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Roman aus dem eigenen Milieu
artikel [ Bücher ]
Hanns-Josef Ortheil: Die geheimen Stunden der Nacht

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von [Delagiarmata ]

2006-08-30  |     | 



Einen Roman aus dem eigenen Milieu hat Hanns-Josef Ortheil hier vorgelegt. Und es ist nicht der erste in der deutschen Literatur. Man kennt sich in der eigenen Szene eben am besten aus. Dem Leser gereicht das auch nicht unbedingt zum Nachteil; schon darum nicht, weil, sofern er ein Feuilletonleser ist, die eine oder andere Romanfigur ihm nicht eben unbekannt vorkommen dürfte. Auch „Die geheimen Stunden der Nacht“ lassen so manche Rückschlüsse auf Ortheils Modellsteher/innen zu.

Georg von Heucken ist ein ins Verlagswesen hineingeborener Unternehmersohn mittleren Alters, wenn man heute Zweiundfünfzigjährige so nennen darf, der das Auseinanderleben mit seiner Frau soeben erfolgreich vollzogen hat und sich eigentlich auf die Pirsch begeben könnte, wenn da, ja wenn da nicht auch das Alltagsgeschäft wäre, und das wird eigentlich auch von Familienproblemen bestimmt. Georg ist der älteste der Heucken-Geschwister. In die Leitung der Geschäfte des Medienkonzerns Caspar & Cuypers mit seinen sechs Verlagen, vier Zeitungen, mehreren Zeitschriften und einem Buchverlag sind neben Georg auch Christoph und Ursula eingebunden. Der Kopf des Konzerns ist aber weiterhin ihr Vater, zumindest so lange, bis der Schlag ihn trifft.

Und schon steht die Nachfolge des Konzernlenkers im Raum. Der Roman kann beginnen. Das tut er dann auch und verläuft immer aus der Sicht des einen Protagonisten, nämlich Georg von Heuckens. Hanns-Josef Ortheil haben einige Tage aus dem Leben seines Helden ausgereicht, um eine spannende – bis zur Gänsehaut prickelt es aber nie – Geschichte zu erzählen. Es sind die Einblicke in das Leben eines Verlags, hier eines Buchverlags, die dieses Buch so lesenswert machen. Das Ineinandergreifen der verschiedenen Rädchen, die nicht nur den Verlag, sondern den ganzen Literaturbetrieb am Laufen halten, ist zumindest genauso interessant wie die obligatorische Liebesgeschichte Georg von Heuckens mit seiner Sekretärin Jana. Da ist der erfahrene Lektor und der alternde, seiner Eitelkeit frönende Autor, wie auch die mit allen Wassern gewaschene Literaturagentin. Das sind im Betrieb ganz unterschiedliche Größen, die aber kooperieren müssen, um das Literaturlaufwerk am Leben zu halten. Wenn sich dazu noch die Nachfolgefrage zwischen drei sehr unterschiedlich geratenen Geschwistern hinzugesellt, dann bleibt die Neugierde des Lesers bis zur letzten Seite des Romans erhalten.

Hanns-Joseph Ortheil erzählt fließend und gewährt auch Einblicke in das Innenleben seiner Gestalten. Er lässt sie zuweilen sinnieren und zu Wortassoziationen greifen, die sich nur knapp entlang der Schmeichelei bewegen. „Vielleicht sind Schriftsteller Künstler im Ertragen von Einsamkeit, vielleicht gehen sie in ihrem einsiedlerischen Leben produktiv mit ihr um, unsereins jedenfalls kennt sich damit nicht aus, unsereins erwartet von außen die Rettung. Von Dir, von Deinem Roman, davon, dass man Dir zuschaut, wie Du mit der Einsamkeit umgehst.“ So spricht Georg von Heucken zu dem Schriftsteller Wilhelm Hanggartner und Ortheil verweist darauf, dass von Heucken sich nicht erinnern könne, „je so gesprochen zu haben. Als stehe er unter Hanggartner-Drogen, als löse er sich auf in Winden der Sprache.“

Zuweilen kann Ortheil in seinen Milieuschilderungen und Familiensituationen auch schonungslos nüchtern sein. Über den Patriarchen lässt er den Sohn verlautbaren: „Vater nahm seine Freundinnen mit auf Geschäftsreisen, oder er bumste sie als Amuse-Gäule vor dem Abendessen in irgendeinem kleinen Hotel oder in den Zwei-Zimmer-Wohungen, die er manchmal für sie anmietete.“

Milieuroman, Familienroman, aber auch ein Stadtroman, präziser gesagt ein Köln-Roman ist dieses Buch. Die handelnden Personen verlassen Köln nie, sie kommen zwar zum Teil von außen und gehen auch wieder, ihr Wirken beschränkt sich aber auf das Gebiet der Stadt Köln. Ob Marienburg, oder Rodenkirchen, oder die Domplatte, oder der Rhein, ihre Ausstrahlungen ergeben das Gesamtbild einer anschauenswerten Stadt. Ein geographisches Gemälde, ebenso ein Zeitgemälde liegt vor uns. Der Autor scheut sich nicht, bekannte Namen unseres Fernsehalltags als Zeitbeleg für die Nachwelt einzubauen: Petra Gerster, Marietta Slomka, Anja Chalet, Ulrich Wickert.

Dass Hanns-Josef Ortheil der Rheinmetropole Köln mit diesem Roman ein Denkmal setzt, soll weiter nicht verwundern, hat er selbst doch am 5. November 1951 in dieser Stadt das Licht der Welt erblickt. Heute lebt der Schriftsteller in Stuttgart. Er begleitet an der Universität Hildesheim seit 2002 eine Professur für Kreatives Schreiben und Kulturjournalismus.

Hanns-Josef Ortheil hat drei Sachbücher, drei historische Romane und weitere 17 zeitgeschichtliche/zeitgenössische Romane und autobiographische Essays veröffentlicht, wofür er 10 Preise bekommen hat. Sein erster war 1979 der Aspekte Literaturpreis und sein vorerst letzter 2006 der Koblenzer Literaturpreis.


Hanns-Josef Ortheil: Die geheimen Stunden der Nacht, Luchterhand, München 2005, 381 Seiten, ISBN: 3630871747, 21,90 Euro.

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