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- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - 2009-05-21 | |
Alice Schwarzer nimmt in einem ZEITmagazin-Artikel Stellung zu einem Beitrag aus der gleichnamigen Zeitschrift (Nr. 8/09), in dem Männer (überwiegend) ihr Unbehagen gegenüber der Abtreibung oder gar frustriert deren Ablehnung zum Ausdruck brachten. (ZEITmagazin ist eine Hochglanzbeilage der Wochenzeitung DIE ZEIT.)
Diesem Phänomen steht ein aufschlussreiches Pendant gegenüber: nämlich jenes, in dem die Männer ebenso frustriert einen Nachwuchs in der eigenen Familie ablehnen. Frau Schwarzer schreibt unter anderem: „... die Frauen, mit denen ich seit den siebziger Jahren über ihre Abtreibungen gesprochen habe, waren meist allein damit. Erschütternd allein.“ Da gehört ein Ausrufezeichen hin, ging mir durch den Kopf und meine ganze Erbärmlichkeit stand wie eine undurchdringliche Wand vor mir, an die man nur anrennen kann, sich eventuell den sinnentleerten Schädel blutig schlagend. Dabei geht es mir gar nicht vordergründig um den Abtreibungswille oder die seelischen Nöten der Frauen, sondern eher um den Machosatz: Ich will dieses Kind nicht. Ja, natürlich, das ist eine Aussage des Mannes und nicht der Frau, die das keimende Leben, unser aller Zukunft in sich trägt, es spürt und liebt, und mit ihm spricht, voller froher Hoffnung auf sein Kommen wartet ... oder auch leidet, sich fürchtet, alleingelassen in ihren, nur ihr allein zustehenden Entscheidungen über das Werden in ihr. Wir – meine Frau und ich – lebten ausgangs der siebziger, anfangs der achtziger Jahre des endlich verflossenen 20. Jahrhunderts im dunkelsten Eck Europas – im Lichtreich Ceauşescus. „Noch ist die Entscheidung von Frauen und Männern für oder gegen eine Elternschaft Privatsache und kein Fall für das Strafrecht“, schreibt Alice Schwarzer. Da waren Genossin & Genosse Ceauşescu ganz anderer Meinung. Wer missglückt abtrieb – immer illegal – war des Todes, wenn er die Verursacher (Arzt oder Hebamme) nicht verriet. In dieser Situation gab’s Männer – hier meine ich Ehegatten -, die schlicht und einfach sagten: Ich will dieses Kind nicht. Basta! Damit waren sie mit ihrem Familienlatein am Ende. Die Frau reagierte meistens eingeschüchtert und trat den Weg an, der ihr den Tod bringen konnte, obwohl sie das Kind mehr oder weniger gerne, aber immer ihrem Mutterinstinkt gehorchend, ausgetragen hätte. Während Frau Schwarzer in Deutschland mit Frauen über ihre gewollten Abtreibungen sprach, trieb im geistig finsteren Rumänien so mancher Mann seine Frau in höchste Lebensgefahr, oft aus kaum nachvollziehbaren, egoistischen Erwägungen. Der Mann war damals oft nur - und ist es leider nicht selten auch heute noch - ein selbstgefälliger und instinktgesteuerter – ich hörte irgendwo mal den Ausdruck „schwanzgesteuerter“ – Erzeuger, der in seinem Verhältnis zur Frau dem eigenen Herz und Verstand kaum eine Chance gewährt. Von wo ich das weiß? Als ich Alice Schwarzers „Reaktion“ zu Ende gelesen hatte, hob ich den Kopf und blickte in den Spiegel. Wie gut, dass ich mir nicht mehr die Haare raufen kann. Wo wir heute mit zwei Kindern glücklich sind, wären wir es da mit vier nicht doppelt? Und ich dachte an die ersten fünf Jahre meines Arbeitslebens in einer Temeswarer Textilfabrik mit überwiegend weiblichen Beschäftigten, an den einen und anderen traurigen Blick aus jungen, blühenden Frauengesichtern und an die immer gärende Gerüchteküche. Er muss endlich weg, der Zwang auf die Frau, ganz gleich ob sie sich für oder wider das Kind in ihr entscheidet, der Zwang aus der Gesellschaft und auch der aus dem Ehebett. „Niemals Zwang“ nennt sich dieser ZEITmagazin-Artikel (Nr. 12/2009). Frau Schwarzer, Sie haben das Ausrufezeichen (!) vergessen.
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