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Café Métropole
prosa [ ]

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von [Tia ]

2007-12-09  |     | 



Ich wohne in einer Großstadt. Mein Leben verläuft zwischen Arbeit und zu Hause. Ich fahre U-Bahn, gehe ins Kino mit Freunden, ins Fitnessstudio, da ich figurbewusst bin. Ich besuche Ausstellungen, mag insbesondere die abstrakte Malerei. Nicht jeder Tag verläuft jedoch nach Plan, so wie der heutige, als ich mit Schmerzen zum Zahnarzt musste. Nach anderthalb Stunden Warten, stellt die Vertretung nach einer oberflächlichen Kontrolle fest, dass ich eigentlich keinen Grund zur Unruhe haben solle, alles sähe gut aus mit meinem Zahn. Ich sitze jetzt in diesem Café und wälze mich vor Schmerzen während ich versuche eine Suppe zu essen. Ich muss warten, dass die Suppe kälter wird, da der Nerv sehr empfindlich reagiert. Danach werde ich mir einen Cocktail in der Happy Hour gönnen. Allerdings nur bei Zimmertemperatur... Im Café Métropole herrscht eine gemütliche Atmosphäre, es ist halbdunkel, zahlreiche Tische aus Eichenholz stehen um das stille Klavier herum, Kerzen brennen dort, wo jemand sitzt. Zahlreiche Flaschen hinter der Bar glänzen im Raum, sie verstecken noch nicht erfundene, schon ungeduldige Cocktails… Draußen versucht das schwache Licht einer Straßenlaterne den Neuschnee mit Wärme zu umhüllen.
“All that jazz” habe ich mir ausgesucht, ich schaue meinen Cocktail an, genieße ihn schon mit dem Blick, aber ich habe Angst, dass der Schmerz wieder anfängt. Es gehen mir verschiedene Gedanken durch den Kopf, meistens Sorgen, ich versuche mich zu entspannen, die Präsenz des Alltäglichen aus dem Raum zu entfernen. An diesem Ort bleibt man stehen, er bedeutet Ruhe, Distanzierung, hier fühlt man sich wie in einer anderen Zeit versetzt. Lyssandre, was für ein schöner Name! Meine Gedanken sind jetzt bei ihm, meinem Arbeitskollegen. Er wohnt hier seit Jahren und hat sich der Stadt perfekt angepasst. Wir verstehen uns gut, sprechen offen über viele Themen, haben denselben Geschmack was Mode, Parfums, modernes Leben angeht, Musik, Design. Wir unterhalten uns auch über unsere Pläne und Erwartungen. All dies hat wunderbar funktioniert bis ich seinen Blick bemerkt habe, er schaut mich seit einiger Zeit anders an. Ich spüre wie es knistert zwischen uns. Und er trägt einen neuen Duft, der mich um den Verstand bringt. Es ist der Neue des Hauses Hermès aus Paris. Es weht eine frische Brise in dieser vornehmen Stadt.
Ich blättere die Getränkekarte durch und mir fällt ein ganzes Kapitel der “Sexologie” auf. In dieser bunt gemischten Welt der Cocktails pulsieren Namen wie „Kiss me quick“, „Sex on the beach“, „Orgy“, „Blowjob“, „Orgasm“, „Painkiller“. Da muss man nur seiner Fantasie freien Lauf lassen. Welche Missgeburt kommerzieller Strategien. Lyssandre ist Single wie ich. Er hat mir gestern überraschend intime Geständnisse gemacht. Ich fühle den Geschmack des Rums, des Southern Comfort, der Zitrone, der Ananas, die im Jazz-Fieber aus dem Glas emporsteigen, während im Hintergrund Michael Bubblé den Klassiker „Fever“ interpretiert. Lyssandre hatte mir von seiner letzten Freundin erzählt, wir waren im Büro und draußen schneite es mit rötlichen Flocken in welchen sich die Dämmerung spiegelte. Und jeder Partikel Schnee küsste ein Herbstblatt auf der Strasse. Zu früh kommt dieser Kuß. Hier, am Fuße der Alpen ist der Schnee immer für eine Überraschung gut, tritt auf wie ein Star, er fällt viel zu früh oder bleibt zu lange.
Lyssandre ist wie ein Jazz Song, entfesselt, sinnlich, dunkel, er strahlt Raffinesse aus allen Poren aus. Das Licht auf meinem Tisch spielt mit den unregelmäßigen Schatten der in der Luft schwebenden Musiknoten, Noten die auf das perfekte Lied zu warten scheinen, wie wir, einsame Singles der Großstadt, auf die wahre Liebe. Das muss der absolute Zustand sein, das Herz flattert, so klischeehaft das klingen mag, man verlässt seine innere perfekte Welt und wagt sich nach draußen. Man entwickelt sich. „Risiken und Nebenwirkungen“ angenommen. Da kann man keinen um Rat fragen, man muss sich auf sein Gefühl verlassen. Am Nachbartisch wird eine Zigarette angezündet, es ist merkwürdig dass ich den Rauch nicht rieche, sondern nur den Genuss in den Augen dieses Menschen sehe, der sich bewusst ist, dass jeder Zug vergänglich und selbstzerstörerisch ist, aber trotzdem seiner Leidenschaft nachgeht.
Drinnen ist jetzt draußen, das ganze Ensemble ist harmonisch. Ich habe einen Zen-Zustand. Die Kälte hat sich mit der Wärme vermischt, die Stille der verschneiten Strasse mit dem Jazz. Die Nacht probiert gierig von der Kirsche in meinem Cocktail und plötzlich umhüllt mich ein bekannter Duft. „Bonsoir Lea!“ Woher wusstest du, dass ich hier bin? Er steht vor mir, hält eine dunkelrote Rose in der Hand, reicht sie mir. Ich nehme sie lächelnd an. Er setzt sich, nimmt meine Hand, unsere Blicke unterhalten sich. Wir stehen uns gegenüber, getrennt von einem Flackern, in welchem nicht ausgesprochene Wörter verbrennen. Der Jazz küsst leidenschaftlich das Klavier und wir fließen mit dieser Stadt dahin, in einem Strom von Licht und Bewegung, Schnee, so viel Schnee und einer Geste, sensuell wie ein Duft, vielleicht Hermès…

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