Ein sehr spannend geschriebener Roman. Handlungsort ist Mallorca und zwar überwiegend das alte Herrschaftsgut der Familie Margalida Pilar und Pepe Antonio de Villalonga in der Nähe von Palma. Die Villalonga-Tochter Ysabel heiratet Felipe Ramón, einen jungen Rechtsanwalt.

Alles was wir über die Familien der beiden jungen Leute erfahren, wissen die Romanprotagonisten nicht. Der Leser lernt ihre schicksalhaft verflochtenen Familienbande vor allem über die zweite Ebene der Romanhandlung, nämlich aus dem Tagebuch Maria-Magdalenas kennen. Der erste Eintrag darin stammt vom 20. Januar 1937.

Diese Maria-Magdalena war die Mutter von Pepe Antonio de Villalonga, aber auch die Mutter des Rechtsanwalts Jaume Sureda. Und eben dieser war der Vater von Felipe Ramón. Nur der Vater war ein anderer, und zwar die große Jugendliebe Maria-Magdalenas, ein junger, von Idealen getragener Kommunist, der von ihrem Bruder Juan umgebracht wurde.

Das Tagebuch führt zurück in die schrecklichen Ereignisse des spanischen Bürgerkrieges. Dort liegt der Ursprung des vielen Unheils, das Spanien jahrelang heimsuchte und in vielen Familiendramen, wie eben auch das sich in diesem Roman erst anbahnende zwischen Ysabel und Felipe, seinen Niederschlag fand.

Pepes Vater lebte viele Jahrzehnte lang anonym in einem Vorort von Palma und gerade an der Märchenhochzeit machte er sich auf den Weg, um durch seine Flüche die Hochzeitsfeier der von ihm so gehassten Villalongas zu stören. Sein Pech war nur, dass der erregte Jaume Sureda ihn dabei tötete.

Die Spannung dieses Romans liegt eben in der Ahnungslosigkeit aller Beteiligten betreffs ihrer familiären Abhängigkeiten. Dieses Knistern wird nicht nur aufrechterhalten, sondern der Leser muss den Roman sogar ohne die entscheidenden Antworten verlassen. Es deutet sich zwar ab, dass die ehe Ysabel-Filipe nicht die glücklichste werden wird, aber wie Ysabel auf den Inhalt des ihr überreichten Tagebuches reagieren wird, erfahren wir nicht mehr.

Dieser wirklich gute Roman hat eindeutig eine Folge verdient. Dort wo die Neugierde so geweckt wird wie zum Ende dieses Buches, hat Literatur ihren Zweck erreicht: Der Leser ergreift Partei, wird Teil des Geschehens.

Brigitte Blobel ist eine sehr produktive Schriftstellerin. Laut Perlentaucher.de wurde sie „1942 in Hamburg geboren, studierte Theaterwissenschaften und Politik und arbeitete in Frankfurt als Redakteurin bei Associated Press. Neben ihrer Tätigkeit als freie Journalistin und Drehbuchautorin hat sie zahlreiche Bücher für Jugendliche und Erwachsene geschrieben, die bereits mehrfach ausgezeichnet und in 14 Sprachen übersetzt wurden.“


Brigitte Blobel: Die Liebenden von Son Rafal, Roman; 498 S. 18 cm; Kt; Ullstein TB, 2002; ISBN-10: 3548253806; ISBN-13: 9783548253800; 8,95 Euro