuum, das ich als Milizoffizier erkannte, jetzt in Zivil. Der Offizier schütze den Frechdachs sofort und ich begriff, dass er eigentlich mit meiner Aggressivität gerechnet hatte, um dann eingreifen und mich ausfragen zu können. Die Falle funktionierte nicht, aber das Individuum reichte mir eine Postkarte, mit der er mich zu einer Sitzung über was weiß ich welche moralischen Themen einlud. Klar, ich ging nicht hin. Jahre später, nach der Revolution, kam der Mann, um sich in die Demokratische Partei, deren Munizipiumsvorsitzender ich war, einzuschreiben. Ich fragte ihn nach diesem Zwischenfall und er konnte sich genau daran erinnern, eingestehend, dass er bereit war, mich bei meiner kleinsten unangemessenen Reaktion auf den Affront des kleinen Lausbubs zu verhaften und natürlich zum ... Rasieren zu bringen. Die fünfte war eine Art Nullpartie. In die Meute, die in Cluj auf der Suche nach Bärtigen, langhaarigen, Mini-Jup-Röckchen und Trapezhosen – eine Mode die im Laufe meines Lebens zweimal wiederkehrte – wütete, war auch ein Journalist von der Parteizeitung „Făclia“ einberufen worden, kein anderer als der Dramaturg Viorel Cacoveanu. Als guter Freund, ich selbst war Mitarbeiter bei der Zeitung, warnte er mich immer, wenn die Häscherschar sich auf die Jagd begab, ich möge zwei, drei Tage im Haus bleiben. So verhielt ich mich auch. Nur war ich eines Tages durch die Umstände gezwungen, in die Stadt zu fahren und gerade ins Zentrum. Ich schlich wie ein Spion durch die Straßen Clujs, mich dauernd absichernd, nur wollte es die „Fatalität“, wie Onkelchen Iancu* sagen würde, dass ich genau in der Nähe der beeindruckenden und sinnbildlichen Statue Matei Corvins*, wegen des sehr hohen Naturzauns, der die Alleen der Anlage begrenzte, nichts sehen konnte und so an einer Ecke mit dem Jagdtrupp zusammenstieß. Viorel Cacoveanu schlug die Hände überm Kopf zusammen, wohl ausdrückend, dass ich’s „versaut“ hätte, und ließ sie dann als Zeichen des Überdrusses und der Unfähigkeit sinken. Es gibt aber eine Vorsehung, einen Gott (also damals) der Bärtigen: Auf einer anderen Allee promenierte in der gleichen Entfernung der provozierendste Mini-Jup der Stadt, getragen von Dalia, eine bezaubernde Tänzerin der Melody-Bar, ein sexy Weibchen, nach dem es allen Männern der Stadt gelüstete, einschließlich der Milizionäre und Parteimitglieder. Die Häscher waren unsicher: Sie schauten mal auf meinen Bart, mal auf den Mini-Jup, genauer auf die schönen, gut entblößten, das Schambein bereits andeutenden Oberschenkel, wieder zu mir, wieder zu Dalia, so einige Male wie im Schwenk einer Filmkamera. Letztendlich erlagen die Repräsentanten der öffentlichen Moral, der Presse und Volksmiliz, der Jugendorganisation der Versuchung, ließen meinen in diesem Augenblick uninteressanten Bart Bart sein und wendeten sich in proletarischem Zorn und mit ebensolcher Lust der Mini-Jup-Trägerin zu. Ich blieb nicht mehr, um zu sehen was geschah, sondern machte mich tapfer aus dem Staub, mich in Dankbarkeit für Dalia bekreuzigend, die ich – so viel Ehrlichkeit muss sein – nicht weniger begehrte als die tüchtigen Jäger. Ich weiß bloß, dass sie, aufgebracht, weil man ihr das Röckchen zerschnitten hatte, wie die Parteianweisungen es vorsahen, in die Hauptstadt abgehauen war, wo ich sie nach nicht allzu langer Zeit in der Nachtbar des Athenée Palace als Bauchtänzerin sah, auch beeindruckend. Mit dem gleichen