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■ Eine Krone von Veilchen
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- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - 2008-02-06 | |
Ich bin kein Linker, auch kein Rechter, kann mit den so genannten Bürgerlichen nicht viel anfangen, war lange Zeit ein Sympathisant von Joschka Fischer, hatte lange das Gefühl, die Sozialdemokraten am besten zu verstehen, und stehe heute da als nicht politisch engagierter, aber durchaus als politisch interessierter Mensch. Und was macht man als solcher? Man schultert seinen Fotoapparat und geht dorthin, wo ein prominenter Politiker versucht, eine im Werden begriffene Partei, die in den Stadtrat der Heimatstadt einziehen will und noch für die nötigen Unterschriften wirbt, zu unterstützen.
Nun steh ich da und hör mir an, was der Mann so sagt, über den ich mich vor Jahren schon öfter mal geärgert habe. Schließlich hat er doch meine banatschwäbische Seele tief gekrängt, als er mal meinte, ein Asylant wäre gleichzustellen mit einem Aussiedler -– da war, glaube ich, auch ein deutscher Schäferhund im Spiel -, und auch sein Abhauen aus der Verantwortung des SPD-Vorsitzenden und Finanzministers hat mir nicht sonderlich gefallen. Jetzt steht er da, die Sparkasse im Rücken und das seit einer kleinen Ewigkeit CDU-regierte Rathaus im Blick, und versucht wieder mal Geschichte zu schreiben, kleine Geschichte, sozusagen Ingolstädter Geschichte. Er will den paar Linken-Funktionären in der Stadt zum Einzug in den Stadtrat verhelfen, als Vorsitzender dieser neuen Partei, Die Linke, seine Popularität in die Waagschale werfend. Neugierde hat er auf jeden Fall geweckt, denn ich sah nicht nur einen gut zu drei viertel gefüllten Rathausplatz, sondern auch Stadträte anderer Fraktionen durchs Dunkel schleichen, nur ein wenig abseits der Szene. Aber den Szenenapplaus bekam er, der neue linke Star aus dem Saarland. So, als er zum Beispiel mit fuchtelnden Armen die These „"solange Großkonzerne die Preise bestimmen, solange wird die Bevölkerung schamlos abgezockt"“ mit Beispielen aus der örtlichen Kommunalpolitik zu untermauern versuchte. Oder als er verlangte: „Statt Sicherheitskräfte in Afghanistan zu beschäftigen, sollten wir sie in unseren U-Bahnen einsetzen.“ Ganz gut kommen in Wahlkampfzeiten natürlich flapsige Sprüche an. Lafontaine hat davon ein ganzes Arsenal parat. Er rief den ca. 400 Zuhörern zu: „"Wenn Sie Die Linke schon nicht wählen wollen, dann sagen Sie wenigstens, wenn ein Umfrageinstitut Sie anruft, Sie würden sie wählen, weil dann kriegen die Angst in Berlin und dann ändern sie ihre asoziale Politik." So einfach ist der Zusammenhang.“ Gar so einfach wird es wohl nicht sein, aber angekommen sind solche Sprüche bestimmt. Die neue Parteigruppierung in Ingolstadt hat nämlich die erforderlichen 385 Unterschriften, die sie zu einer erstmaligen Wahlbeteiligung am 2. März benötigt, locker bekommen, wie die Lokalzeitung am folgenden Tag schrieb. Ob die Unterschreiber damit Geschichte geschrieben haben, wird sich schon bald zeigen. Dass die Anwesenden auf dem Rathausplatz aber einem Mann lauschten, der sich seinen Platz in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland bereits gesichert hat, werden auch seine zahlreichen Gegner nicht leugnen können. Die Parteienlandschaft hierzulande scheint auf jeden Fall eine Ergänzung zu erfahren. Ob es auch eine Bereicherung sein wird, kann man noch nicht sagen. Zu beobachten ist aber, dass diese Linken peu a peu ihr PDS-Image ablegen – das bringt schon die Zeit mit sich – und als Alternative zu enttäuschenden Sozialdemokraten neokapitalistischen Zuschnitts in einigen Bevölkerungsschichten wahrgenommen werden.
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