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■ Eine Krone von Veilchen
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- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - 2006-12-10 | |
Wie eine silberfarbene Schlange wandt sich die nasse Landstraße durch die Lindenallee. Links und rechts rauschten die üppigen Kronen der Lindenbäume ihre Elegie.
Aus den Blättern fielen dicke Regentränen auf die Riesenschlange und zerbarsten auf dem Asphalt. Die Natur schien noch im Tiefschlaf versunken zu sein. Irgendwann fielen die Regentränen nur noch vereinzelt aus den Blättern. Ein schwerer Lindenduft mischte sich mit der noch regenschweren Morgenluft. Die ersten fleißigen Bienen waren schon auf der Suche nach frischem Nektar für ihren Honig. Ihr monotones Summen durchbrach die frühmorgendliche Stille. Ein Auto raste, als wollte es jeden Moment abheben und fliegen. Die Scheinwerfer siebten das Licht in tausende springende Punkte auf den regennassen Asphalt. Quietschende Bremsen klammerten sich verzweifelt an die Riesenschlange, ein Hupen, langes verzweifeltes Hupen hallte durch den frühen Morgen, ein lautes Krachen, ein verzweifelter Aufschrei, noch einer, ein weiterer, ein Wimmern und dann war es still. Der Motor der Wagens rauchte genüßlich Wolkenringe. Aus der Motorhaube stiegen Rauchschwaden in die Luft - ein Rauchzeichen. Rauchschwaden benebelten die Windschutzscheiben, so dass die menschlichen Konturen dahinter nur noch schwach zu erkennen waren. Eine, eine weitere, noch eine, oder waren es vier? Für einen Augenblick schienen sie sich zu bewegen. Oder war es eine Irreführung der Hoffnungen? Der Fahrer sah einen alten Greis auf einem weißen Sofa sitzen, das aussah wie eine riesige, flauschige Wolke. Er schien sich von schwerer Arbeit auszuruhen. Seine Hände lagen ruhig auf seinem Schoß und seine Schulterblätter schienen wie Flügel. Er lächelte entspannt vor sich hin. "Geh weg, Alter!" rief der junge Fahrer. "Geh mir aus dem Weg." Der Alte schien ihn nicht zu hören und lächelte weiter vor sich hin. Mit letzter Kraft öffnete er die Autotür und rief: "Du sollst mir aus dem Weg gehen Alter!" Doch der alte Mann rührte sich nicht vom Fleck. Die Baumkronen rauschten friedlich und die ersten Sonnenstrahlen lugten durch die Blätter. Wie jeden Morgen. Die Bienen summten und flogen emsig von Lindenblüte zu Lindenblüte, als wäre nichts geschehen. Er lief mit schwankenden Schritten auf das weiße Sofa zu, dann gehorchten ihm seine Beine nicht mehr. Er geriet in Panik und öffnete den Mund zu einem Schrei, doch er hörte sich nicht mehr rufen. Mit verschwommenem Blick sah er, wie der alte Mann seine Hand bewegte, als würde er sie ihm reichen wollen. Er wollte sie fassen und fiel hin. Seine Stirn fiel auf den Boden, wie ein frommer Mann. Für einen Moment verstummte der Wind, die Baumkronen hielten inne. Die Bienen hörten auf zu summen. In der Ferne sang ein Vogel nichtsahnend sein Morgenständchen. Zwei Leben flogen an ihm vorbei, winkten ihm zu. Er folgte ihnen. Die Sonne schien und der alte Mann lächelte sanft. Im Gras saß ein schwerverletztes junges Mädchen und weinte und lachte zugleich. Blut vermischte sich mit den Tränen. Als es auf einer Trage lag, hatte es nur einen einzigen Gedanken: d a s L e b e n i s t k o s t b a r. ©zeitlos
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