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Eine glatte (Ent)Täuschung
artikel [ Bücher ]
Tod eines Kritikers – Roman von Martin Walser

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von [Delagiarmata ]

2009-08-29  |     | 



Das sind die Fakten:
1.) Martin Walser (*1927) zählt zu den bekanntesten Schriftstellern der deutschen zeitgenössischen Literatur. Er gehört einer Handvoll Seniorenliteraten an, die dem Feuilleton hierzulande durch ihre Lebhaftigkeit in Schrift und Wort gut tun.
2.) Marcel Reich-Ranicki (*1920) ist der Deutschen Literaturpapst, eine Titulierung, die ihm eine Einzigartigkeitsstellung als Kritiker in der Literaturgeschichte sichern wird, denn sie gab es weder vor ihm und wird es wahrscheinlich auch nach ihm nicht geben, so ähnlich wie der Kaisertitel für Franz Beckenbauer.
3.) Ranicki hat Walser auch schon mal kritisiert. Schließlich ist das ja sein Job. Walser aber hat mal sinngemäß gesagt, die Deutschen müssten sich nach den Schandtaten des Dritten Reichs endlich aufrichten von der Bürde (oder auch mit der Bürde) dieser Schuld. Das war in der Paulskirche und hat Ranicki nicht gefallen, weil er Jude ist.
4.) Martin Walser hat im Jahre 2002 einen Roman geschrieben, der den Titel trägt Tod eines Kritikers. Viele haben damals gesagt und geschrieben oder nur so gemeint, dass mit diesem Tod der Tod Marcel Reich-Ranickis gemeint oder herbeigeschrieben worden sei oder ...

Das Buch selbst ist schwach, keine Geschichte, die einen vom Hocker reißt. Da gibt es diesen Schriftsteller Hans Lach, der von dem berüchtigten Kritiker Andrè Ehrl-König niedergemacht wurde, oder besser gesagt, nicht den Erwartungen entsprechend gewürdigt wurde. Auf einer Party in der Villa des Verlegers Pilgrim treffen die zwei Protagonisten aufeinander und nach der Party verschwindet der Kritiker. Zurück bleibt ein Kaschmir-Pullover auf dem Kühler seines Jaguars. Das war natürlich ein gefundenes Fressen für die Presse. Hans Lach hat kein Alibi. Schuldig. Man traut dieser viel beschriebenen und von der großen Öffentlichkeit kaum wahrgenommenen Literaturszene eben alles zu. Auch einen Mord aus verletzter Eitelkeit.

Nur Michael Landolf, der Ich-Erzähler ist von Lachs Unschuld überzeugt und versucht diese zu beweisen. Dabei schlittert die Handlung von ihrem kriminalromanhaften Anfang in ein von Selbstmitleid belastetes Egogejammer verpasster Liebschaften.

Bei diesem schwerfälligen und übermäßig im Konjunktiv I (sei verhaftet worden, sei unsanft behandelt worden, sei ..., sei ..., sei ...) geschriebenen Roman kann es nicht verwundern, dass die Kritik sich seinerzeit mehr auf die Analogie Fiktion – Realität des Inhalts als auf dessen literarischen Wert stürzte. Natürlich haben die recht, die behaupten, das Ganze sei – im besten Konjunktiv - nur ein Racheakt. Ein ziemlich plumper noch dazu, kann man ruhig hinzufügen.

Man stellt sich zum Schluss die Frage, warum Walser überhaupt zu fiktiven Namen gegriffen hat. Es wäre bestimmt ehrlicher rübergekommen, wenn er gleich übers Literarische Quartett und M.R.-R. statt über die Sprechstunde und A.E.-K. geschrieben hätte. Zumindest die Sensationslüsternen wären zu ihrem Recht gekommen, denn „Ehrl-König hat Lach sicher nicht mehr niedergemacht, als er Böllfrischgrasshandke niedergemacht hat.“ Ich bleibe dabei: Mit Marcel Reich-Ranicki hätte dieser Roman mehr Leser gefunden als mit Andrè Ehrl-König, auch wenn es dann kein Roman mehr gewesen wäre, sondern ein Abrechnungsessay oder etwas in der Richtung.

Und dann kommt noch dieser Ärger mit dem anscheinend nicht durchgeführten Korrekturlesen, womit ich nicht das Lektorieren meine. Selbst der Computer scheint bei diesem Roman verrückt gespielt zu haben, nicht nur das Rachebedürfnis eines gealterten Romanciers. In der Taschenbuchausgabe des Rowohlt Verlags scheint das „e“ seitenlang etwas gegen Konsonantennachbarschaft zu haben und manche Buchstaben haben vor lauter Narzissmus wohl jede Contenance verloren. Der Leser darf sich dann an Sätzen wie dem folgenden abarbeiten: „Er sei ja, das könnte Martha nicht wissen, mit Hans Lach befereundet, er schätze ihn als einen außerordentelich begabten Schschscheriftstellerrr, in der keleinen und keleinsten Form gelinge ihm gelegentlich durchaus Gutes, manchmal sogar Vorzügliches, aber im Roman: eine Enttäuschung nach der anderen.“

Wie wahr! Der Tod eines Kritikers fand zum Schluss gar nicht statt. Er war und bleibt eine glatte (Ent)Täuschung.


Martin Walser: Tod eines Kritikers, Roman mit einem Nachwort von Huang Liaoyu; Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbeck bei Hamburg, 2009; ISBN 978-3-49925226-6; 270 Seiten; € 8,95

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