Tanz trat sie auch in einem Film, an dessen Namen ich mich nicht mehr erinnere, auf. Bald ist sie dann für immer verschwunden und ich bin mir sicher, dass sie noch Aufsehen erregt haben wird in Stanbul oder auf der Via Venetto, auf St. Pauli oder der Place Pigalle. Schließlich der sechste Sieg: mein Eintritt in die Rumänische Kommunistische Partei mit Bart und allem Drum und Dran, in der Reihe mit Marx, Engels, Lenin (viel kleiner als ich im Bereich Bart, sein Ziegenbärtchen war kleinlich) und ªtefan Voitec*. Es viel mir schwer, in die Partei einzutreten, ich war aber mehr oder weniger gezwungen wegen meiner Einschreibung zum Doktorat – nur Parteimitglieder durften Doktoren, also Gescheite, sein. Aus der U.T.C. war ich schon ausgetreten, da ich schon fast „zu alt“ für diese Ehre war. Als U.T.C.-ist hat mich der Bart auch vor anderen Unannehmlichkeiten bewahrt. Um 1969, anlässlich eines U.T.C.-Kongresses, brauchten die Genossen ein C.C*.-Mitglied, um den vom „gealterten“ Ion Pop, ehemaliger Lektor für Rumänisch an der Pariser Sorbonne, geräumten Platz zu besetzen. Bei den politischen Behörden der Kommunisten war alles berechnet: wie viele Menschen der Arbeit, wie viele Intellektuelle, wie viele Frauen, wie viele Jugendliche etc. Vor dem Kongress stellten sich bei mir zu Hause einige Jugendliche der U.T.C.-Kreisorganisation vor – unter ihnen auch der zukünftige Aktivist und Stellvertreter Gheorghe Funars* bei der untergegangenen P.U.N.R.*, Ioan Gavra, im originellen Rumänisch besser Javra, also Hundsfott, immerhin ein perfekter Reim. Sie nahmen mich mit Sanftmut und erklärten mir, sie hätten sich gedacht, mich als Mitglied C.C. der U.T.C. vorzuschlagen – das hieß sichere Wahl, „welche Mehrheit, Liebster, Einstimmigkeit!“. Ich war geeignet, den Universitätsprofessor Jean Pop, Akademiker, Mitglied der schreibenden Zunft, mit Veröffentlichungen etc. zu ersetzen. Alles war prächtig, nur dass, sagten sie mir mit einer gewissen Schüchternheit, es noch eine Bedingung gäbe. „Ich weiß welche“, sagte ich, „ich soll mir den Bart abschneiden!“ Ja!“, kam die Antwort. Ich habe höflich aber bestimmt abgelehnt und so eine politische Karriere oder was weiß ich was noch verpasst. Aber vielleicht hat der Bart mich auch vor vielen Unannehmlichkeiten bewahrt, vor einem stumpfsinnigen Dasein, konträr meiner Ideale und Vorlieben. Also 1972, das Jahr in dem ich die Zulassungsprüfung für mein Doktorat an der Clujer Universität bestand, entschloss ich mich, in die Partei einzutreten. Ich war 28 Jahre alt, Alter bei dem man aus den Reihen der kommunistischen Jugend ausschied. Wie ich schon sagte, hatte ich eine „Akte“, wie sie schlechter nicht sein konnte: Gutsbesitzerenkel, Sohn eines „Parteiausgeschlossenen“, ich selbst als „Volksfeind“ verurteilt, ja, zu allem heiratete ich auch noch eine Popentochter, das dem ganzen einen Deckel verpasste. Das „Munizipium“ wollte mich auf keinen Fall, obwohl man mir einige Verdienste als Mann der Schrift mit ziemlich reicher Aktivität zugestand. Mein Glück war, dass die Parteifiliale der Akademie das Aufnahmerecht für Parteimitglieder hatte, sonst hätte ich überhaupt keine Chance gehabt. Bevor ich mein Dossier einreichte, besprach ich mich trotzdem noch einmal mit dem Parteisekretär der Filiale, dem zu früh verstorbenen Constantin Rusu, ein guter Wissenschaftler und außergewöhnlicher Mensch, der mir seine Unterstützung zusagte. Was