agonia
deutsch

v3
 

agonia.net | Richtlinien | Mission Kontakt | Konto erstellen
poezii poezii poezii poezii poezii
poezii
armana Poezii, Poezie deutsch Poezii, Poezie english Poezii, Poezie espanol Poezii, Poezie francais Poezii, Poezie italiano Poezii, Poezie japanese Poezii, Poezie portugues Poezii, Poezie romana Poezii, Poezie russkaia Poezii, Poezie

Artikel Gemeinschaften Wettbewerb Essay Multimedia Persönlich Gedicht Presse Prosa _QUOTE Drehbuch Spezial

Poezii Rom�nesti - Romanian Poetry

poezii


 


Weitere Texte dieses Autors


Übersetzung dieses Textes
0

 Kommentare der Mitglieder


print e-mail
Leser: 2118 .



Plädoyer für einen gesunden Erinnerungsprozess
artikel [ Bücher ]
Das Spionagespiel – ein Roman von Michael Frayn

- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -
von [Delagiarmata ]

2004-10-17  |     | 



In diesem Roman ist nichts sicher. Über allem hängt ein Nebel aus Zweifeln, Vermutungen, Ahnungen, Annahmen, Interpretationen (meist falschen) und viel, viel Fantasie, kindliche Fantasie.

Wer bei dem Titel des Romans von einem spannungsgeladenen Spionagethriller ausgeht, der sieht sich schon nach den ersten Seiten enttäuscht. Nur weiterlesen. Die Entschädigung folgt auf den Fuß. Wir haben es hier mit einem Erinnerungsroman zu tun.

Die Rückkehr Stephen Wheatleys an die Orte seiner Kindheit ist nicht mehr und nicht weniger als der natürliche, im Geiste jedes alternden Menschen existierende Weg zurück zu seinen Wurzeln, der sich schließende Kreis unserer Wanderschaft durch ein menschliches Dasein. „Fast ein halbes Jahrhundert ist vergangen, seit ich zuletzt an dieser kleinen Station aus Holz ausgestiegen bin, aber meine Füße tragen mich mit müheloser, traumwandlerischer Selbstverständlichkeit...“

Der Mann wandelt dann nach seiner Ankunft in der südenglischen Kleinstadtidylle auch gleich durch weit zurück liegende Zeiten. Lebhaft und entrückt zugleich sind die Begegnungen des nun wieder kleinen, stets unsicheren, sich nach Freundschaft und Harmonie sehnenden und schon ein beträchtliches Maß an Mitgefühl entwickelnden Stephan mit seinem Blutsfreund Keith Hayward und all den anderen Kindern und Erwachsenen ihrer Straße.

Und wie es bei solchen Heimkehrunternehmungen schon ist, gesteht sich auch Stephen Wheatley (der alte) schnell ein: „Wenn ich mein Gedächtnis sorgfältig erforsche, ist es ja gar keine Geschichte, an die ich mich erinnere, sondern ein Sammelsurium lebhafter Einzelheiten.“ Die darf der Leser dann auch kennen lernen.

Die Zeit war damals, es war Krieg in der Welt, reif für Geheimnisse, wohin das Auge auch viel. Der umtriebige Keith hatte ein solches auch schnell entdeckt und daraus Schlüsse gezogen. Seine Mutter, eine elegante, mit für den kleinen Stephen noch verwirrenden weiblichen Reizen, hatte ein solches Geheimnis, das etwas mit einem draußen in den verwilderten Barns (Scheunen) hausenden Eremiten zu tun hatte. Keiths Schlussfolgerung war mehr als ernüchternd: „Meine Mutter“, sagte er nachdenklich, fast bedauernd, „ist eine deutsche Spionin.“

Keith und Stephen sehen sich plötzlich im Dienste ihres Vaterlandes stehen, als Spionageabwehrduo. Sie wissen nie etwas Konkretes. Ihre kindliche Fantasie lässt sie die wahren, komplizierten, intriganten, intimen und oft geschickt getarnten Beziehungen der Erwachsenen einfach nicht entschlüsseln. Sie scheitern. Ihre Freundschaft zerbricht und der Kriegsverlauf sowie die folgenden Entscheidungen der Erwachsenen sehen für die zwei Jungen verschiedene, weit auseinander führende Lebenswege vor.

Jetzt steht er da, Stephen Wheatley, und erlebt für kurze Zeit wieder das Spionagespiel. Das Leben ist aber unbarmherzig. Sein Fortschreiten ist gnadenlos und der sich Erinnernde muss endlich die Realität akzeptieren: „Aus Stephen Wheatley ist dieser alte Mann geworden, der sich langsam und vorsichtig in den Fußstapfen seines früheren Ichs bewegt. Dieser alte Mann heißt Stefan Weitzler.“

Michael Frayn lässt seine Leser aber nicht im Unklaren. Er klärt sie zum Schluss über die Identität des Haupthelden auf und bringt auch etwas Licht ins Dunkel des mehr als 60 Jahre zurückliegenden Spionagespiels.

Der Autor hat es vermieden, die handelnden Personen seines Romans klar zu konturieren. Er kommt ohne die üblichen Charakteristiken Gut und Böse aus. Dazu sind die Hauptakteure auch prädestiniert: Sie sind eben Kinder.

Michael Frayn hat mit diesem nicht gerade umfassenden Roman ein Plädoyer für einen gesunden, selbstbewussten Erinnerungsprozess geschaffen. Es geht hier nicht um ein kollektives, geschichtlich geprägtes Zurückdenken, sondern um das ganz persönliche Empfinden eines alten Menschen.

Das englische Original dieses Romans wurde mit dem Whitbread Novel Award ausgezeichnet. Die Übersetzung ins Deutsche besorgte Matthias Fienbork.

Der Romancier, Dramatiker und Übersetzer Michael Frayn lebt in England. Er wurde 1933 geboren und war Journalist beim Guardian und beim Observer. Von ihm sind in deutschen Verlagen auch die Romane „Das verschollene Bild“, „Zwei Briten in Moskau“, „Sonnenlandung“, und „Jetzt weißt du’s“ sowie die Theaterstücke „Celias Geheimnis“, „Demokratie“ und „Kopenhagen“ erschienen.


Michael Frayn: Das Spionagespiel, Carl Hanser Verlag, München, 2004, ISBN 3446204555, Gebunden, 222 Seiten, 19.90 EUR

.  | Index










 
poezii poezii poezii poezii poezii poezii
poezii
poezii Eine virtuelle Heimstätte der Litaratur und Kunst poezii
poezii
poezii  Suche  Agonia.Net  

Bitte haben Sie Verständnis, dass Texte nur mit unserer Erlaubnis angezeigt werden können.
Copyright 1999-2003. agonia.net

E-mail | Vertraulichkeits- und Publikationspolitik

Top Site-uri Cultura - Join the Cultural Topsites!