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Sie spricht auch für die Zweifler und Zögerer
persönlich [ ]
Kolumne 85

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von [Delagiarmata ]

2011-04-10  |     | 



Herta Müller sagt und schreibt eigentlich auch nichts anderes als andere. Aber sie sagt es eben anders. Und das macht ihre literarische Andersartigkeit aus. Und sie stellt diese Besonderheit ihrer Sprache in den Dienst der Freiheit, der Freiheit des geschriebenen und gesprochenen Wortes, aber auch in den Dienst allgemeiner demokratischer Werte. Welch eine selbstlose Ausnutzung des eigenen Nimbus einer Literaturnobelpreisträgerin.

Mit Wenn der zweite Schuh herunterfällt – Die Macht dieses Dissidenten fürchtet das Regime in China: Über die ungebrochene Ausstrahlung des Liu Xiaobo ist der Text (Zeitungsfassung) einer Rede Herta Müllers vom 20. März 2011 überschrieben. Gehalten hat sie die Rede im Rahmen einer Veranstaltung des Internationalen Literaturfestivals Berlin und veröffentlicht wurde diese in der FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG vom 26. März.

Ein Plädoyer für die Freilassung des chinesischen Bürgerrechtlers und Friedensnobelpreisträgers Liu Xiaobo ist das, was uns Herta Müller hier bietet, aber auch eine Anklage des kommunistischen Regimes in China. Sie spricht von der „Selbstüberschätzung“ und den ihr folgenden „Selbstzweifel“ eines Dissidenten und sie versteht ihn als Diktaturgeschädigte besser als so mancher interessierte Außenstehende. In der müllerschen Sprache klingt das so: „Das Alleinsein im eigenen Schädel kam. Ich versuche es mir vorzustellen: Xiaobo so einsam und beklommen, als gehe er barfuß durch die eigene Stirn Tausende Male von einer Schläfe zur anderen.“

An anderer Stelle heißt es: „Ich habe den Vorschlag Václav Havels, Xiaobo für den Friedensnobelpreis zu benennen, unterstützt und daraufhin schlimme E-Mails bekommen von Exilchinesen. Verleumdungen, Denunziation, hemmungsloser Rufmord an Xiaobo waren die Inhalte.“ Was würde einem deutschen Arbeitnehmer passieren, dessen Unternehmen im Reich der Mitte Milliarden verdient, längst dort heimisch ist und strahlende Zukunftsvisionen mit seiner Entwicklung in diesem Lande verbindet - in einem immerhin kommunistischen Land, mit allen gängigen Einschränkungen von Bürgerrechten? Würde er mit einer schriftlichen Abmahnung davonkommen? Oder könnte er seinen Schreibtisch oder Spind gleich auf- bzw. ausräumen?

Wer will das schon wissen? Wer hat so etwas schon jemals gewagt? Wer hat sich überhaupt schon mal darüber Gedanken gemacht? Ich nicht. Gott behüte! Mir sind solche Gedanken noch nie gekommen! Das wäre ja Rufmord am großen Bruder, Wirtschaftsbruder aus dem fernen Osten. Schließlich bringen wir Deutschen Industriearbeiter doch den westeuropäischen Wohlstand für Millionen Chinesen in ihre Heimat. Was ist dagegen schon eine kritische Stimme? Ob dabei wohl jemand hinterfragt, dass Millionen Chinesen noch immer eine Minderheit unter 1.336.000.000 Menschen sein können, eine wohlhabende Minderheit unter vielen entrechteten Landsleuten?

Wer von den vielen Europäern in China kennt die Hinterhältigkeit einer kommunistischen Glanzfassade wirklich? Bei Herta Müller wird sie zumindest erahnbar: „Und man schickte den alten, zitternden Vater zu Xiaobo ins Lager, um ihn mürb zu machen. Der Vater überredete seinen Sohn zum Einlenken – und Xiaobo gab nach: Er gab das abgepresste Geständnis, dass auf dem Platz des Himmlischen Friedens kein Massaker stattgefunden hat. Es war so, es war die halbe Wahrheit, also auch halbe Lüge. Denn das Massaker war in den Nebenstraßen. [...] Die Korrektur der halben Lüge fraß die ganze Wahrheit.“

Wie gesagt, mir kommen als taktgebundener Bandarbeiter, keine unanständigen Gedanken. Wie könnte ich am Kurs meines Unternehmens zweifeln? Niemals! Gedanken hat ja bekanntlich etwas mit Denken, Mitdenken zu tun. Das ist zwar erwünscht, aber nur, wenn es auch den Interessen des Unternehmens entspricht. Alles andere hat etwas mit Herta Müllers „halber Lüge“ und „ganzen Wahrheit“ zu tun. Nein, umgekehrt passt es besser: Die halbe Wahrheit frisst die Lüge und generiert in den Köpfen ein Bild der gesellschaftlichen Normalität in China, ähnlich unserem westeuropäischen Standard.

„Soll Liu Xiaobo elf Jahre eingesperrt bleiben und barfuß durch seine eigene Stirn von einer Schläfe zur anderen gehen?“, fragt die Nobelpreisträgerin in ihrer Rede und fordert dessen sofortige Freilassung.

Wo in letzter Zeit Millionen neuer Autos frei durch die Volksrepublik China auf neuen Autobahnen fahren, muss auch das Wort des Einzelnen frei sein. Ob es dann von den 1,3 Milliarden Landsleuten erhört wird, muss ebenso deren freie Entscheidung bleiben. Darum werde ich meinen Namen unter den Aufruf zur Freilassung Liu Xiaobos setzen.

Appell zur Freilassung des Friedensnobelpreisträgers 2010 Liu Xiaobo

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