dann auch geschah. Obwohl die Analyse meiner Akte mehr als ein Jahr gedauert hat – akribisch wurde nach den Spuren meines öffentlichen Prozesses in Alba Iulea gesucht und nichts gefunden -, wurde ich am denkwürdigen Tag des 28. Februar 1973, genau, aber auf den Tag genau 25 Jahre nach dem Rauswurf meines Vaters aus der P.M.R. zusammen mit einer hübschen Kollegin, ehemalige Frau des Diplomaten Liviu Zăpârțan, nach der Revolution Botschafter in Luxemburg, in die P.C.R. aufgenommen. Natürlich erzählte man mir zuerst den Witz des Ereignisses: Einem neu aufgenommenen Mitglied begegnete ein Kollege mit der vorwurfsvollen Frage „Mensch was hast du getan, du bist in die Partei eingetreten?“ „In was bin ich getreten, du, in was bin ich getreten?“, antwortete der Neue, besorgt auf seinen Schuhabsatz schielend und die Nase rümpfend. Gut, ich wurde aufgenommen, aber die festliche Übergabe des Parteibüchleins sollte in einer Sitzung des Munizipalparteikomitees stattfinden. Das Problem komplizierte sich beim Ausfüllen des Parteibüchleins. Die Munizipalaktivisten, besonders einer Florişca, Namensvetter mit dem Bischof von dessen Beerdigung ich erzählt habe, wollte gar nichts hören, also sehen, von dem Foto mit Bart, das ich schüchtern eingereicht hatte. Nach einigem Hin und Her brachte ich ein Foto ohne Bart, das ich von früher hatte. Es wurde natürlich akzeptiert, aber gleichzeitig ordnete man mir an, frisch rasiert bei der Übergabe zu erscheinen. Es scheint unglaublich, aber die Diskussionen über meine Ablehnung hielten ein weiteres Jahr an. Zum Schluss mussten sie mir das Büchlein geben, da die Parteifiliale der Akademie meine Aufnahme bestätigt hatte, aber nicht bevor sie, die Munizipalaktivisten, meinen Affront verspürten: Ich habe dem gleichen Florişca erklärt, dass ich bereit bin, mich drei Stunden lang von einem Gescheiten aus ihren Reihen instruieren zu lassen, dessen Existenz ich allerdings bezweifle, und mit dem Rasierapparat käme, um mir den Bart auf der Stelle abzurasieren, sollte es diesem Menschen gelingen, mich zu überzeugen, dass der Bart mir oder jemand anderem schadet. Ich war mir sicher, dass sie mich trotzdem als “Feind” betrachten werden, denn einige Zeit davor konnte ein anderer Aktivist während eines gemeinsamen Essens bei einem Verwandten aus der Nomenklatur nicht umhin, mir blank ins Gesicht zu sagen, er würde, ginge es nach ihm, alle mit Bart erschießen. Jahre nach der Revolution traf ich ihn auf der Straße ... mit Bart. Zum Schluss bekam ich das Büchlein, doch nicht festlich, sondern versteckt, in einem Büro des Rathauses von einem unbedeutenden Funktionär und ohne genossenschaftlichen Händedruck. Vielleicht habe ich das Parteibuch bis heute aufbewahrt, weil ich so effektiv für sein Bekommen gekämpft habe. Ich habe es nicht in den Flammen der 89er Revolution verbrannt und habe es auch nicht in Stücke zerrissen, wie das viele Pharisäer getan haben, sondern habe es aufbewahrt als Teil meines Lebens. Es gab noch einige unbedeutende Konflikte zum Thema Bart. Wie auch immer, es gab für mich stets einen Grund, so manche Sitzung nicht besuchen zu müssen, war ich doch wegen der Imageschändung durch meinen Bart nicht beliebt. Jahrelang erschien mein Gesicht weder in der Presse noch im Fernsehen, obwohl ich gefilmt und fotografiert wurde. Das ging so bis zum Erdbeben 1977, als eine Truppe Bärtiger, Kaskadeure von Beruf, unter den