Meist ist es Zeittotschlag. Ich gebe es ja zu. Aber ein angenehmer Totschlag. Und man soll Lieblingsbeschäftigungen pflegen. Das sagen sogar Psychologen. Also schmökere ich lustvoll weiter und freue mich immer wieder, wenn ich etwas Weitererzählenswertes finde.

So auch im vergangenen Sommer: Ich war in „meiner“ Bahnhofsbuchhandlung und stand dort im Gedränge der Schmöker. Man fühlt sich eben gut im Kreise Gleichbeklopfter. Eine Zeitschrift zurücklegen und nach der nächsten greifen, das ist wie ein Griff nach der Zigarettenschachtel und dann das Herausziehen der Zigarette und das zeremonielle Anzünden des Glimmstängels.

Krimis, Gedichte, Sciencefiction, Erzählungen, Fantasy, Märchen verkündete ein Titelblatt.
Ich schlug die erste Seite eines DIN-A4-Heftes auf und las die Namen der Autoren, die ihre literarischen Schöpfungen hier in „Kurzgeschichten“ veröffentlicht haben.

„Klein, Wolfgang: Eine verhängnisvolle Affäre“, las ich da und dazu folgende Information: „1956 in Hermannstadt Rumänien geboren, glücklich verheiratet, 2 Kinder, lebt und arbeitet seit 25 Jahren in Mainz. Nach zwei Jahrzehnten Nachtarbeit im Quartier Mayence begann ich mit 45 zu schreiben und veröffentlichte bisher drei Bücher. ‚Kneipen- und andere Geschichten’ wurde ins Rumänische übersetzt. Seit zwei Jahren schreibe ich regelmäßig für das Satiremagazin ‚Herbst‘. www.wolfiklein.de“

Nun sagte der Name mir etwas und diese Kurzautobiographie war sowieso interessant, zumindest für einen sich bekennenden Rumäniendeutschen. Das verleitete mich dann dazu auch den darüber stehenden und vorher beachtungslos überflogenen Namen und den dazugehörigen Text aufmerksamer zu lesen. „Klein, Hette: Inspiration. 1957 in Hermannstadt, Rumänien geboren, glücklich verheiratet, zwei Kinder, lebt und dichtet seit 24 Jahren in Mainz. Die ersten 23 Jahre ihres Lebens lebte ‚Hette‘ in Hermannstadt. Sie veröffentlicht ihre im Schuhkarton ‚gesammelten Werke‘ irgendwann sicherlich in einem Buch. Sie liebt ihre Kinder, Katzen und ab und an, auch ihren Mann. E-Mail: [email protected]”

Aha eine aus Siebenbürgen stammende Dichter- & Schriftstellerfamilie. Nun konnte und wollte ich keine kostbare Schmökerzeit dazu verschwenden um herauszufinden, wo ich diesem Namen Wolfgang Klein schon mal begegnet bin. Also geschah genau das, wovon der Buch- und Zeitungshandel lebt: Ich habe die Zeitschrift gekauft, 5 EURO.

Nach dem Ladys-first-Prinzip habe ich dann zuerst „Inspiration“ gelesen, um nach vier Strophen zu wissen, wozu Eingebungen letztendlich da sind: „Oh, schenk mir doch nur etwas Gabe, / Dass ich was dichten kann. / Damit ich was zu schreiben habe / Und das dann lesen kann.“

„Eine verhängnisvolle Affäre“ brachten meinen Lapsusknoten dann doch zum platzen. Ich kenne diesen Text doch, habe ihn irgendwo gelesen und vergnüglich geschmunzelt, nur... Die Sprache, ja doch, das war doch Rumänisch. Dann wusste ich es. Internetverbindung, www.poezie.ro, Wolfgang Klein im Suchkästchen eingeben, einen Augenblick warten und die Gewissheit war da. Hier hatte ich diesen Text schon mal gelesen und er steht neben anderen mehr oder weniger köstlichen Klein-Texten noch immer da: „Sex cu o necunoscută“. Man muss bloß Rumänisch können und schon ist man um ein Vergnügen reicher.

Ach ja, „Kurzgeschichten“. Die von mir erstandene Zeitschrift ist die Ausgabe 06/2004 mit der Zeitschriftennummer ISSN 1613-432x.