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■ Eine Krone von Veilchen
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- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - 2009-03-06 | |
Die letzte Stunde, endlich. Wir schlugen uns mit einem Vokabeltest herum und mit dem Konjunktiv. Unsere Hausaufgaben hatten wir auch schon aufgeschrieben, jetzt hieß es nur noch, ab nach Hause. Im Gegensatz zu unserer Parallelklasse die noch Unterricht hatte.
Wir schlenderten aus der Schule, genauso wie jeden Schultag in den letzten fünf Jahren. Ich ging ein Stück des Weges mit einer Freundin und wir verabschiedeten uns mit den Worten „Bis Morgen“. „Ja klar, bis morgen, Doppelstunde Sport, bei diesem Wetter wird das super!“ Da ich in der Nähe des Gymnasiums wohne, war ich ein paar Minuten später zu Hause. 13:43 war es nun. Erst mal Schultasche runter und dann vielleicht etwas ans Klavier oder die Severinstraße entlang schlendern. Ich entschied mich dann doch eher für´s Klavier, da ich schon seit einigen Tagen nicht geübt hatte. Nachdem ich mich eingespielt hatte, hörte ich plötzlich die Sirene eines Feuerwehrwagens, nichts Ungewöhnliches für die Nord-Süd-Fahrt, doch dann kam noch ein Wagen. Ich dachte, vielleicht wäre irgendwo in der Südstadt ein Feuer ausgebrochen. Mittlerweile kam ein Feuerwehrwagen nach dem anderen angerast. Ich wunderte mich, ein Grosseinsatz? Da die Sirenen nicht verstummten, gab ich das Üben auf. Noch immer konnte man die Sirenen laut und deutlich hören, ebenso wie die Hubschrauber über Köln. Ich schaute nach draussen, die Feuerwehr fuhr in Richtung Severinstraße. Plötzlich klingelte das Telefon, meine Mutter sagte mir, das Stadtarchiv wäre in sich zusammengebrochen. Ja, sagte sie, das ist kein Witz. Ich dürfte nicht aus dem Haus, sagte sie mit zittriger Stimme. Dass dort die Arbeiten an der U-Bahn waren, hielt eigentlich niemand für so gefährlich. Im Fernsehen sah man das Ausmaß der Katastrophe. Von dem Haus, an dem ich vor einer Stunde noch vorbei geschlendert war, war nur noch ein Haufen Trümmer übrig. Über eine Breite von 50 bis 70 Metern war alles in sich zusammengebrochen. Bei dem Gedanke, dass zum Zeitpunkt des Einsturzes Pause war, erschrak ich, mir vorstellend, was für ein Chaos in der Bäckerei neben dem Stadtarchiv entstanden sein musste. Es sollte sich aber herausstellen, dass kein Schüler oder Lehrer verletzt worden war. Trotzdem war klar, dass unter diesen Umständen, am morgigen Tag kein Unterricht stattfinden konnte. Mittlerweile werden Vermutungen angestellt, ob nicht der gesamte vordere Bereich des Friedrich-Wilhelm-Gymnasiums abgerissen werden muss, um ihn dann wieder neu aufzubauen. Das Gymnasium hat sich seit Dienstag um 2,2 cm gesenkt und es wird im vorderen Bereich von drei Zentimeter breiten Rissen durchzogen. Bis zu den Sommerferien wird auf jeden Fall kein Unterricht mehr in den Räumlichkeiten Severinstraße 241 möglich sein, vielleicht sogar bis 2010. Die Aula, das Lehrerzimmer, das Foyer oder das Sekretaria bekommt in ihrem ursprünglichem Zustand kein Schüler je wieder zu sehen. Trotz dieses ganzen Chaos hat der Direktor des Friedrich-Wilhelm-Gymnasiums, Dr. Peter Jansen, es geschafft, innerhalb von zwei Tagen Ausweichräume für 1000 Schüler zu finden, eine Notstandslehrerkonferenz einzuberufen und den Unterricht für die Jahrgangsstufe 13, ohne einen einzigen ausgefallenen Tag, weiter zu führen. Es ist noch immer fraglich, ob nicht der ganze Vorbau des Friedrich-Wilhelm-Gymnasiums in sich zusammensackt oder abgerissen werden muss. Die Schule feiert dieses Jahr ihr 184-jähriges Jubiläum. Das letzte Mal, als das Gymnasium neu aufgebaut werden musste, war 1943, nachdem es durch den zweiten Weltkrieg zerstört worden war. Vor 53 Jahren wurde der Wiederaufbau fertiggestellt, jetzt muss sich das Gymnasium wieder ungewollten Veränderungen stellen. Friedrich-Wilhelm-Gymnasium Köln; Fotoquelle: http://www.fwg-forum.de/ Herr Dr.Jansen hatte zumindest darum gebeten, den Ikarus zu retten, was am Freitag durchgeführt wurde. So wurde zumindest ein Minimum des alten Gebäudes gerettet. Was mit der Alten Wache, die vor dem Gebäude des Gymnasiums steht und ein Hinweis auf die preußische Zeit Kölns ist, geschieht, ist noch immer unklar. Dienstag schien alles wie gewohnt und an den Ikarus dachte wirklich keiner, außer den Tauben, die ihn zum Ausruhen brauchten. Heute ist er in aller Munde, unser Wahrzeichen überlebt, er begleitet unseren Weg aus den Trümmern. |
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