staunenden Augen des Staatschefs viele verunglückte Menschen retteten, einer von ihnen, ich glaube Florin Bratu hieß er, Chef der Kaskadeure von Buftea*, ließ sogar sein Leben während einer Rettungsaktion. Ich ließ mir sagen, der Staatschef, überrascht, dass die Bärtigen trotzdem Menschen und keine Bestien, also richtige Männer, sprich Bartträger sind, habe zum ersten Mal akzeptiert, auf der ersten Seite der „Scânteia“ umgeben von den bärtigen Helden zu erscheinen und dass er Befehl gegeben habe, niemand solle sie mehr belästigen. Aber bis zu jenem Tag hatten viele namhafte Bärtige, Maler, Filmregisseure, Schriftsteller, aber auch andere Gesellschaftskategorien die öffentliche und besonders polizeiliche Schändung zu ertragen, so dass die dauernde Aggression einige zur Emigration bewogen hat ... in wärmere Länder. Und ich hatte auch nachträglich offene Anfeindungen von einigen Bevölkerungsschichten zu ertragen, denen die Bärtigen verdächtig waren. Natürlich nicht nur ich. Nach dem inoffiziell erteilten Edikt Ceauşescus vermehrten sich die Bärte schnell, besonders bei den bildenden Künstlern. Ich war Zeuge eines komischen Vorfalls: Anlässlich einer großen Ausstellung junger Malerei in den 80-er Jahren in der Großen Galerie in Cluj machte man ein Plakat 50/100 cm, auf welchem perfekt kariert die Fotos zahlreicher bärtiger, langhaariger oder frisierter Künstler eingepasst wurden, die Mädchen in der Regel aufgepäppelt. Ich stand da und las den zu kleinen Text auf der Kopfzeile des Aushangs, als ich einen anderen Betrachter, Mitglied der Arbeiterklasse, mit lauter und vorwurfsvoller Stimme vernahm: „So gehört es ihnen. Möge die ganze Welt diese Vagabunden sehen!“ Und trotzdem ein Ende mit einer Niederlage: Etwa um das Jahr 1985 befand ich mich im Hof des Museums „George Enescu“ in Tescani bei Bacău, ein Museum noch aus der Zeit des Dahingegangenen im Palast (bitte sehr, Bojarenlandhaus) der Prinzessin Maruca Cantacuzino-Rosetti-Tescanu, die später in Paris die Frau des berühmten Musikers (von armer bäuerlicher Herkunft) wurde, Ehe, die als Missheirat galt. Zusammen mit mir weilten dort oft zum Ausruhen und Erholen Andrei Pleşu, Horia Bernea, Florin Ciubotaru, Viorel Mărgineanu und andere Kulturmenschen, die dort eine Kulturunterkunft, eine Art inneres Qualitätsexil fanden. Es kamen auch noch andere Besucher und einige verhielten sich laut und sogar anstandslos. Im Hof des Museums wurde ein Grab errichtet, um die Gebeine Enescus von Paris herzubringen, auf dem die Kopie der Statue, die vor der Oper in Bukarest steht, aufgestellt wurde. Er sitzt hier in einem Sessel (Autor: Boris Caragea). Plötzlich, ich war mit Andrei Pleºu zusammen, auch er Bartträger, aber noch nicht so lange wie ich, sah ich einen Touristen, der seinen Sprössling auf den Kopf des Komponisten setzte, um ihn zur Belustigung der Familie zu fotografieren. Ich konnte mich nicht beherrschen, und sagte zu Andrei, dass ich jetzt eingreifen werde, obwohl ich wüsste, was passieren würde, auf eine Wette. Und so war es auch, zum Amüsement des Kunstkritikers. Ich habe mich der Gruppe genähert und die Familie höflich darauf hingewiesen, dass es sich um ein Grab handle, dem ein tieferer Respekt gebührt, sie bittend die unschuldige Entweihung einzustellen. Statt einer angemessenen Antwort oder gar Entschuldigung, il capo di tuti capi - später erfuhr ich, dass er Arzt von Beruf war -, schaute er mich lange an und, vermeintlich mit einem Auge auf dem im Hintergrund gebliebenen bärtigen Pleºu, warf er mir wie erwartet hin: „Heh, warum mischt du Bärtiger dich ein? Kümmere dich um deine Sachen!