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- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - 2015-12-18 | |
MATRIX – Zeitschrift für Literatur und Kunst – Nr. 4/2015 (42), POP-Verlag, Ludwigsburg, 2015; ISSN: 1861-8006; € [D] 15,-- / € [AT] 15,50 / SFr [CH] 20,--
Das Jahr neigt sich seinem Ende zu und damit treten immer auch alte Gewohnheiten ins Blickfeld. Bei dem einen oder anderen darf das dann auch schon mal etwas zum Lesen sein. MATRIX zum Beispiel, ein publizistischer Zwitter – inhaltlich Zeitschrift und von der Form her Buch. Der in Ludwigsburg beheimatete POP-Verlag hat auch heuer einer alten Gewohnheit gemäß für die stade Zeit einen Literaturzwitter vorgelegt: MATRIX 4/2015 (42). Wie man sieht, hat diese Edition des von Traian Pop geführten Verlags eine stattliche Serie vorzuweisen. Die vorliegende Nummer ist besonders umfangreich ausgefallen: 364 Seiten Text, Grafiken und Fotos. Und sie hat einen Schwerpunkt: Hans Bergel. Man kann heuer von einem Bergel-Jahr sprechen, berücksichtigt man das Geschehen im deutschen Literaturlandschaftskästchen mit den Protagonisten rumänischer Herkunft - rein geografisch gesehen. Die hier Bergel gewidmeten 250 Seiten sind nur ein Aspekt, der sich in eine Serie von Lesungen, Ehrungen und Medienberücksichtigungen einreiht. Geschuldet ist dieses Bergel-Jahr dem Alter des aus Rosenau / Râşnov stammenden Schriftstellers: 90 Jahre. Herzlichen Glückwunsch! Hans Bergel ist das letzte noch lebende Mitglied des literarischen Quintetts, das 1959 im geschichtsträchtigen Schriftstellerprozess von Kronstadt / Braşov zu 95 Jahren Zwangsarbeit verurteilt wurde. Procesul lotului scriitorilor germani (Gruppenprozess deutscher Schriftsteller) nannten die kommunistischen Justiziare Rumäniens damals diesen Prozess. Neben Hans Bergel saßen Andreas Birkner (1911 – 1998), Wolf von Aichenburg (1912 – 1994), Georg Scherg (1917 – 2002) und Harald Siegmund (1930 – 2012) auf der Anklagebank. MATRIX ehrt in dieser Ausgabe das Lebenswerk und die Persönlichkeit Hans Bergels mit einer breiten Pallette von eigenen Texten und Würdigungen anderer. Dass der Schriftsteller auch heute noch eine umstrittene Figur der rumäniendeutschen Fußzeile des deutschen Literaturbetriebs ist, wird (natürlich) nicht erwähnt. Wer die HALBJAHRESSCHRIFT FÃœR SÃœDOSTEUROPÄISCHE GESCHICHTE, LITERATUR UND POLITIK kennt, wird aber von den nebulösen Darstellungen der Ereignisse rund um den erwähnten Schriftstellerprozess (besonders in Sekundärliteraturarbeiten zu Hans Bergel) gelesen haben. Da ist von Textmanipulation die Rede, die den damaligen Zeugen und in den letzten Jahren im deutschen Feuilleton für seine Romane sehr positiv rezipierten Eginald Schlattner in ein ganz schlechtes Licht rücken. Aber jetzt ist Ehre wem Ehre gebürt angesagt und dazu gehört ein gelungener Querschnitt durch das umfangreiche literarische Werk des Jubilars. Es lohnt sich auf jeden Fall, die 250 Seiten zu lesen und mit einem Werk Bekanntschaft zu machen (soweit nicht schon geschehen), das zu dem einen oder anderen weiteren Buchkauf anregen könnte. kurz bevor ich das licht der welt erblickte. Nicht meine Wenigkeit, sondern der im Banat lebende Dichter und Journalist Balthasar Waitz. Auch er ist ein Nitzkydorfer Kind – wie Herta Müller. Und er schreibt auch sehr gut. Aber: Literatur ist und bleibt Geschmackssache, besonders in der Lyrik. Wie auch immer, nach so viel Bergel tun die neun Waitz-Gedichte wirklich gut. keiner hört sie keiner sieht sie. Wen oder was, die vielen Schreibfehler in diesem Text? Wo bleibt der Lektor oder wenigstens ein gutmeinender Gegenleser? Ich habe dieses Manko schon mal in einer MATRIX-Rezension angesprochen. Es ist wirklich schade bei der inhaltlichen Qualität dieser Veröffentlichung. Tippfehler begegnen uns überall und keiner ist gefeit dagegen, auch ich natürlich nicht, aber wenn es, um nur ein Beispiel aus diesem Text von Cosmin Dragoste zu zitieren, heißt, „weil es immer Streite ausbrechen würden“, dann kann Deutsch schon mal weh tun. Auch oder besonders weil der Autor einen Lehrauftrag für ältere deutsche Literatur, Ãœbersetzungen und rumäniendeutsche Literatur an der Universität Craiova inne hat und in seinem Essay die Lyrik von Balthasar Waitz behandelt. Der nämliche Text ist im August 2015 in der BANATER ZEITUNG / Temeswar erschienen – fehlerfrei. Opa ist das lustig?, fragt mich gerne meine kleine Enkelin, wenn ich ihr zürne. Und ich antworte ihr immer: Nein, das ist gar nicht lustig! - was der Kleinen zwar nicht gefällt, sie aber mitnichten davon