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■ Eine Krone von Veilchen
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- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - 2007-08-21 | |
Endlich habe ich mich getraut dich zu besuchen. Nach all der Zeit konnte sich mein Herz aufraffen und dich besuchen gehen.
Früh aufgestanden bin ich, ganz früh, denn ich wollte mit dir allein sein. Mit dem, was von dir übrig geblieben ist. Skurril klingt es. Als ob du nicht schon genug allein wärst. Und doch wollte ich keinem begegnen. Zuerst weiß ich gar nicht mehr, wo du liegst. Ich hatte alles anders in Erinnerung. Größer, blumiger, lauter. Schlecht komme ich mir vor, wie ich zwischen den Reihen suche, als ob ich einkaufen wäre. Doch schließlich finde ich dich. Ein kleines hölzernes Kreuz, auf dem dein Name steht. In leserlicher, unpersönlicher Schrift. Ich erkenne die Stelle kaum wieder. Es stehen nur einige Blumentöpfe dort, ein kleiner Blumenstrauß lehnt gegen dein Kreuz. Die Erde sieht platt aus, die Blumen verwelkt. Es wirkt so, als ob du hier schon seit Ewigkeiten liegen würdest. Als ob du eine derjenigen wärst, die man irgendwann vergessen hätte. Keine Kerze steht auf deinem Grab. Irgendwie stört es mich. Auch wenn es vielleicht kindisch ist, finde ich, dass ein Licht dich beschützen sollte. Vor der Dunkelheit, vor der Kälte. Es sollte dir Trost spenden und dich nicht allein lassen. Denn das bist du doch: allein. Vielleicht sind auch nur wir es, die die dich besuchen. Einsam. Ich weiß es nicht. Ich kann dir nichts sagen, meine Lippen sind zusammengepresst. Ich kann einfach nur davor stehen und mich von meinen Erinnerungen einholen lassen, die ich versucht hatte hinter mich zu lassen. Vergeblich. Auf einmal stehst du dort wieder vor mir und gestikulierst wild vor dich hin. Oder lachst und kneifst dabei die Augen zu. Dann wieder gehen wir spazieren und du erzählst uns von deiner Familie und den Problemen mit deinen strohigen Haaren. Doch irgendwann sehe ich wieder wie wir dich an diesen Ort begleiten, ich sehe uns, öffne die Augen und erkenne das Kreuz mit deinem Namen. Erst als aus der Entfernung Glocken läuten, kann ich mich aus meiner Starre lösen und gehe. Ich muss daran denken, dass ich keine Taschentücher mitgenommen habe und meine Nase die ganze Zeit läuft. Ein so menschlicher Gedanke an einem Ort, an dem das Menschsein aufgehört hat. ~~~~~~~~~~ Auf dem Weg nach Hause höre ich „Black Bird“ von den Beatles und denke an dich. Ich weiß nicht, ob du das Lied gemocht hast oder ob es zu dir passt, aber es ist das Lied, bei dem ich immer an dich denken muss. Ich habe es gemocht. Dort bei dir. Bei den Toten. Das Gefühl der Ruhe, der Endgültigkeit und der Resignation, das über euch liegt. Aber vielleicht auch der Glaube, dass alles gut werden wird. Irgendwann. Vielleicht. Ich werde wiederkommen. Und dir ein Licht mitbringen.
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