“ Ich stand da mit offenem Mund und aufgerissenen Augen und hoffte, nicht Recht behalten zu haben, Fotostillstand, bei dem man nur noch das vage homerische Lachen des anderen Bärtigen vernahm. Auch heute schauen nicht alle Leute mit Bewunderung auf meinen Bart, obwohl er von den Jahren weiß und respektabel wurde, obzwar jetzt die Schüler und Studenten Bart tragen, die Professoren, Ärzte, Anwälte, sogar die Polizisten, Armeeoffiziere, Richter, aber auch die Müllmänner, Straßenkehrer, Marktleute, Mafiosi, Priester und ihre Hierarchen (das ist etwas Normales), so dass ich persönlich überhaupt keinen Spaß mehr habe. Und trotzdem ist die Ablehnung nicht ausgemerzt, es gibt noch Überbleibsel der alten Mentalität, dass die Bärtigen Diebe und Banditen wären. Das Höchste ist, dass ich am Fernseher nicht wenigstens einen Banditen, Korrupten oder unsauberen Politiker gesehen habe, der Bart trägt. Ist es so, dass dieser absurde Kampf (diese Geschichte) von drei Jahrzehnten, den ich zur Verteidigung der Ehre des Bartes führte, unbegreiflich erscheint? Oft hat man mir gesagt, dass ich viele Beförderungsgelegenheiten wegen dem Bart verpasst hätte und dass meine Sturheit, den „Schmuck“ beizubehalten, sogar jetzt, wo er mich über die Maßen älter erscheinen lässt, nicht nachvollziehbar wären. Einige haben sogar versucht, mich zu überzeugen, dass der Bart mir nicht gut zu Gesicht stehe und wie schön und jung ich frisch rasiert aussehen würde. Mittlerweile habe ich mir eine Antwort zurechtgelegt, spät, aber besser als gar nicht und zwar, dass „ich nichts von einem Gesetz wüsste, dass ein Recht auf Garstigkeit verwehrt“. Und wenn ich letztendlich etwas verloren habe, hatte ich auch viel zu gewinnen, trotz dieser stupiden und absurden Kämpfe, die heute kein Jugendlicher mehr verstehen kann, und zwar habe ich gewonnen, was ich in der Realität erreicht habe, dass „mein Bart mit mehr Frauen schlief als ich selbst“. Da wir Bärtigen sehr selten sind, hat die weibliche Neugierde uns hervorragende Kompensationen beschert. [aus dem Rumänischen von Anton Potche] Anmerkungen*: - „Mann“ = rum. „bărbat” - Oradea = Großwardein - Musiki, Musikus, Politiki = Nachäffung, Anspielung auf Ceauşescus geringe Bildung und schlechte Ausdrucksweise - FSN (Frontul Salvării Naționale) = Front der Nationalen Rettung, übernahm die Regierungsgeschäfte nach dem Sturz Ceauşescus - Făclia = Leuchtkerze - Iaşi = Jassy - Phoenix = Rockband aus Timişoara/Temeswar - Ghiță Pristanda = Figur aus einer Komödie von Ion Luca Caragiale (1852 – 1912) - Onkelchen Iancu = Figur aus einer Komödie von Ion Luca Caragiale - Matei Corvin (1443 – 1490) = Matthias Corvinus, König Ungarns von 1458 bis 1490 - Ştefan Voitec (1900 – 1984) = rumänischer Politiker, hatte mehrere Ministerämter zur Zeit des kommunistischen Regimes inne - C.C. = Zentralkomitee - Gheorghe Funar (*1949) = Politiker, 1992 - 2004 Bürgermeister von Cluj/Klausenburg, seit 1998 Generalsekräter der Großrumänien-Partei - P.U.N.R (Partidul Unității Națiunii Române = Partei der Einheit der Rumänischen Nation - Buftea = Stadt ca. 20 km nördlich von Bukarest, bekannt durch seine Filmstudios am Buftea-See |
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