abhällt, den Opa weiter zu ärgern. In einem kurzen Beitrag würdigt der Literaturhistoriker und Kritiker Cornel Ungureanu den Schriftsteller, Publizisten und Politiker Nikoalus Berwanger (1935 – 1989). Wie Bergel war auch Berwanger bei seinen aus dem Banat abgehauenen Landsleuten ein umstrittener Zeitgenosse, vorwiegend aber bei einigen Landsmannschaftsfunktionären. „kein inhalt und ohne gewicht / und schon im entstehen zersprungen / so endet mein letztes gedicht“ - Ob dieses Ende eines Sonetts tatsächlich das letzte Gedicht von Dieter P. Meier-Lenz war, ist dieser MATRIX nicht zu entlocken. Die traurige Tatsache aber ist, dass er laut Editorial (Traian Pop) am 13. April 2015 (nach Wikipedia am 1. Juli) im Alter von 85 Jahren gestorben ist. Andreas Noga widmet ihm in dieser Ausgabe das Gedicht Ausblick. Was folgt, ist eine hochinteressante Besprechung von chinesischen Bildergeschichten. Diese Sicht auf Politische Cartoons (lianhuanhua) in Maos China ist ein Geschenk des Schriftstellers Ulrich Bergmann, der die gut wiedergegebenen Zeichnungen kommentiert und auch einen Einblick in die chinesische Geschichte dieses Kunst- & Literaturgenres gewährt: „Nach dem Sieg der Kommunisten 1949 [...] erkannte die Partei die Wirkung des Mediums für ihre ideologischen Zwecke.“ Weiter gibt es Aphorismen und ein Gedicht von Maximilian Zander zu lesen. So viel dann auch zur Lyrik: „Er schuf nichts Neues, war aber ein Meister im Arrangieren; Dekorateur oder Friseur hätte er werden sollen, ist aber Dichter geworden.“ Und was wäre, wenn ich das auf mich bezogen empfände? Nichts! Mit Erinnerungsliteratur – guter – wartet Stefanie Golisch bei ihrer Besichtigung einer Heimatstadt auf. Lemgo „an dem Flüsschen Bega“. Ja, ja, eine Bega gibt es auch in der „ostwestfälischen Provinz“, nicht nur im Banat. Und da wie dort gibt es „einen Park an dem Flüsschen Bega“. Was wiederum Erinnerungen hinter meiner Stirn generiert. Danke! Mit vier Gedichten von Franz Hofner kommt wieder die Lyrik zu ihrem Recht, auch ab und zu gedruckt zu werde. In welchem Maße der heutige Mensch auch von seinem Recht gebrauch macht, Gedichte zu lesen, bleibt umstritten – von gar nicht, über mäßig bis zu ... Vielleicht steht die Novelle gattungsmäßig der Lyrik am nahesten – wegen der „unerhörten Begebenheit“, die sie, die Novelle, nach Goethe eigentlich definiert. Als solche habe ich zumindest die wundersame Begegnung zwischen Josefina und Robert empfunden. Katja Kutsch hat sie komponiert. Ja, ja, da ist Musik drin: „In der Mitte des Lichtscheins sitzt sie: eine Frau namens Josefina, und er streichelt sich mit der freien Hand übers Kinn, eine seiner Macken, die das Malen erleichtern, an manchen Tagen sogar erst zulassen, und er spürt, dass an diesem Tag alles möglich sein wird.“ Ist es nicht bedauerlich, dass der Text hier endet? Die folgende Geschichte knüpft vom Tonfall und auch von einigen Handlungsmomenten her am Vorgängertext an. Es ist alles ein bisschen sonderbar in der Sulmona-Straße in Konstanza / ConstanÈ›a. Die in dieser Stadt geborene Schriftstellerin Raluca Naclad hat eine Erklärung dafür: „Ich weiß, dass Ethan ein Violoncellogeist ist, der in einem kleinen Laden Altwaren verkauft, in Sulmona. Wenn du neugierig auf ihn bist, öffne YouTube und gib die Suchworte >cello Rondo< ein.“ Und wenn einem Leser in dem Text das Wort „Zumum“ auffällt, dann kann er davon ausgehen, dass da wahrscheinlich dem Ãœbersetzer aus dem Rumänischen der Finger auf der Tastatur ausrutschte. Auch das gehört zu den Ermüdungserscheinungen eines Ãœbersetzers, der ein Leben lang statt eines Violoncellos ein schweres Euphonium (aus Messing) mit sich herumschleppte. Das letzte Lesestück dieses Buches ist eine traurige Kriegsheimkehrergeschichte, an deren Ende eine böse anmutende Metapher steht, bezieht sie sich doch auch auf die Beziehung zwischen Mann & Frau & Kindern: „Asche. Kein Glimmen mehr. Nur noch kalte, tote Asche.“ Herwig Haupt ist der Autor dieses vom Krieg generierten Beziehungsdramas ohne Gewalt, aber mit viel, viel Text zwischen den Reihen. Große Literatur eines in Bayern sozialisierten Schlesiers. Zum Glück wird das Buch, um seiner Zwitterrolle gerecht zu werden, mit fünf ablenkenden Buchbesprechungen (verfasst von Katharina Kilzer, Elke Engelhardt, Wolfgang Schlott, Andreas Rumler und Stefanie Golisch) abgeschlossen. Denn es wäre wirklich schade, diese abwechslungsreiche MATRIX mit einem beklemmenden Gefühl vom Nachtkästchen zu räumen – jetzt in der Weihnachtszeit. |
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