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■ Eine Krone von Veilchen
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- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - 2007-03-08 | |
Afrika, der „Schwarze Kontinent“. Wir Bewohner Europas nehmen ihn wahr als eine geheimnisvolle, meist von Leinwänden und Bildschirmen in unsere gemütlichen Wohnstuben transportierte Welt. So manches kommt uns schauderhaft vor, bleibt unverständlich und ist auch von den gut gemeinten und oft auch professionellen Kommentaren nur bruchstückhaft vermittelbar. Politisch betrachtet, begegnet uns viel Gewalt und viel zu oft der Tod.
Das Urwüchsige dieses Kontinents lebt in jenen Regionen Afrikas fort, die von der Zivilisation noch nicht total überrollt sind, dort, wo die Europäer und Amerikaner ihre militärischen, wirtschaftlichen und touristischen Zielscheiben noch nicht aufgestellt haben. Es gibt zum Glück noch Menschen, die schon eingefahrene Pfade verlassen und sich auch in Afrika in die Herzkammern des Kontinents wagen. Was sie dort vorfinden, sind Lebensformen, die sich uns nur dann erschließen, wenn wir ihnen mit Geduld und Verständnis, aber auch mit Fantasie begegnen. Zeugnisse dieser Lebensformen sind für uns ferne Europäer vor allem die Kult- und Ritualgegenstände, die Sammler und Forscher, vielleicht auch der eine und andere Geschäftsmann, mit in unsere hochtechnisierte Welt bringen. Viel von dem geht dann verloren, aber so manches landet auch in Beständen von Menschen, die diese Objekte als Kunst wahrnehmen. Prof. Dr. med. Dr. h. c. mult. Gerd Plewig ist einer dieser Menschen. Er besitzt eine stattliche Sammlung afrikanischer Ritualskulpturen. Mehr als 90 Exemplare aus der Plewig-Sammlung werden jetzt in Ingolstadt gezeigt. Gerd Plewig schreibt in der Begleitbroschüre dieser Ausstellung über seine Begegnung mit der afrikanischen Kunst: „Zum ersten Mal stand ich fassungslos vor den Zeugnissen dieses Kontinents und seiner vielen Länder, Regionen, Völker und Stämme, die heute mit ihren ursprünglichen Namen kaum noch auf einer modernen Landkarte zu finden sind.“ Ähnlich geht es so manchem Besucher der Ingolstädter Ausstellung. Es gibt von der Geburt bis zum Tod kaum einen Lebensbereich der von den Plastikmotiven ausgespart wird. Vom kopulierenden Paar, über das Paar mit Kind und über die Gesellschaftsverhältnisse darstellende Audienzszene mit elf weiblichen und männlichen Würdenträgern, bis hin zu zwei Sarkophage für ein Ahnenpaar durchschreitet der Besucher das ganze Spektrum lebensbejahender und mythologisch angehauchter plastischer Darstellungsformen afrikanischen Lebens. Kein Marmor und kein Edelstein, überhaupt nichts Glänzendes irritiert den Blick. Viel Grau und noch mehr Braun, Erdfarben eben, kleiden die Skulpturen; und Skulpturen sind sie wirklich, diese Figuren aus Zentral- und Westafrika, nur halt nicht in Stein gemeißelt, sondern aus den zum täglichen Leben gebrauchten Dingen, aber auch so manchen Abfällen zusammengebaut und geschnitzt. Man darf den Einsatz von Holz, Messingnägeln, Eisennägeln, Blechzähnen, Farbpigmenten, Lehm, Opferpatina, Blut, Harz, Ölen, Federn, Metalldraht, ja sogar Schrauben und Spiegelkästchen bewundern und merkt, dass der Kontakt mit der europäischen Zivilisation im Ausdrucksmittel seine Spuren hinterlassen hat. Die Ausdrucksformen der einzelnen Exponate bleiben davon allerdings unberührt. Sie verkünden keine glück- und heilbringende Fortschrittsglückseeligkeit. So weit man Gesichtszüge aus den Formen herauslesen kann, trifft man eher auf Angst, aber auch Hoffnung. So mancher Geselle kommt gar furchterregend daher. Man findet in den Benennungen der Objekte öfter „Kraft-Figuren“. Die Kraft scheint ein wichtiges Element im Kampf gegen die Unbilden des Alltags und manchmal auch gegen den Zorn der Götter zu sein. Diese Plastiken ersetzen so manchen farbenreichen Bildband über Afrika und seine Menschen. Der unmittelbare Kontakt mit den materiellen Ausdrucksformen dieser Menschen, denen Lesen und Schreiben weitgehend fremd ist, fördert – zumindest für die Aufenthaltszeit in den Museumsräumen – ein Gefühl des Verstehenkönnens. Und es fällt einem wahrlich nicht schwer, die ausgestellten Objekte nicht nur als Kunst zu betrachten, sondern sie aus einem viel einfacheren und gefühlsbetonteren Blickwinkel als schön zu empfinden. Zieht man aber in Betracht, dass einige Exponate mehrere hundert Jahre alt sind, dann fällt einem nicht schwer zu erraten, wo zeitgenössische Künstler manchmal ihre Ideen herholen. Die Sonderausstellung „Angst & Hoffnung – Afrikanische Ritualskulpturen aus der Sammlung Gerd Plewig“ kann noch bis zum 15. März 2007 im Deutschen Medizinhistorischen Museum, Anatomiestraße 18-20, 85049 Ingolstadt, täglich außer montags von 10.00 bis 12.00 und 14.00 bis 17.00 besichtigt werden. (Feiertagsregelungen können von diesen Besucherzeiten abweichen.) http://www.ingolstadt.de/deutschesmedizinhistorischesmuseum |
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